In der vorvergangenen Woche gab es für die Betroffenen des Quaestor-Crashs einen ersten Hoffnungsschimmer. Das Parlament erließ ein Gesetz, wonach die Anleger der Brokerfirma ihr angelegtes Vermögen bis zu einer Summe von 30 Millionen Forint entschädigt bekommen. Das Wie und Woher ist aber noch keineswegs klar.
Ebenso wenig besteht bisher Klarheit darüber, wie die Auszahlungen vonstattengehen sollen. Die Anleger der Bank können ihren Anspruch auf Entschädigung zwischen dem 6. Mai und dem 5. Juni geltend machen.
Wer zahlt am Ende?
Dabei gab es wochenlang weder Informationen noch Hoffnung für Quaestor-Anleger, denn der Anlageschutzfonds Beva vertrat lange Zeit die Ansicht, dass Anleger, die in fiktive Wertpapiere investiert hatten, nicht unter ihren Schutz fallen. Erst nach entschlossenem Auftreten der Ungarischen Nationalbank, die sogar mit rechtlichen Schritten drohte, sollte die Beva nicht alle Investoren entschädigen, gab die Beva nach. Um die Auszahlungen schnellstmöglich beginnen zu können, stellt die Nationalbank der Beva vorerst einen Überbrückungskredit zur Verfügung, der später durch die Beiträge der Beva-Mitglieder wieder zurückgezahlt werden soll. Doch eben hieran scheiden sich die Geister. So ist beispielsweise Sándor Csányi, Generaldirektor der größten ungarischen Bank OTP, ob der oktroyerten Solidarität wenig erfreut: „Noch ist nicht sicher, wie viel, fest steht aber, dass 40 Prozent der Gelder die OTP locker machen wird.“ Csányi ist weiterhin wenig angetan vom Gedanken, dass die „moralisch einwandfrei operierenden Geldinstitute jetzt für den entstandenen Schaden aufkommen müssen“. Tatsächlich werden die Beva-Beiträge ob der nun benötigten Gelder drastisch ansteigen, so viel ist sicher.
Wer, wann, wo
Derweil wurde ein weiterer Schritt in Richtung Entschädigung der Opfer getan. Am 22. April verkündete das Hauptstädtische Handelsgericht die Abwicklung der Quaestor Zrt.. Dies war erforderlich, da nur so das Verfahren zur Entschädigung der geprellten Anleger beginnen kann. Die Abwicklung wird durch die PSFN, eine Nonprofit Kft. geleitet. Die staatliche Nachrichtenagentur MTI veröffentlichte am vergangenen Freitag eine Presseerklärung, in der die PSFN die baldige Aussendung der Einlagenübersicht der Anleger in Aussicht stellt. Dabei gilt es für die ehemaligen Quaestor-Anleger, das Datum des 5. Juni im Auge zu behalten, denn wer bis dahin seinen Anspruch auf Entschädigung nicht geltend gemacht hat, der verliert diesen, so die PFSN.
Auf Regierungsseite wird es indes immer schwieriger, eine einheitliche Kommunikationslinie zu entdecken. Nachdem es seitens hochrangiger Regierungsvertreter zuerst hieß, niemand hätte sich jemals mit Csaba Tarsoly, Generaldirektor der Quaestor Zrt., getroffen (zumindest nicht zwischen dem 10. Februar und 27. März), gestand Außenminister Péter Szíjjártó nun doch ein, Tarsoly am 13. Februar im Außenministerium empfangen zu haben. Auch Levente Magyar, der für Wirtschaftsdiplomatie verantwortliche Staatssekretär, traf sich noch am 5. März (also nur wenige Tage vor dem Zusammenbruch der Brokerfirma) mit Csaba Tarsoly, um ihm potentielle ausländische Investoren für das Duna City Projekt vorzustellen. Und auch auf die Beantwortung einer weiteren Frage wird mit Spannung gewartet. Die Co-Vorsitzende der Ökopartei LMP, Bernadett Szél, plant eine Klage gegen das Außenministerium, um zu erfahren, wer noch alles einen Diplomaten-Pass von der Regierung seit 2010 erhalten hat. Außenminister Szijjártó hatte bestätigt, Tarsoly sei im Besitz eines solchen Passes gewesen, der nun aber, seit der Quaestor-Chef in U-Haft sitzt, eingezogen wurde.