Nachdem sich Ministerpräsident Viktor Orbán und der Medienzar Lajos Simicska unversöhnlich verkracht und zahlreiche Journalisten die beiden Flaggschiffe des Simicska-Medienimperiums, die Tageszeitung Magyar Nemzet und den Nachrichtensender Hír TV, verlassen haben, geht die Regierung nun in die Vollen, ein neues Medienportfolio zusammenzustellen, um für den politischen Wettbewerb medial gewappnet zu sein. Drei Personen basteln heute am Aufbau des neuen Fidesz-Medienimperiums: Árpád Habony, Tibor Győri und Gábor Liszkay.
Liszkay, der vor wenigen Wochen als Herausgeber und Chefredakteur der Zeitung Magyar Nemzet den Hut nahm, wird fortan die bisherige Wirtschaftstageszeitung Napi Gazdaság leiten, die bisher im Besitz des regierungsnahen Think Tanks Századvég Gazdaságkutató Zrt. war. Am Montag ereilte uns die Nachricht, dass Liszkay die Eigentümerrechte an Napi Gazdaság zu 100 Prozent erwarb.
Neue politische Tageszeitung
Neuer Chefredakteur des Blattes wird jener Péter Csermely sein, der bei Magyar Nemzet unter Liszkay stellvertretender Chefredakteur war. Auch die weiteren Ressortchefs bei Napi Gazdaság werden ehemalige Redakteure der Magyar Nemzet sein. Mit der Übernahme durch Liszkay wird sich die Ausrichtung des bisherigen Wirtschaftsblattes ändern. Laut Informationen der konservativen Wochenzeitung Heti Válasz soll Napi Gazdaság einerseits umbenannt werden, andererseits wird das Blatt künftig die gängigen Schwerpunktthemen einer Tageszeitung haben: Politik, Wirtschaft, Sport.
Ziel von Liszkay sei es, mit der Neuorientierung von Napi Gazdaság ein Gegenstück zu Magyar Nemzet zu schaffen und Letzterem die Leser abspenstig zu machen. Im letzten Quartal des Vorjahres hatte Magyar Nemzet noch eine Auflage von rund 35.000 Exemplaren. Ob Liszkay und Noch-Napi Gazdaság Magyar Nemzet-Leser abluchsen kann, ist allerdings mehr als fraglich. Ein weiterer Konkurrent von Magyar Nemzet im konservativen Blätterwald, die vom Medienmogul Gábor Széles gelenkte Tageszeitung Magyar Hírlap (Széles ist auch Eigentümer des Nachrichtensenders Echo TV), hat heute nur noch ein paar tausend Leser, obwohl in der Redaktion des Blattes einige Großkaliber des konservativen Journalismus, unter anderen Zsolt Bayer und István Lovas, sitzen.
MMG wird die Schaltzentrale des neuen Medienimperiums sein
Die bisherigen Redakteure von Napi Gazdaság sollen zu einem neuen Wirtschaftsportal überführt werden, das sich bereits in der Planungsphase befindet. Hinter dem neuen Portal steht jene Modern Media Group Befektetési és Vagyonkezelő Zrt. (MMG), die Anfang April vom Orbán-Chefberater Árpád Habony und einem ehemaligen Staatssekretär im Kanzleramt, Tibor Győri (siehe Kasten), gegründet wurde. Die MMG wird künftig sozusagen die Zentrale des neuen Medienportfolios des Fidesz sein. Sitz der MMG ist jene Perc utca (Óbuda), wo auch die Redaktion von Napi Gazdaság zu finden ist. generaldirektor der MMG wird denn auch der bisherige Geschäftsführer von Napi Gazdaság, Péter Keresztesi, sein.
Neben dem Wirtschaftsportal soll unter dem Dach der MMG in Zukunft auch ein Meinungsportal mit dem Namen Via.hu online gehen. Für Via.hu, das vom Journalisten Ákos Csúri geleitet werden soll werden neben anderen auch ehemalige Mitarbeiter der konservativen Wochenzeitung Nagyítás tätig sein, die im Jahr 2010 nach nur einem dreiviertel Jahr des Bestehens eingestellt werden musste. Auch der bereits erwähnte Chefkommentator von Magyar Hírlap, Zsolt Bayer, soll für Via.hu künftig Meinungsbeiträge schreiben. Geplant sind darüber hinaus ein halbboulevardeskes Gratis-Wochenblatt und womöglich auch ein Rundfunksender, da hinter dem bisherigen regierungsnahen Radiosender Lánchíd Rádió ebenfalls der nunmehrige „Feind“ Orbáns, Lajos Simicska, steht.
