Phillip Done kam vor fünfzehn Jahren an die American International School of Budapest. Er liebt sowohl den Lehrerberuf als auch das Leben in Ungarn. Wenn er gerade nicht im Klassenzimmer steht, schreibt er fleißig Bücher. Er hat bereits zwei über seine Abenteuer in der Schule verfasst und ein weiteres über eine Schauspielerin aus „Vom Winde verweht“, mit der er gut befreundet war. In seinem vierten Buch widmet er sich nun Budapest.
Die Budapester Zeitung hat sich mit dem Kalifornier an einem bewölkten Tag im Sunny Diner Amerikai Étterem getroffen. Und so lautete die erste Frage: „Fehlt Ihnen denn nicht die kalifornische Sonne?“ Antwort: „Total. Eines der Dinge, die ich an Kalifornien am meisten vermisse, ist das Wetter. Das ist nicht zu überbieten.“ Aber dennoch hat sich Phil in Budapest verliebt. Ganz besonders gefällt ihm das Opernhaus, das im Krieg nicht zerstört wurde und somit im Original erhalten blieb. Er nennt es „ein Schmuckstück in Europa“. Bevor er Lehramt studiert hat, machte er einen Abschluss in Musik. Er wollte Sänger werden, spielt außerdem Klavier und Klarinette. Aber sobald er die ersten Kurse für das Lehramt besuchte, wurde er sich seiner wahren Leidenschaft bewusst. Und so kam er auf seinen Kindheitstraum zurück und wurde Lehrer.
Unterrichten aus Leidenschaft
Nachdem er fünfzehn Jahre lang in den Vereinigten Staaten unterrichtet hatte, brauchte er eine Veränderung und wollte nach Europa ziehen. Er entschied sich für Budapest, da es ihm ein bisschen exotisch erschien und die Schule einen guten Ruf hatte. Wie ernst er seinen Beruf nimmt und wie er ihn mit seiner Liebe zu Budapest verbindet, zeigt das folgende Beispiel. Es gibt eine Sache in der Stadt, die Phil sehr gerne ändern würde – das Graffitiproblem. Es mache ihn sehr traurig, das zu sehen, da er ein sehr ästhetischer und visueller Mensch sei. Und so nahm er seine Schüler eines Tages mit auf einen Ausflug, um das Freiheitsdenkmal auf dem Gellértberg zu säubern – zusammen mit der Organisation Szeretem Budapestet (Ich liebe Budapest), die sich der Aufgabe verschrieben hat, die Stadt durch das Entfernen von Graffitis schöner zu machen. „Wenn man das mit Kindern macht, werden sie ihr ganzes Leben lang keine Sprühdose in die Hand nehmen.“
Viele Lehrer hätten genug von ihrem Beruf und laut Phil hören die meisten nach fünf bis sieben Jahren auf, weil sie ausgebrannt sind. Für Phil ist das Lehrerdasein jedoch der beste aller Berufe und er übt ihn nun schon seit fast dreißig Jahren aus. Was ist also sein Geheimnis? Mit dem Lehrerberuf sei es wie mit der Schauspielerei. Man solle sich dafür nur entscheiden, wenn es für einen nichts anderes gebe und man nichts anderes lieber machen wolle. Lehrer zu sein sei eine Berufung. „Es ist ein gebender Beruf und man gibt den ganzen Tag lang, liebt den ganzen Tag lang und kümmert sich den ganzen Tag lang um die Kleinen.“ Er unterrichtet Schüler der dritten, vierten und fünften Klasse. In Kalifornien war er Klassenlehrer und gab Unterricht in allen Fächern. In Budapest begann er, Englisch als Fremdsprache sowie Schauspiel zu unterrichten und übt nun mit seinen Schülern Stücke wie „Die Wichtelmänner“ ein. Er hat bereits Schüler aus aller Welt unterrichtet und wird oft gefragt, ob die Kinder in Budapest und den Vereinigten Staaten gleich seien. „Sie sind genau gleich. Kinder sind Kinder und das ist wundervoll. Sie sind auf der ganzen Welt gleich.“
Phil wurde in Kalifornien zum Lehrer des Jahres gewählt und erhielt noch weitere Preise. Was macht also einen guten Lehrer aus? Phil betont, dass dafür Leidenschaft nötig sei. Für ihn geht seine Arbeit weit über das Unterrichten von Fakten hinaus, er bezeichnet sie als Kunst und als Handwerk. „Man muss die Kinder motivieren und miteinbeziehen, damit sie einem vertrauen, an einen glauben.“ Für ihn ist einer der wichtigsten Faktoren, dass man zu den Kindern eine Beziehung aufbaut. „Man geht zu ihren Fußballspielen, kennt alle Namen ihrer Haustiere. Denn wenn die Kinder spüren, dass man sie lieb hat und sich für sie interessiert, dann tun sie auch, was man ihnen sagt. Zuerst muss eine Beziehung da sein. Das ist der Schlüssel.“
Von Klassenhasen und Hollywoodstars
Was das Schreiben betrifft, bezeichnet sich Phil als humoristischen Sentimentalisten. „Ich bin also sentimental, aber auch ein bisschen witzig. Das ist mein Stil. Ich mag kleine Späße.“ In seinen ersten beiden Büchern „32 Third Graders and One Class Bunny: Life Lessons From Teaching“ und „Close Encounters of the Third-Grade Kind: Thoughts on Teacherhood“ geht es um sein Leben als Lehrer. Er wollte schon immer so ein Buch schreiben und in Budapest fand er endlich die Zeit dafür. Er begann, sich nach der Schule Notizen über das Geschehen des Tages zu machen und bald wurde ihm klar, dass das wirklich ausreichend für ein Buch war. In Form von Essays berichtet er über die Ereignisse vom ersten bis zum letzten Schultag eines Jahres in der Grundschule. Alles beruhe dabei auf seinen Erfahrungen, er habe nichts erfunden oder hinzugedichtet. Um für das Buch zu werben, kehrte er zurück nach Amerika. Und da es gleich so erfolgreich war, sollte er bleiben und noch ein zweites schreiben. So konnte er erst vier Jahre später nach Budapest zurückkehren.
