Die vergangenen Wochen waren für die Opfer des Brokerhauses Quaestor vor allem eins: ein ständiges emotionales Auf und Ab. Nachdem es lange Zeit keinerlei Kommunikation und Aufklärung gab, scheint es so, als ob die Situation für zumindest den Großteil der Opfer sich lösen könnte. Die Budapester Zeitung sprach mit Dr. Ildikó Stefánkovits, die als Anwältin mehrere der Quaestor-Opfer berät.
Was ist der derzeitige Status quo in Sachen Quaestor?
Seit dem 6. Mai können Quaestor-Opfer, die Quaestor Hrurira Kft. Aktien gekauft hatten, ihre Entschädigungsforderung einreichen. Für diesen Zweck wurde eigens ein Fonds eingerichtet. Diejenigen Geschädigten, die andere Wertpapiere oder Bargeld in der Bank haben, wenden sich mit ihren Entschädigungsansprüchen an den Konkursverwalter der Quaestor Értékpapír Zrt., die sich seit dem 22. April Jahres im Konkursverfahren befindet. Die Quaestor Hrurira Kft. – die Kft., die Aktien im Wert von 150 Milliarden Forint ausgegeben hat – ist laut dem Handelsregister noch immer eine funktionierende Firma. Im Gegensatz dazu hieß es Anfang April noch, die Quaestor Hrurira Kft. befinde sich im Insolvenzverfahren. Die Gelder der Kft. sind wegen eines laufenden Ermittlungsverfahrens zwar gesperrt, allerdings ist sie laut Ungarischer Nationalbank weiterhin aktiv beim Verkauf von Wertpapieren.
Bis zu welcher Größenordnung können Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden?
Bisher kennen wir nur die Zahlen aus den Medien, nachdem Wertpapiere im Wert von 150 Milliarden Forint verkauft worden sind, teils mit, teils ohne Genehmigung. Theoretisch ist dies also auch die Summe der Entschädigung.
Wird bei der Entschädigung nur das angelegte Geld zurückgezahlt oder mitsamt aufgelaufener Zinsen?
Im Rahmen der Entschädigung wird der Quaestor Entschädigungsfond lediglich den Nominalwert der Aktien auszahlen und nicht das angelegte Geld.
Wer kann seinen Anspruch auf Entschädigung geltend machen?
Jeder, der über Aktien der Quaestor Hrurira verfügt. Dabei ist es irrelevant, ob die Wertpapiere von Quaestor direkt oder über einen zu Quaestor gehörenden Drittanbieter gekauft wurden.
Wie kann die Entschädigung beantragt werden?
Seit dem 6. Mai können die Ansprüche beim Entschädigungsfonds der Quaestor-Geschädigten eingereicht werden. Von dort wird innerhalb von 30 Tagen der Anspruch auf Entschädigung anerkannt oder abgelehnt. Im Falle der Anerkennung wird binnen 30 Tagen gezahlt. Im Falle der Ablehnung der Ansprüche gibt es keine Rechtsmittel.
In der seit Wochen andauernden Causa Quaestor haben sich zwei Menschen aus Verzweiflung das Leben genommen. Was geschieht mit ihren Schadensansprüchen?
Die Wertpapiere gehen als Teil des Erbes an die Hinterbliebenen, die als neue Besitzer das Entschädigungsverfahren initiieren können. Das Ganze läuft nach den allgemeinen Regeln des Erbrechts, allerdings braucht die Umsetzung der Entschädigung in diesem Falle selbstverständlich mehr Zeit.
Wird es eine Art „Schmerzensgeld“ für die Geschädigten geben?
Nein, derlei ist nicht im Gespräch.
Wer wird die Entschädigung letztlich zahlen?
Die Geschädigten werden ausschließlich mit dem Entschädigungsfond für Quaestor-Geschädigte in Kontakt sein, denn dieser wird auch die Zahlungen vornehmen. Das Geld für die Entschädigungen stammt dabei zum Teil von der Beva (Versicherungsfonds für Wertpapiere – Anm.), die bis zu einer Entschädigungssumme von sechs Millionen pro Person einspringt. Die Beva übernimmt daneben auch die Organisation und Leitung des Entschädigungsfonds.