Die Personen, die dahinter stehen
Árpád Habony
Er ist der strategische Chefberater von Ministerpräsident Viktor Orbán. In der ersten Regierung Orbán (1998-2002) war er in der Behörde zum Schutz des Kulturerbes als Berater tätig. Nach den Kommunalwahlen 2002 löste er András Wermer als Wahlkampfstrategen beim Fidesz ab. In dieser Zeit war er überdies Teileigentümer bei zwei Beratungsunternehmen im kulturellen Bereich. Ab 2005 war er bei der Europtimus Tanácsadó, Marketing és Szolgáltató Rt., dem Vorgänger des heutigen regierungsnahen Think Tanks Nézőpont Csoport, in leitender Position beschäftigt – unter anderen als Partner von Tibor Győri. Vor den Parlamentswahlen 2010 war er in einer Firma des rechtsgesinnten Milliardärs Tamás Vitézy als Vizepräsident engagiert, die Schiffshäfen und Hotels in Kroatien betrieb (Adriatiq Islands Group Hungary Kft.). In dieser Zeit saß er weiterhin im Aufsichtsrat des Investmentberatungsunternehmens Atticus Investments Zrt. von Péter Heim, dem heutigen Präsidenten des regierungsnahen Wirtschaftsforschungsinstituts Századvég Gazdaságkutató Zrt.. Laut Fidesz-Insidern war Habony maßgeblich daran beteiligt, dass die heutige Regierungspartei zwei Mal hintereinander eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit (2010 und 2014) erlangen konnte.
Tibor Győri
In der Legislaturperiode 2010-2014 war er für rechtliche Belange im Kanzleramt tätig. Er wurde damals als Staatssekretär bezeichnet, der für alle Belange „rundum die Person“ von Viktor Orbán zuständig sei. Zwischen 1993 und 1994 war er Rechtsberater des Fidesz. In den neunziger Jahren nahm er an der Schaffung der konservativen Tageszeitung Napi Magyarország in leitender Position bei Mahir Rt. teil, das zum Unternehmensportfolio von Lajos Simicska gehört. Er war auch an der Fusion der Tageszeitungen Napi Magyarország und Magyar Nemzet im Jahr 2000 beteiligt. Bis 2003 war er Generaldirektor von Mahir. Daraufhin arbeitete er zuerst als Berater von Viktor Orbán innerhalb des Fidesz, danach in leitender Position beim Think Tank Nézőpont Intézet. Bei letztgenanntem Unternehmen ist er heute wieder in der Führungsetage tätig. Győri wird noch heute bisweilen als Partner von Lajos Simicska bezeichnet, was allerdings falsch ist: Die beiden Geschäftsleute gehen seit geraumer Zeit getrennte Wege.
Gábor Liszkay
Er ist der ehemalige Chefredakteur der konservativen Tageszeitung Magyar Nemzet. In den neunziger Jahren nahm er maßgeblich an den Zeitungsprojekten von Mahir (Lajos Simicska) teil: zunächst an der Initiierung des konservativen Blattes Napi Magyarország, dann an der Fusion von Napi Magyarország und Magyar Nemzet. Neben seiner Tätigkeit als Chefredakteur von Magyar Nemzet (ab dem Jahr 2000) übte er ab 2004 den Posten des Direktors des Nachrichtensenders Hír TV aus, der ebenfalls zum Medienimperium von Lajos Simicska gehört.
„…, obwohl in der Redaktion des Blattes einige Großkaliber des konservativen Journalismus, unter anderen Zsolt Bayer …“
lange musste ich überlegen, ob das vllt ein ein ironischer witz sein soll.
und leider tue ich es immer noch…
(das kann doch unmöglich ernst gemeint sein.)
Tja, wenn etwas nicht in Weltbild passt, MUSS es ja wohl ein Witz sein.
passt denn bayer zsolt in ihr weltbild?
u würden sie sich dennoch als tolerant bezeichnen?