Hunde und Katzen, Roboter und Revolver, tiefrot und quietschgelb: bei Virivee ist selbst für die ausgefallensten Geschmäcker etwas dabei. Und auch Schokoladenliebhaber kommen in dem beschaulichen Geschäft in der Dob utca auf ihre Kosten.
Virag Vig, genannt Viri, hatte nie vor, sich mit ausgefallenen Strumpfhosen selbstständig zu machen. „Ich habe allerdings schon immer gerne mit Farben und Textilien experimentiert“ sagt die junge Ungarin und nimmt einen Schluck von ihrem Cappuccino. Das große Fenster des Cafés gibt den Blick auf ihr Geschäft frei, über dessen Tür in fliederfarbenen Lettern „Virivee“ zum Stöbern und Anprobieren einlädt. Das gleichnamige Label hat zuvor nur als Online-Shop existiert. Seit etwa zwei Wochen Tagen gibt Viri Ihren treuen Kunden und spontanen Besuchern nun die Möglichkeit, sich vor Ort ihr Lieblingsexemplar auszusuchen. Neben Strumpfhosen in den unterschiedlichsten Farben bietet die Designerin in ihrem Geschäft auch kleine Schoko-Pralinen an. Dabei sind die süßen Naschereien weniger eine böse Versuchung als ein Stück Vergangenheit der 35-jährigen, die sich vor dem Start ihres Geschäfts bereits mit den unterschiedlichsten Ideen ausprobiert hat.
Anfang der 2000er gründet Viri mit Freunden eine Internetplattform für E-Cards. Was auf den ersten Blick wenig vielversprechend klingt, wird relativ schnell zu einem großen Erfolg. „Bald waren wir die bekannteste E-Card-Website in Ungarn. Wir hatten sogar schon Pläne, die Seite für andere Länder zu übersetzen und so zugänglich zu machen.“ Doch dazu kommt es nicht. E-Cards werden immer unbeliebter, neue Medien wie Facebook und Whatsapp ersetzen das fast schon als altmodisch geltende versenden von virtuellen Postkarten. „Wir haben die Chance verpasst, etwas Großes aus der Sache zu machen. Wir waren einfach zu jung.“ Stattdessen gehen die junge Frau und ihre Freunde von dem verdienten Geld auf Reisen. Dabei lernen sie Australien und ganz Europa kennen- und mit den Ländern eine neue Geschäftsidee. „In Tallin waren wir einmal in einem netten kleinen Café, das selbstgemachte heiße Schokoladen angeboten hat. Da dachten wir uns, warum machen wir das nicht auch?“ Etwa ein Jahr später eröffnen die Freunde ein Café in Vác an der Donau. Im Choco Café bieten sie heiße Schokolade aus eigener Herstellung an- und das Geschäft läuft. „Wir hatten immer sehr viele Kunden. Doch nach vier Jahren kam die Wirtschaftskrise und wir haben das Café verkauft.“
Danach entschließt sich Viri, erstmal einen sicheren Job anzunehmen. Zweieinhalb Jahre arbeitet sie in einer Design-Agentur, doch auch das ist nicht das Richtige für die kreative Ungarin- sie langweilt sich. Inspiriert von dem Mode-Trend „Ombre“ (verlaufende Farben) beginnt sie, Strumpfhosen für sich selbst zu gestalten. „Die ersten Strumpfhosen sahen nicht sehr schön aus. Aber je mehr Übung ich bekam, desto besser wurden sie.“ Auf der Straße wird sie oft angesprochen und gefragt, wo sie die außergewöhnlichen Stücke gekauft hat. Das zeigt ihr, dass viele Frauen bereit wären, auch Geld für ihre wärmenden Designer-Stücke zu bezahlen. „Immer mehr Freunde meinten, ich solle doch mal probieren, aus der Sache ein Geschäft zu machen. Also habe ich einige Strumpfhosen auf etsy.com, eine Webseite, wo Jedermann seine handgemachten Produkte verkaufen kann, angeboten.“ Schon am ersten Tag verkauft Viri ihre erste Strumpfhose. Die Kundin ist eine Amerikanerin, die knapp 40 Dollar für das ausgefallene Kleidungsstück bezahlt. Das motiviert Viri, sich an die Crowdfunding-Plattform kickstarter.com zu wenden. Hier können Künstler und Erfinder ihre Projektideen vorstellen, die Plattform hilft den kreativen Köpfen dann beim Sammeln von Sponsorengeldern. Viri’s Projekt kommt auf umgerechnet etwa 1800 Euro, von denen sie 30 Strumpfhosen produziert. Von da an geht es mit ihrem Geschäft stetig bergauf.
