
Péter Sziebig, Geschäftsführer und Erdenker von OpenGastro, kann auf langjährige Erfahrungen im Online-Bereich zurückblicken. (BZT-Foto: Nóra Halász)
Mit seinem 2012 gegründeten Start-Up OpenGastro fungiert Péter Sziebig mittlerweile für zahlreiche Restaurants als Portal zur Internetwelt. Im Interview verrät er, worauf es im Online-Geschäft heutzutage ankommt und welche Erfahrungen er als Entrepreneur in Ungarn sammeln konnte.
Herr Sziebig, als Geschäftsführer von OpenGastro bieten Sie Gastronomen ein Produkt an, mit welchem diese mit nur wenig Aufwand alle wichtigen Daten online veröffentlichen können. Wie kann man sich das genau vorstellen?
Wir helfen Restaurants unabhängig ihrer Art und Größe, Kunden über das Internet anzusprechen und zu generieren. Das ist unser Geschäftsmodell. Bedauerlicherweise hat auch im Jahr 2015 knapp die Hälfte aller Gastronomen keine eigene Website. Wir bieten je nach Bedarf die Erstellung oder Optimierung einer Facebook- und Webpräsenz an. Ein weiterer Angebotsbestandteil ist die sogenannte Suchmaschinenoptimierung. Neben diesen Basis-Dienstleistungen wird unsere Leistung abgerundet durch Newsletter- und Online-Marketing, der Präsenz auf Plattformen für Restaurantbewertungen, wie etwa TripAdvisor, oder Eventpromotion.
Wo sehen Sie die Notwendigkeit für Ihr Angebot?
Auch für mich, mit meinem Background und meiner Berufserfahrung im Online-Marketing-Bereich, ist es mitunter schwierig, bei all den verschiedenen Kanälen, Neuigkeiten und Möglichkeiten auf dem Laufenden zu bleiben. Wie soll es dann Branchenfremden gelingen? Ein einfaches Beispiel: 80 Prozent aller Homepagebesucher eines Restaurants sind an dessen Speisekarte interessiert. Im Gegensatz dazu haben nur circa 10 Prozent diese in einem PDF-Format verfügbar. Alles andere ist jedoch heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß, gerade im mobilen Zeitalter. Wir sagen hier oft: Nicht nur die täglich angebotenen Gerichte sollten frisch und schmackhaft sein, sondern ebenso die Informationen, welche den Online-Nutzern zur Verfügung stehen.
Woher kam die konkrete Idee zu OpenGastro?
Die Idee zu OpenGastro geht zurück auf meine Tätigkeit bei dem Online-Bestelldienst NetPincér. Der kostenintensivste Part war der Helpdesk für die Kunden. So haben wir nach Wegen gesucht, die Kunden zur eigenständigen Pflege ihrer Daten zu motivieren. Es ist nicht so, dass die Kunden nicht erkennen, wie wichtig dies ist. Wir fanden dabei vielmehr heraus, dass die Gastwirte schlichtweg nicht die Zeit oder die personellen Ressourcen dazu haben. Das Versprechen von OpenGastro ist: Für Restaurantbesitzer ist es nicht mehr notwendig, sich den Kopf über all jene Dinge zu zerbrechen oder viel Zeit in die Online-Präsenz zu investieren. Wir fungieren als Portal, sammeln die Informationen und distribuieren diese über geeigneten Kanäle.
Inwiefern nutzt OpenGastro die sozialen Medien?
Nun, naheliegend kümmern wir uns natürlich intensiv um die Pflege unserer eigenen Online-Präsenz. Hauptzweck unserer Social-Media-Aktivitäten ist, dass vor allem unsere Kunden auf Facebook sehr aktiv sind. Fast die Hälfte der Kundenanfragen erreicht uns nicht per Mail, sondern über Facebook, WhatsApp und so weiter. Da es unser zentrales Kundenversprechen und Anspruch sind, es dem Kunden so einfach wie möglich zu machen, sind wir dementsprechend auch auf deren bevorzugten Kanälen aktiv.
Als Experte im Online-Bereich interessiert uns auch Ihre Meinung zu den Trends und Entwicklungen in diesem Bereich. Wie beurteilen Sie die Relevanz von Online-Auftritten heutzutage und auch in Zukunft?
Die Onlinepräsenz wird immer vielfältiger. Es gibt nicht einfach nur „das eine Internet“, durch Social Media, neue Apps und Plattformen entstehen mehr und mehr Unterkanäle. Junge Zielgruppen verlangen eine Präsenz auf Foursquare oder Instagram. Facebook ist nicht mehr das Maß aller Dinge. Meiner Meinung nach besteht daher die größte Herausforderung darin, den Blick für das große Ganze nicht zu verlieren. Allen ist bewusst, dass eine Online-Präsenz wichtig für das Geschäft ist. Die Frage ist vielmehr, wie sich die verschiedenen Möglichkeiten passgenau für spezielle Anliegen und Bedürfnisse nutzen lassen. Ich denke, die Vielfalt wird auch in Zukunft noch zunehmen. Meine Vorhersage für die nächsten Jahre ist, dass komplett neue Plattformen und Kanäle entstehen werden und auch bisherige Top-Player problemlos ablösen könnten.
