Seit mehr als einer Woche steht vor allem ein Thema im Schlaglicht der ungarischen Öffentlichkeit: der Skandal um die Brokerfirma Quaestor. Zur Erinnerung: Nach der Pleite der Brokerfirma Buda-Cash, bei der mutmaßlich zig Milliarden veruntreut worden waren, erwischte es vor wenigen Wochen auch Quaestor. Angeblich soll die Brokerfirma mehr als hundert Milliarden Forint in den Sand gesetzt haben.
Was den Finanz-Skandal aber nicht zuletzt in politischer Hinsicht brisant machte, ist der Umstand, dass mehrere Ministerien bei Quaestor ihr Geld angelegt hatten. Noch ist unklar, ob neben Unternehmen und Privatpersonen also auch einzelne Ministerien zu den Leidtragenden des Quaestor-Skandals gehören; zuletzt berichteten die Medien davon, dass das Landwirtschaftsministerium Hunderte Millionen Forint verloren hat.
Was wir allerdings mit Sicherheit wissen, ist Folgendes: Das Außenministerium rettete seine Vermögenswerte bei Quaestor ausgerechnet an jenem Tag, an dem die Pleite der Brokerfirma publik wurde und landesweit Panik ausbrach. Und wir wissen auch, dass Ministerpräsident Viktor Orbán den Ministerien höchstpersönlich auftrug, ihre Gelder zu retten.
Briefwechsel zwischen Quaestor-Chef Tarsoly und Premier Orbán
Nun fragen sich natürlich viele, zumal die leidtragenden Privatpersonen der Quaestor-Pleite, aber auch oppositionelle Parteien und Medien, warum Orbán nebst den Ministerien nicht auch die Kleinanleger vor dem Zusammenbruch der Brokerfirma gewarnt hat. Der Staatssekretär für Kommunikation im Kanzleramt, András Giró-Szász, sagte darauf nur so viel, dass der Regierungschef keine Panikwelle habe verursachen wollen (Lesen Sie dazu mehr auf unseren Meinungsseiten).
Zumindest ist jüngst publik geworden, wie Orbán von der drohenden Quaestor-Pleite Wind bekam, nämlich von Quaestor-Chef Csaba Tarsoly höchstpersönlich. Dieser schickte einen Brief an den Ministerpräsidenten, in dem es heißt: „Die Welle an Wertpapierverkäufen hat auch die Quaestor-Gruppe erreicht, was unsere weitere Finanzierung unmöglich macht.“
Wie Tarsoly weiter ausführte, ist das Geld- und Wertpapiervermögen der Anleger bei Quaestor zwar vorhanden. Indes sei das Unternehmen nicht imstande, die Anleihen aus eigenen Ressourcen zu kaufen, weshalb es Konkurs erklären müsse. Laut MTI setzte Orbán über seinen persönlichen Sekretär Gábor Nagy noch am selben Tag ein Antwortschreiben an Tarsoly auf, in dem er schreibt, dass er Wirtschaftsminister Mihály Varga in Kenntnis gesetzt habe und letzterer eine Person bestimmen werde, die zu Tarsoly Verbindung aufnehme.
Wenn wir schon bei Csaba Tarsoly sind: Auch um die Person des Quaestor-Chefs ranken sich Fragen um Fragen. Nachdem er nach der Pleite wochenlang auf freiem Fuß gewesen war und zwischenzeitlich sogar den anrüchigen, weil vorbestraften Béla Orgován als Generaldirektor von Quaestor installiert hatte, wurden er, seine Frau Erika Rónaszéki und eine dritte Person aus der Chefetage der Konkurs gegangenen Brokerfirma, Zsolt M., erst am vergangenen Wochenende in Untersuchungshaft genommen – vorerst 30 Tage lang.
Parlament will geprellte Anleger per Gesetzesänderung entschädigen
Am Dienstag dieser Woche trat in Sachen Quaestor-Skandal auch die christlich-konservative Regierungsmehrheit im Parlament (Fidesz-KDNP) auf den Plan. Im Schulterschluss mit anderen Abgeordneten der zwei Regierungsparteien reichten Fidesz-Fraktionschef Antal Rogán und KDNP-Fraktionsvorsitzender Péter Harrach (Die KDNP ist Juniorpartner in der Regierung und steht für Christdemokratische Volkspartei) einen Vorschlag zur Gesetzesänderung ein, der die Beschlagnahme der Vermögen der in derartigen Veruntreuungen involvierten Unternehmen sowie der Privatvermögen der Firmenchefs, Aufsichtsratsmitglieder und Wirtschaftsprüfer zum Inhalt hat.