Phils drittes Buch „The Charms of Miss O’Hara: Tales of ‚Gone With the Wind‘ & the Golden Age of Hollywood from Scarlett’s Little Sister“ scheint zunächst weder eine Verbindung zu seinen anderen Werken noch zu ihm selbst zu haben. Als die berühmte Schauspielerin Ann Rutherford, die 1939 die jüngste Schwester von Scarlett O’Hara in „Vom Winde verweht“ spielte, das erste Buch von Phil gelesen hatte, lud sie ihn zu sich nach Beverly Hills ein. Die beiden waren sich sofort sympathisch und wurden gute Freunde. Sie teilte ihre Erinnerungen mit ihm und schließlich verfasste er ihre Biografie. Ann Rutherford ist inzwischen verstorben, doch durch dieses Buch leben ihre Geschichten weiter und der Leser kann einen Blick hinter die Kulissen des goldenen Zeitalters von Hollywood werfen, als Clark Gable, Vivien Leigh und Judy Garland den Sunset Boulevard entlanggingen.
Wissen Sie, wo Budapest liegt?
Phil liest auch selbst gerne Bücher, hat aber im Moment wenig Zeit dafür, da er sehr hart an seinem vierten Buch arbeitet. Vor drei Jahren hat er damit begonnen und nun ist er in der Endphase. „Heute habe ich den ganzen Morgen lang geschrieben und nach dem Interview gehe ich nach Hause und schreibe bis in die Nacht.“ Vor dem Interview habe er sogar noch ein bisschen im Auto daran gearbeitet. Das neue Buch ist wieder eine Sammlung von Essays und soll „Apple Pie, Meet Goulash“ heißen. Darin geht es um sein erstes Jahr in Ungarn und um die vielen kleinen Unterschiede zwischen den beiden Kulturen. So sei es zum Beispiel ein Schock für Amerikaner, dass Ungarn so viel saure Sahne essen. „Bei uns gibt es das auch, aber hier in Ungarn ist sie auf allem und in allem.“
Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Kulturen: Ungarn würden direkter sagen, was sie denken, während Amerikaner es eher ein wenig sanfter angehen ließen. Jedoch sei dies nur seine persönliche Erfahrung. Als Phil nach Budapest kam, stieß er zudem auf ein Vorurteil. Die Ungarn dachten, dass Amerikaner nicht wüssten, wo Budapest liegt und überhaupt keine Ahnung von Geografie hätten. Er denkt, dass diese falsche Vorstellung durch Fernsehsendungen hervorgerufen wird, in denen ein Amerikaner gefragt wird, wo Budapest liegt, und „in Frankreich“ antwortet. Aber dies sei nur zur Unterhaltung gemacht und entspreche nicht der Wahrheit. Zum Beweis hat er sogar ein kleines Experiment durchgeführt: Er hat sich in Kalifornien an eine Ecke gestellt und die Passanten gefragt, ob sie wissen, wo Budapest liegt. Und sie wussten es.
Wer nun neugierig geworden ist und sich schon auf Phils Buch über Budapest freut, kann zur Verkürzung der Wartezeit seinen Blog besuchen. Seit über zwei Jahren teilt er hier Posts über seine Abenteuer in Budapest, seine Schwierigkeiten mit der ungarischen Sprache, Rezepte für leckere ungarische Gerichte und Bilder von interessanten Details der Stadt, die man oft nicht bemerkt. Obwohl sich Phil im Klaren ist, dass Ungarn gerade viele Probleme durchmacht, hat er sich bewusst entschieden, darüber nicht zu schreiben. „Ich wollte mich auf all die positiven, wundervollen Dinge konzentrieren, auf Kultur, Geschichte und Kunst.“
An American in Budapest
www.anamericaninbudapest.com