OpenGastro ist mit der Gründung im Jahre 2012 ein recht junges Unternehmen. Wie ist es seitdem weitergegangen?
Ende 2012 stand der erste Entwurf des Geschäftsmodells, woraufhin wir bis November 2013 die Produkt- und Systementwicklung bis zur Marktreife vorangetrieben haben. Zu Beginn der Geschäftstätigkeit haben wir damit begonnen, unser Produkt auf diversen Vertriebswegen an den Mann zu bringen, durch Online-Werbung, Telefonverkauf oder Messeauftritte. Zu Mitte des letzten Jahres haben wir unsere Strategie im Hinblick auf unsere Zielgruppe angepasst. Hierbei handelt es sich grob gesagt vor allem um Internetneulinge. Diese werden wir niemals über Online-Werbekampagnen ansprechen. Um unser Produkt im Markt positionieren zu können, müssen wir also zunächst mit unseren potenziellen Kunden in ein persönliches Gespräch kommen. Einerseits erscheinen und sind wir also als ein sehr modernes Online-Unternehmen, andererseits nutzen wir jedoch gezielt einen altmodischen Verkaufskanal; den persönlichen Kontakt durch Vertriebler.
Auf welchen Märkten beziehungsweise in welchen Ländern sind Sie tätig?
Aktuell sind wir in vier Ländern aktiv. Zunächst in Irland gestartet, folgte daraufhin der deutsche Markt. Dann eröffneten wir in Budapest eine Zweigstelle. Seit zwei Wochen sind wir zudem in London aktiv. Im Frühjahr wollen wir nach Spanien expandieren. Der nächste große Meilenstein wird der indische Markt sein.
Wer gehört zu Ihrem Team und wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
Aktuell bearbeiten wir die genannten Länder mit 28 Mitarbeitern. Den Großteil machen selbstverständlich unsere Außendienstmitarbeiter aus. In Budapest führen wir ein Help-Desk-Büro für unsere Kunden, von welchem wir auch den deutschen und englischen Markt betreuen. Diese Kunden werden von Muttersprachlern betreut. Hierfür suchen wir auch kontinuierlich neue Mitarbeiter, da unser Team mit dem Unternehmen weiter ausgebaut wird.
Wie sehen Sie in Ungarn die Gegebenheiten, ein Unternehmen zu gründen?
Bezüglich der ungarischen Start-Up-Kultur habe ich gemischte Gefühle. Ich kenne viele junge Menschen hier. Sie haben große Träume und sind wirklich motiviert, etwas aufzubauen. Hierzu eine kurze Geschichte: Während meines Studiums fragte ein Professor, wer neben dem Studium bereits ein eigenes Unternehmen betreibt oder dies in Erwägung zieht. Außer mir meldete sich nur noch ein weiterer Student von insgesamt 30 Kursteilnehmern. Ich würde meinen, dass sich in der gleichen Situation heute mindestens zehn Studenten melden würden. Die Akzeptanz für das Jungunternehmertum ist einfach sehr viel größer geworden. Auf der anderen Seite haben wir jedoch Erfahrungen mit den Risikokapitalgebern gemacht, welchen wir unser Geschäftsmodell vorgestellt haben und die diesem sehr skeptisch gegenüber eingestellt waren. Es scheint, als ob jeder auf das „nächste Facebook“ wartet. Dies ist aber vielleicht nur einer von 10.000 Start-Ups. Das zeigt sehr gut die Sicht der Venture-Capital-Geber auf den ungarischen Markt. Es herrscht eine sehr konservative und risikoaverse Einstellung gegenüber Start-Ups. Die grundlegende Problematik ist, dass wir einerseits motivierte und fähige Leute haben, andererseits finden diese nur schwer eine gute Finanzierung.
Nehmen Sie finanzielle Unterstützung durch den Staat in Anspruch?
Nein, wir als OpenGastro finanzieren uns ausschließlich über den Markt und die Gründer des Unternehmens. Ich denke auch, dass keine der großen ungarischen Start-Up-Erfolgsgeschichten, wie zum Beispiel die Präsentationssoftware Prezi, staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. Seltsam, denn gerade jetzt als etabliertes und bekanntes Unternehmen, könnten sie eine gute PR für Ungarn darstellen. Leider nutzt der Staat diese nicht. Zusammenfassend würde ich sagen, dass der Staat nicht gegen Start-Ups arbeitet und natürlich auch möchte, dass wir Erfolg haben, aber wir erwarten keine tatkräftige Unterstützung.
Mit OpenGastro haben Sie bereits eine beachtliche Entwicklung zurückgelegt. Was sind die Pläne für die Zukunft?
Ich denke, wir befinden uns noch auf dem Level eines Start-Ups, bei welchem unsere konkreten Pläne eher den Zeitraum des nächsten Jahres abdecken. Selbst die größten Onlinefirmen können heutzutage die Zukunft über einen längeren Zeitraum nur schwer antizipieren. Das ist typisch für das Onlinegeschäft; man sollte vorbereitet sein auf mögliche Entwicklungen, die tatsächliche Zukunft lässt sich jedoch nur schwer voraussagen. Mit OpenGastro möchten wir ein langfristiges, stabiles Geschäftsmodell aufbauen, da sich auch unsere Ertragsstruktur entsprechend langfristig gestaltet.