Worum es den Regierungsparteien mit der Gesetzesinitiative geht: Die Leidtragenden des Brokerskandals finanziell zu entschädigen. Die Gesetzesänderung wurde von 157 Parlamentsabgeordneten unterstützt, 12 Parlamentarier, darunter die Abgeordneten der Ökopartei LMP und Unabhängige, stimmten dagegen. Gemäß dem neuen Gesetz kann auf Initiative der Staatsanwaltschaft das Vermögen von Firmen und deren Chefetagen beschlagnahmt werden, bei denen der begründete Verdacht besteht, eine Summe ab 50 Millionen Forint veruntreut zu haben.
In ihrer Begründung betonten die Initiatoren der Gesetzesänderung, dass die konfiszierten Vermögen auf jeden Fall unter den Opfern des Brokerskandals verteilt werden müssen. In Hinblick auf die Entschädigung der Leidtragenden von Brokerskandalen, sagte Fidesz-Fraktionschef Antal Rogán am Montag, dass der Entschädigungsprozess in Sachen Buda-Cash bereits zu 97 Prozent abgeschlossen sei. Was Quaestor angeht, vertrete der Fidesz den Standpunkt, dass der sogenannte Fonds für Anlegerschutz bis zu einer Summe von sechs Millionen Forint zu entschädigen habe, was darüber liege, sei über die nun per Gesetz möglich gemachte Beschlagnahme der Vermögen zu ersetzen.
Politischer Schlagabtausch vor dem Hintergrund des neuen Gesetzes
Nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes, erklärte Fidesz-Fraktionschef Rogán, dass die zwölf Abgeordneten, die mit „Nein“ gestimmt hätten, darunter auch Ex-Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány (2004-2009), „Freunde der Broker“ seien. Die Politikerin der oppositionellen Linkspartei „Dialog für Ungarn“, Tímea Szabó, wies darauf hin, dass das neue Gesetz „verfassungswidrig“ sei, weil das Vermögen von Personen 15-20 Jahre beschlagnahmt werden könne, deren Schuld gar nicht bewiesen sei.
Sie rief Staatsoberhaupt János Áder deshalb dazu auf, das Gesetz über die Beschlagnahme der Vermögen nicht zu unterzeichnen. Die Leidtragenden der Brokerskandale, so Szabó, sollten fortan lieber aus dem Gewinn der Notenbank entschädigt werden. Der liberale Politiker Zoltán Bodnár sprach sogar davon, dass die Regierungsparteien dem Volk mit dem neuen Gesetz „Sand in die Augen streuen“ und es „für dumm verkaufen“.
Die Sozialisten (MSZP), die im Zeitraum 2002 bis 2010 am Ruder waren, sind der Meinung, dass das neue Gesetz das Problem der Quaestor-Leidtragenden nicht löse. Deshalb habe die MSZP einen alternativen Gesetzesvorschlag im Parlament eingereicht, der gewährleiste, dass alle Leidtragenden sofort an ihr Geld gelangen.
So sehr mir die Leute, die ihr Geld verloren haben, auch leid tun-Regierungen, Firmen und Privatpersonen sollten eigentlich gelernt haben, dass virtuelles Geld im Ernstfall nur heiße Luft ist, dass märchenhafte Gewinnversprechen genau das sind: Märchen. Seit den 1870er Jahren jagen sich in der westlichen Welt Börsencrashs, geplatzte Blasen und Finanzskandale. Reales Geld verschwindet in Löchern und taucht dann in den Taschen anderer Leute auf, angebliche Gewinne erweisen sich als Popanz. Sogar Schimpansen lernen aus Fehlern, der Homo Sapiens offenbar nicht.
prima, u sie können natürlich mit sicherheit sagen, dass gerade sie eben kein erneutes beispiel für den von ihnen oben erwähnten umstand sind, richtig?
herr varga, warum kennt also die ganze welt noch nicht ihren namen?
Hallo hart,käse, wie ich sehe, klappt es mit der gRoß-und kleinschreibunG und dem formUlieren brauchbarer Argumente immer noch nicht.
Aber macht nichts, sie können ja noch üben, während ich dabei bin, reich und auf der ganzen Welt berühmt zu werden.