Noch bevor es zur endgültigen Abstimmung kam, nahm Landwirtschaftsminister Sándor Fazekas das Gesetz zur Neuverteilung staatlicher Ländereien von der Tagesordnung. Dies ist nicht das erste Mal, dass der Fidesz ein Gesetzvorhaben nach dem Verlust der Zweidrittelmehrheit nicht mehr durchpeitschen kann.
Am Dienstag bewies die in den vergangenen Jahren in der Versenkung verschwundene Opposition, dass sie doch noch zu etwas zu gebrauchen ist. Obwohl der Fidesz nach dem Verlust der Zweidrittelmehrheit bei der Nachwahl in Veszprém (die Budapester Zeitung berichtete) nicht müde wurde zu betonen, dass es dieser Super-Mehrheit nicht mehr bedürfe, da alle wichtigen Vorhaben bereits umgesetzt worden seien, zeigt sich nun doch, dass die Vielzahl der im Grundgesetz festgeschriebenen Zweidrittelgesetze das Regieren erschweren.
Kritik auch aus eigenen Reihen
Kern des Gesetzes ist, dass unter anderem auch Nationalparks in den Verwaltungsbereich der Nationalen Landverwaltung (Nemzeti Földalapkezelő, NFA) fallen würden. Die NFA brachte es zu zweifelhafter Berühmtheit im Rahmen der Landvergabe, bei der auffällig viele Fidesz-nahe Personen großzügig mit Land bedacht wurden (die Budapester Zeitung berichtete). Eben diese Passagen sind jedoch seit Inkrafttreten des neuen Grundgesetzes Zweidrittel-pflichtig und wurden von der Opposition in bisher kaum gekannter Einigkeit verhindert. Mit 125 „Ja“ zu 71 „Nein“-Stimmen scheiterte die Passage, wobei sechs Stimmen zum Erfolg fehlten. Besonders skurril: Neben den oppositionellen Abgeordneten stimmten auch Volkswirtschaftsminister Mihály Varga, Verteidigungsminister Csaba Hende, János Bencsik, Abgeordneter und Vize-Vorsitzender des Ausschusses für Nachhaltigkeit, sowie Sándor Fazekas, geistiger Vater des Gesetzes, dagegen. Nachdem das Ergebnis der ersten Abstimmung bekannt wurde, signalisierten sowohl Mihály Varga als auch Sándor Fazekas, dass sie „daneben“ gedrückt hätten. Doch selbst mit den zwei zusätzlichen Stimmen hätte es nicht für das Gesetz gereicht. Róbert Benedek Sallai, Abgeordneter der Ökopartei LMP, äußerte später seinen Respekt für Bencsik: „János Bencsik ist bei seinem „Nein“ geblieben. Bei Gott, ich starte eine Spendensammelaktion, damit wir seine Fraktionsstrafe begleichen können; denn dass jemand an seiner fachlichen und ethischen Überzeugung festhält, ist innerhalb des Fidesz – gelinde gesagt – eine Seltenheit.“
Doch nicht nur aus den eigenen Reihen gab es Kritik für das Gesetz. Mehrere tausend Protestbriefe gingen beim Fidesz ein, nachdem das Gesetzvorhaben bekannt wurde. Oppositionsparteien wie die MSZP und die Gyurcsány-Partei DK werten das Scheitern des Gesetzes als Erfolg, zumindest vorerst seien die Nationalparks in Sicherheit vor der Verteilung an regierungsnahe Oligarchen. Fidesz-Fraktionschef Antal Rogán will sich jedoch noch nicht geschlagen geben und bat Landwirtschaftsminister Fazekas darum, Gespräche mit der Opposition aufzunehmen, um das Gesetz doch noch auf den Weg zu bringen.