Von Gombárovics
Tippt jemand den Namen Árpád Habony im Computer ein, ist unter anderem ein Wikipedia-Eintrag zu finden…
Indes findet man darin keinerlei Information, die wirklich von Belang wäre. Wer jedoch ein Auge dafür hat, zwischen den Zeilen zu lesen, dem wird rasch klar, warum der „Habonyismus” dem öffentlichen Leben in Ungarn über die Maßen zum Nachteil gereicht. Der Ausdruck „Habonyismus“ könnte stellvertretend für all jene dubiosen, zwielichtigen Gestalten stehen, die sich seit der Wende 1989/90 im Dunstkreis der politischen Elite des Landes eingenistet haben.
In diesem Kreis ist heute Árpád Habony der „Star“. Einst gehörten zu dieser Personengruppe der unsägliche András Wermer (Fidesz) und der schauerliche Ron Werber (MSZP). Und dann haben wir noch nicht von den anrüchigen Leitern der verschiedenen Ezüsthajó Kft.-s (Fidesz) und Táncsics Stiftungen (MSZP) gesprochen…
Doch bevor wir den Fehler machen, das Kind mit dem Bade auszuschütten, wollen wir eines festhalten: Überall auf der Welt sind Regierungen von Experten und Beratern umgeben, die dem Normalbürger aufgrund ihrer diffusen Rolle stets suspekt sind. Werden sie freilich richtig eingesetzt, sind sie enorm viel wert! Schließlich kann ein Ministerpräsident, Parteichef oder gar eine Parlamentsfraktion nicht über alles Bescheid wissen: angefangen vom Kulturmanagement und der Sportpolitik über die Wissenschaft bis hin zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Pferderennen und der Anpflanzung von Windschutz bietenden Baumreihen entlang der Autobahnen. Zur Klärung dieser Fragen sind die Experten da. Im besten Fall die guten Experten…
Die Welt der Berater ist noch nebulöser und mystischer… Grund genug, um in Ungarn zur Erfolgsbranche zu avancieren. Die abstoßendste Erscheinung in diesem Personenkreis war zweifelsohne der amerikanisch-israelische Doppelstaatsbürger Ron Werber, der von den Sozialisten (MSZP) als Wahlkampfberater engagiert wurde. Binnen weniger Wochen gelang es ihm, das Land auf den Kopf zu stellen und in der ungarischen Politik den Prototyp einer verlogenen, aggressiven Kampagne zu etablieren. Derweil ging er auch daran, den Mythos der Unfehlbarkeit um seine eigene Person zu errichten. Doch ist er, Gott sei Dank, bereits seit Langem Vergangenheit. Bei seinem endgültigen Abgang – als allen klar wurde, dass seine „Wunderwaffen“ nichts taugen – soll es sogar ein Handgemenge gegeben haben.
Doch kehren wir nun wieder zum neuen Stern auf dem Beraterfirmament zurück, Árpád, Árpi, Habony. Es handelt sich um jene Person, über die der Ministerpräsident erst jüngst sagte, dass sie „niemals auf der Gehaltsliste“ des Kanzleramtes gestanden habe. (…) Im Grunde ist es völlig unerheblich, ob Habony ein Honorar für seine Dienste als Berater bekam oder nicht, schließlich habe auch Regierungssprecher András Giró-Szász Viktor Orbán nach eigener Aussage einst beraten, ohne dafür auch nur einen Cent bekommen zu haben… Den Dank kann man bekanntlich auf vielerlei Weise ausdrücken, Giró-Szász beispielsweise mauserte sich vom Analysten zum Regierungssprecher…
Der größte Fluch des „Habonyismus“ ist die informelle Macht, die jeglicher Grundlage entbehrt – werde fachlich noch menschlich. (…) Ursprünglich hatte er Automonteur werden wollen, letztlich wurde er dann aber Dekorationsskulpteur. Er studierte angeblich an mehreren Hochschulen, jedoch schloss er keine ab. Laut seinem eigenen Lebenslauf war er auch in Österreich auf Ausbildung, allerdings stellte sich über die „Lehrinstitution“ heraus, dass sie sich nur mit Forschung beschäftigt… Anfang der Nullerjahre avancierte er zum Hüter der Heiligen Stephanskrone (?!). Er war es, der die Stephanskrone ins Parlament umsiedelte (aus dem Nationalmuseum; Anm.). (…) Er war es aber auch, der bei einem „Verkehrsstreit“ eine ältere Frau in den Bauch trat (!). Dafür bekam er zwei Jahre auf Bewährung…
So wurde er also zum (bezahlten oder unbezahlten) „strategischen Berater“ Orbáns. Heute ist er laut Orbán zwar kein Berater mehr, allerdings ist er bei jeder wichtigen Veranstaltung an der Seite des Ministerpräsidenten zu sehen, ja er wird sogar mit Staatskarossen durch die Gegend kutschiert. (…)
Stalin, Rákosi oder Kádár wurden einst als unfehlbare Politiker gepriesen, die angeblich ihren schlechten Beratern und ihrer Kamarilla auf den Leim gingen… Orbán hat noch die Macht, um den Stall auszumisten und sich von Lázár, Rogán und Habony zu befreien… Noch kann er sich befreien! (…) Allerdings: Je größer die Probleme der Regierung werden, desto öfter treten die „Habonys“ auf den Plan, mal heißen sie Lázár, mal Andy Vajna, mal Szijjártó, mal Rogán! Und sie werden stärker und stärker!
Der hier in Auszügen abgedruckte Text erschien in der unabhängigen Wochenzeitung Nevem Senki.
Aus dem Ungarischen von Peter Bognar