Wer dieser Tage mit dem Zug gen Süden will, startet derzeit nicht aus dem Déli, sondern aus dem Kelenföldi pályaudvar. Denn seit Wochen sorgt der Einsturz einer Tunnelwand vor dem Südbahnhof für die Änderungen im Bahnbetrieb.
Seit mehr als einem Monat steht der Südbahnhof der Hauptstadt leer. Zuerst hieß es noch, die Instandsetzungsarbeiten würden etwa drei Wochen in Anspruch nehmen. Das Rätselraten um die Zukunft des Bahnhofs geht weiter, während sich Gerüchte häufen, dass der Déli pu vielleicht für immer geschlossen bleibt.
Neues Super-Krankenhaus in Buda?
Die linksliberale Tageszeitung Népszabadság berichtete Ende der vergangenen Woche darüber, dass es bereits seit 70 Jahren immer wieder im Gespräch gewesen sei, den Déli pályaudvar zu schließen. Mit dem Einsturz des Tunnels zwischen Déli und Kelenföldi pályaudvar hätte sich nun gezeigt, dass der wesentlich kleinere, aber jüngst zum Teil renovierte Kelenföldi pályaudvar im Süden Budas dem Plus an Reisenden gewachsen ist. Glaubt man den Beschreibungen einiger Passagiere entspricht dies jedoch nicht ganz der Wahrheit. Der Blog homar.blog.hu veröffentlichte den Brief eines Reisenden, in dem die Situation alles andere als rosig dargestellt wird. Zwei Ticketautomaten stehen dort zur Verfügung, Personal war nirgends zu entdecken. Aus der Not heraus habe der Reisende dann eine Fahrkarte beim Schaffner im Zug gelöst – natürlich mit Aufpreis. Dass diese Situation nicht aus der Luft gegriffen ist, wird jeder bestätigen, der schon einmal im Kelenföldi pályaudvar versucht hat, an ein Ticket zu kommen. Dass der kleine Stadtteilbahnhof im Süden tatsächlich nahtlos den Déli pu ersetzen könnte, scheint erst einmal illusorisch.
Und der Déli selbst? Der könnte demnächst ebenso der Vergangenheit angehören wie der Soz-Real-Stil des Moszkva tér. Das Nachrichtenportal index.hu beruft sich auf verschiedene Quellen und sagt, der Gedanke, auf die Fläche des Bahnhofs ein Super-Krankenhaus zu bauen, finde in Regierungskreisen immer mehr Gefallen. Untermauert wurde dieses Gerücht durch den Fidesz-Fraktionsvorsitzenden Antal Rogán, der bereits im vergangenen Monat davon sprach, Budapest brauche ein neues Zentralkrankenhaus (die Budapester Zeitung berichtete). Erste Schritte in diese Richtung scheinen gemacht. Im Auftrag der Regierung untersucht das Nationale Ministerium für Regionalentwicklung derzeit, wie der Bahnbetrieb vom Dél pályaudvar endgültig in den Süden Budas verlegt werden kann.
MÁV hält fest an Südbahnhof
Auf weit weniger Begeisterung trifft der Gedanke des Krankenhaus-Baus bei der Eisenbahngesellschaft MÁV. Kurzfristig sei es unvorstellbar, den gesamten Pendlerverkehr gen Süden über Kelenföld laufen zu lassen. Gegenüber Index nannte die MÁV gleich mehrere Gründe, die gegen die Übernahme sprechen. So ist der Bahnhof Kelenföld nicht auf die Reparatur von Waggons vorbereitet, ebenso wenig auf deren Lagerung. Der Déli pályaudvar ist weiterhin ein wichtiger Anlaufpunkt für Güterlastzüge. Doch auch die Anzahl der Gleise ist in Kelenföld keineswegs ausreichend, sodass, sollte der Südbahnhof irgendwann doch der Vergangenheit angehören, zuerst umfassende Umbaumaßnahmen in Kelenföld vorgenommen werden müssten.