Traditionell und doch hip; typisch ungarisch, aber nicht kitschig – diesen Spagat versucht das 21 Restaurant ausgerechnet in Budapests Touristenviertel, dem Burgberg umzusetzen – mit überraschendem Erfolg. Im 21 erhält die ungarische Küche, wie sie in den „guten alten Tagen“ zu finden war, ein Update auf das 21. Jahrhundert. Dabei macht das Lokal dem Namen der Zsidai Gastrofamilie, zu der es gehört, alle Ehre: Die Zsidais stehen in Budapest für außerordentliche Qualität, herausragenden Service und eine zeitgenössische, aber entspannte Atmosphäre.
In den Köpfen vieler Touristen ist die Paprika die Ikone der Landesküche Ungarns. Deshalb inszenieren sich viele Restaurants, die auf das touristische Bedürfnis nach vermeintlich authentischer Landesküche zugeschnitten sind, durch folkloristischen Kitsch: Rot-weiß karierte Tischdecken, mit Kalocsai Blumenmuster verzierte Serviettenhalter und stets dabei, ob als Trockenstrauß aufgehängt oder auf Bildern verewigt: die heilige, ungarische Paprika.
Mit seinem in eleganten und zugleich warmen Brauntönen gehaltenen Interieur, das von lasiertem Holz sowie Korbmöbeln dominiert und mit wenigen roten oder kupferfarbigen Gegenständen akzentuiert ist, hebt sich das 21 bereits stark vom Stereotyp der traditionell ungarischen Gaststätte ab. Doch mehr noch als im Bereich des Dekors, weigert sich das 21 seine Küche dem Klischee vom Puszta-Traum zu unterwerfen. Denn gastronomisch hätten die Magyaren mehr zu bieten als nur Paprika, findet Chefkoch Lajos Lutz.
„Sich auf die Grundlagen der traditionellen Küche zurückzubesinnen, ohne Gastronomietrends des 21. Jahrhunderts außer Acht zu lassen“, lautet die Philosophie des 21. Was nicht heißt, dass sich auf der Speisekarte nicht auch althergebrachte Gerichte wie die berühmte Gulaschsuppe, Paprikahühnchen oder Somlauer Nockerln wiederfinden. Doch auf dem Teller sind diese Klassiker der ungarischen Küche kaum wiederzuerkennen.
Traditionelle Landesküche neu interpretiert
Völlig neue Interpretationen altbekannter Gerichte wollte Kreativkoch Zsolt Litauszki und Chefkoch Lajos Lutz für das 21 finden. Kein leichtes Unterfangen – bewährte Klassiker lassen selten Raum für innovative Rezeptänderungen. Deshalb entschied sich Litauszki die Gerichte in ihre Bestandteile zu zerlegen und von Grund auf neu zu kombinieren: Man nehme nur die Hortobágyer Palatschinken – ein mit Fleisch gefüllter Eierkuchen in Rahmsauce. Die Sauce ist bei Litauszki geblieben, doch statt im Palatschinkenteig, wird die fein durchgedrehte Fleischmasse in Nudelteig gehüllt und bei hoher Temperatur in Öl frittiert. Das Ergebnis sind wunderbar knusprige Teigtaschen mit einer gleichzeitig weichen, saftigen Füllung, die das Geschmacksbouquet dieses Traditionsgerichts in ein ganz neues Gewand kleidet.
Ebenso im Bereich Desserts wagt Litauszki provokative Neuauflagen beliebter ungarischer Süßspeisen: So dürfte die Rigó Jancsi-Torte vielen als eher langweiliger, zweilagiger Kuchen mit einer Schicht Schokoladencremefüllung und etwas Fruchtmus bekannt sein. Dieses Bild will allerdings so gar nicht zu dem passen, was sich da auf dem Dessertteller des 21 erstreckt: In einer wellenförmigen Diagonalen zieht sich eine Spur Schokoladencreme und Kuchenkrümmel über das Porzellan. Versteut entlang der Linie sitzen kleine Kleckse himmlischen Erdbeersorbets im Wechsel mit weißem und dunklem Schokomousse, gekrönt von zarten Bitterschokoladentäfelchen. Ein Genuss für Augen und Gaumen, zudem vielfach aufregender als das Original.
Ungarische Weine
Die Weinkarte fügt sich ebenfalls in das ungarischen Konzept. Nur Weine aus hiesigen Anbaugebieten, die darüber hinaus besonders charakteristisch für die Region sind, schaffen es darauf. Darunter befinden sich erlesene Tropfen, die ausschließlich in den Restaurants der Zsidai Familie zu finden sind. So auch der Hauswein, der aus der Bolyki Kelterei in Eger stammt. Dank des Exklusivvertrags, den Zsidai mit dieser Kelterei abgeschlossen hat, tragen die Flaschen sogar das Label des Restaurants. Erst vor kurzem wurde die Karte um einen exquisiten Dessertwein ergänzt: Der Édes Szamorodni der Kelterei Zoltán Demeter aus Tokaj begleitet mit seiner saftigen Honigsüße die herzhafte Käseplatte ebenso gut wie ein Stück Kuchen.
Mit dem Wechsel der Jahreszeiten hat das 21 einige Neuerungen erfahren. Dem Innenraum wurde durch hochwertige Holztäfelung eine rustikale Note verliehen und wer einen Tisch an einer der Längsseiten des Restaurants ergattert, kann es sich jetzt auf Sofas gemütlich machen. Mit seinem aufgerüsteten Dekor, der wiedereröffneten Terrasse und dem ständig wechselnden saisonalen Menüs ist eine Frühlingsvisite im 21 selbst für Kenner des Restaurants ein Muss.
Katrin Holtz
21 Magyar Vendéglő
Budapest I. Bezirk, Fortuna utca 21
Öffnungszeiten: Täglich zwischen 12 und 24 Uhr
Reservierungen unter: (+36-1) 202-2113
Preise
Suppen und Vorspeisen: 1.580 bis 4.390 Forint
Salate: 990 Forint
Hauptgerichte: 2.760 bis 5.780 Forint
Desserts: 1.590 bis 3.890 Forint