Der Name jener Krankenschwester, die Mitte Februar in der Sendung eines Privatfernsehsenders über nicht bezahlte Überstunden und die Überbelastung der Krankenhausbediensteten sprach, ist inzwischen vielen Ungarn ein Begriff.
Von Roland Majláth
Die Krankenpflegerin hatte die Absicht, in einem Budapester Krankenhaus aus Protest in einem schwarzen Kittel zu arbeiten, um auf die unhaltbare Situation der Bediensteten des Gesundheitswesens aufmerksam zu machen. Die Versuchung ist groß, den Protest der Pflegerin bloß damit zu quittieren, dass die Situation in den ungarischen Krankenhäusern wahrlich schlecht sei. In solchen Momenten vergessen wir aber gerade die Kernaufgabe des Gesundheitswesens: die Heilung der Kranken. Krank kann jeder von uns werden: unsere Eltern, Kinder, Freunde oder wir selbst. Aus dieser persönlichen Warte nehmen sich die Fragen, die sich im Hinblick auf das Gesundheitswesen stellen, schon ganz anders aus.
Welche Behandlung erwarten wir denn von einem Gesundheitssystem, in dem es nicht genug Krankenpfleger gibt? Jährlich verlassen mehrere hundert Fachkräfte das Land. Laut Experten hat das ungarische Gesundheitswesen mindestens zwanzigtausend zusätzliche Pfleger notwendig. Was glauben Sie, wie viel Lust hat eine Krankenschwester dazu, unser krankes Kind mit einem freundlichen Lächeln zu versorgen, wenn sie mehrere Schichten hintereinander schiebt und derart überbelastet ist, dass sie ihre Privatzeit zu Hause nur damit verbringt, sich von den körperlichen und seelischen Strapazen zu erholen? Und wie motiviert ist ein Pfleger, wenn er 97.000 Forint netto im Monat bekommt?
90 Prozent des Dankesgeldes bekommen die Ärzte
Auf letztere Frage kommt wohl prompt die Antwort, dass es ja das Dankesgeld gebe. Fakt ist indes, dass neunzig Prozent des Dankesgeldes die Ärzte bekommen, Krankenschwestern wird nur dann etwas zugesteckt, wenn sie sich permanent um einen Patienten kümmern müssen. Eine weitere Frage: Welche Behandlung erwarten wir von den Krankenpflegern in dem Wissen, dass sie immer mehr Aggressionen ausgesetzt sind und ein Drittel von ihnen bereits von Patienten oder deren Angehörigen körperlich insultiert wurde?
Wie professionell kann die Versorgung im Krankenhaus sein, wenn die Mehrheit der Pfleger in der Krankenversorgung aufgrund der ständigen physischen Belastung an schweren Erkrankungen des Bewegungsapparates leiden? Wir können die Fragen noch unendlich lang fortsetzen. Versuchen wir, sie zu beantworten, kommen wir unweigerlich zu dem Schluss, dass eine Verbesserung der Situation der Krankenpfleger unumgänglich ist.
Vor diesem Hintergrund ist es denn auch mehr als unverständlich, dass das Gesundheitswesen im Rahmen der staatlichen Fürsorge seit 25 Jahren gleichsam ein stiefmütterliches Dasein führt. Mit Blick auf die Löhne hinkt das Gesundheitssystem anderen Sektoren weit hinterher. Von den rund hunderttausend Fachkräften im Gesundheitswesen muss die überwiegende Mehrheit mit dem garantierten Lohnminimum, das nur um zehn Prozent höher liegt als der Minimallohn, ein Auskommen finden. Mithin ist festzustellen, dass die Krankenpfleger zu jener Gesellschaftsschicht gehören, die am Verarmen ist. (…)
Der Protest der schwarz bekleideten Krankenschwester ist nicht zuletzt ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und unseres Staates. Einer Gesellschaft, die kein Vertrauen darin hat, dass ihr im Krankenhaus jene Versorgung zuteilwird, die sie haben möchte, weshalb sie den Ärzten Dankesgeld zuschiebt. Eines Staates, der unter dem Hinweis auf den Geldmangel die Versorgung der Patienten dem Wohlwollen unterbezahlter und überbelasteter Pfleger überlässt.
Die Steuergelder sollten im Interesse und zum Wohle der Gesellschaft ausgegeben werden. Da in Ungarn keine Geldberge in den Himmel ragen, sollte bei den öffentlichen Zielen eine Prioritätsliste aufgestellt werden. Die Verbesserung der Situation der Krankenpfleger müsste auf dieser ganz oben stehen.
Der Autor ist Redakteur der konservativen Tageszeitung Magyar Nemzet. Der hier in Auszügen abgedruckte Text erschien ebendort.
Aus dem Ungarischen von Peter Bognar
Dieses Thema scheint doch auch in ganz Europa der Fall zu sein. Egal ob Deutschland, Ungarn oder Spanien und Griechenland. Überall wird kaputt gespart , und jene Leute, die diese schwere Aufgabe haben, sprich Pfleger und Krankenhausschwestern, an denen wird zuerst gespart. Da werden Leute entlassen und die Arbeit muß von einer Person übernommen werden, wo ehemals zwei waren. Patienten kriegen nur das nötigste noch und werden zu früh entlassen. Dann die miese Bezahlung und die unmenschlichen Schichten. Da ist klar, das Pflegemangel besteht und keiner mehr Lust auf diese Arbeiten hat.