Mittlerweile steht der jungen Designerin neben ihrem Laden eine kleine Werkstatt zur Verfügung, in der sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen kann. Es gibt allerdings auch stressige Tage. „Ich war schon öfter bis in die Nacht in der Werkstatt und habe an den Strumpfhosen gearbeitet. Doch seit ich meine Kollegin Gitta habe, teilen wir uns die Arbeit.“ Dass das Arbeiten neben dem Spaß am Einfärben und Bedrucken selbst für die studierte Malerin anspruchsvoll ist, wird relativ schnell deutlich. „Bis Gitta ihre ersten wirklich schönen Strumpfhosen gefärbt und bedruckt hat, hat es über einen Monat gedauert. Aber jetzt macht sie es wirklich gut.“ Wie genau die beiden Frauen bei der Produktion vorgehen, scheint Viri jedoch nicht ganz verraten zu wollen. „Wir arbeiten mit mehreren komplizierten Verfahren. Hauptsächlich verwenden wir spezielle Farben für Kunststoffe, mit denen wir die hellen Strumpfhosen einfärben. Aber so einfach, wie es klingt, ist das nicht.“ Fest steht, dass Viri bei allem was sie tut auf die Qualität ihrer Produkte achtet. „Eine meiner ersten Kundinnen trägt immer noch Strumpfhosen aus meiner ersten Kollektion. Und sie zählt bis heute zu meinen Kundinnen.“ Wenn man sorgfältig mit den Stücken umgeht und sie richtig mit der Hand wäscht, können die farbenfrohen Strumpfhosen also Begleiter fürs Leben werden.
Trotz der Arbeit mit den Textilien, die mittlerweile zu einem Full-Time Job geworden ist, sprüht Viri noch vor Ideen. „Ich muss mich wirklich beherrschen, mich erstmal auf Virivee zu konzentrieren. Das fällt mir manchmal ganz schön schwer.“ Nebenbei arbeitet sie mit zwei Architekten an einem Projekt, bei dem die drei „stadt-taugliche“ Fahrradkörbe bauen. Die praktischen Transport-Boxen sind mit Extras wie einem Coffee-To-Go-Halter versehen, die dem Budapester Großstadtbewohner das Fahrradfahren versüßen sollen. Doch auch das ist nur eine der vielen Ideen, die in dem Kopf der intelligenten Ungarin herumschwirren.
Vor wenigen Tagen ist die neue Kollektion für den Frühling und Sommer erschienen. Neuerdings sind die ausgefallenen Designs, die Virivee ausmachen, auch als Leggings erhältlich. „Unter den Leggings finden sich Kreationen, die es so weltweit kein zweites Mal gibt. Daher hoffe ich, dass sich neben meinen Stammkunden auch neue Kunden für die Leggings begeistern werden.“ Viri hat viele Pläne, die es gilt, zu verwirklichen. Doch vorerst hat sie in dem Geschäft mit den bunten Strumpfhosen ihre Bestimmung gefunden- und blickt selbstbewusst in die Zukunft. „Ich denke, die Marke wird im Laufe des Jahres immer stärker werden und hoffentlich bald einen großen Markt erobern.“ Wer sich einmal in Viris farbenfroher Welt verloren hat, der weiß: die Chancen dafür stehen gar nicht so schlecht.
Virivee Tights and Chocolate
VII. Dob utca 24
Montag bis Samstag
11 Uhr bis 19 Uhr
[…] Mehr zu dieser ungewöhnlichen Story findet ihr im Budapester. […]