Nach einer Stunde bei Sound Light Yoga fühlt man sich gleich viel besser. Der Körper ist gestärkt, die Gedanken sind ruhiger. Mit Präzision und Geduld korrigiert Yogalehrerin Eszter Farkas die Haltung ihrer Schüler. Einige der Übungen können sehr anstrengend sein, doch auch die Entspannung kommt am Ende nicht zu kurz. Schnell wird klar, dass die ehemalige Westafrika-Korrespondentin der Deutschen Presse-Agentur im Unterrichten von Yoga ihre neue Bestimmung gefunden hat.
Eszter hat zunächst in Budapest Journalismus und Englisch studiert. Stipendien ermöglichten ihr Studienaufenthalte in Deutschland und den USA. Dort besuchte sie auch das erste Mal einen Yogakurs. Zurück in der Heimat kam in ihr der Wunsch auf, etwas Gutes zu tun, und so arbeitete sie gleichzeitig für eine gemeinnützige Organisation und als freiberufliche Journalistin. Doch bald zog es sie nach Afrika. Sie bewarb sich für das Freiwilligenprogramm der Vereinten Nationen und bekam das Angebot, als Journalistin im Sudan zu arbeiten, der damals noch das größte Land Afrikas war und erst später in zwei Staaten geteilt wurde. „Ich wusste nicht viel über den Sudan, zuerst dachte ich nur an den Bürgerkrieg und negative Eindrücke kamen auf, aber es sollte eine der prägendsten Erfahrungen meines Lebens werden“, so die heute 34-Jährige. Der erste Vertrag war nur für zwei Monate ausgelegt, doch insgesamt blieb Eszter fast drei Jahre. Sie bereiste das Land, um Reportagen zu verfassen, und erledigte bürokratische Arbeit für die UN-Friedensmission.
Nach der Rückkehr ließ der afrikanische Kontinent Eszter nicht los und so brach sie erneut auf. Diesmal ging es nach Ghana, um von dort als Westafrika-Korrespondentin für die Deutsche Presse-Agentur zu berichten. „Es war mein Traumjob – Berichterstattung aus Afrika. Aber mein Traumjob stellte sich als doch nicht ganz so schöner Traum heraus.“ Eszter war für einen riesigen Teil Afrikas zuständig, musste die Ereignisse in zahlreichen Ländern verfolgen. Und das unter schwierigen Arbeitsbedingungen, denn es gab beispielsweise oft für viele Stunden keinen Strom. Allerdings habe sie in Ghana gute Kollegen und Freunde gefunden und das sei in schwierigen Zeiten immer eine Hilfe. Außerdem ergab sich die Möglichkeit, auch nach Mali zu gehen und darüber einige Beiträge zu verfassen. Zu dieser Zeit begann dort der französische Militäreinsatz zur Bekämpfung islamistischer Rebellen.
Gefährlich aber schön
War ihre Arbeit in Afrika also sehr gefährlich? Eszter erklärt, sie sei selten direkt in einem Kriegsgebiet gewesen. Natürlich könne jederzeit überall etwas passieren. Es habe Selbstmordanschläge gegeben, aber nur weiter im Norden von Mali. Ihr Leben sei nie direkt in Gefahr gewesen. Nach einer Weile wurde ihr jedoch bewusst, dass diese Arbeit nicht wirklich etwas für sie ist. Sie kehrte nach Ungarn zurück und wollte nicht länger im Nachrichtenjournalismus tätig sein. Die Welt drehe sich so schnell weiter und Themen, die einem selbst wichtig erschienen, gerieten schnell wieder in Vergessenheit. Es folgte noch ein kurzer Einsatz für die Vereinten Nationen in Palästina, was interessant aber auch mit schwierigen Emotionen verbunden war, da sie die Folgen der Besetzung mit eigenen Augen sah. Haben sie die Aufenthalte in diesen Ländern verändert?„Ja, natürlich. Jede Erfahrung ändert einen auf irgendeine Weise, wir bleiben nie gleich. Aber ich denke, dass ich dadurch viel offener und mir der unterschiedlichen Lebensumstände bewusster geworden bin.“ Sie wisse seither mehr zu schätzen, was sie habe – ein beständiges Leben, Kleidung, Bildung, ihre Familie – während viele Menschen dies nicht hätten.
Nach Afrika sei sie zunächst mit einer westlichen Wahrnehmung gekommen, doch nach einiger Zeit beginne man, die Schönheit der Umgebung zu sehen. Dann beschreibt Eszter, wie sie an einem Nebenarm des Nils mitten in der Wüste saßen, unter provisorischen Zelten von Einheimischen zubereiteten Fisch aßen und im Anschluss mit einem Boot zu einem kleinen Wasserfall fuhren. Auch die Haboob genannten Sandstürme, die mehrere Tage andauern können, haben Eszter fasziniert. Ganz plötzlich könne eine riesige Sandwolke am Himmel auftauchen, die aussehe wie eine Wand oder ein Berg. Der Sand in der Luft halte die Sonne ab und die ganze Umgebung erscheine in einem orangenen Licht. Auch senke der Haboob die Temperatur ein wenig, anstatt 50 Grad seien es dann nur noch 40. Dieses Naturphänomen könne gefährlich sein, aber eben auch sehr schön.
Im Einklang mit sich selbst
Doch nun zu Eszters zweiter Leidenschaft, dem Yoga, das sie seit 2006 praktiziert. „Man wird dadurch beweglicher, es macht stark und gleichzeitig beruhigt es.“ Yoga hat sie auf allen Stationen ihres Lebens begleitet, im Sudan und in Ghana hat sie auf Hausdächern trainiert. Schon seit Längerem dachte sie über eine Ausbildung zur Yogalehrerin nach und schließlich besuchte sie einen Lehrgang in den österreichischen Alpen. „Es war sehr intensiv. Vier Wochen Training, sechs Tage die Woche von etwa sechs Uhr am Morgen bis acht Uhr am Abend.“ Das Programm umfasste das Üben und Unterrichten von Yogastellungen (Asanas), Atemübungen (Pranayama), Meditation (Dhyana) und Reinigungstechniken (Kriyas). Ergänzt wurde dies durch Vorlesungen über Anatomie, bewusstes Essen und Leben sowie Tradition und Geschichte des Yoga. Auch die Umgebung habe den Kurs zu einer tollen Erfahrung gemacht. Man habe mit dem Üben am Morgen begonnen, als der Nebel noch in den umliegenden Bergen hing, und dann sei allmählich die Sonne aufgegangen. „Man weiß wirklich, was man tut. In dieser Umgebung hat man das schöne Gefühl, mit sich im Einklang zu sein. Denn darum geht es im Yoga – Einklang.“
Wie erklärt sie sich, dass sich in westlichen Ländern hauptsächlich Frauen mit Yoga beschäftigen, obwohl es von Männern entwickelt wurde? „Ich denke, dass es damit zu tun hat, dass Yoga als etwas sehr Spirituelles angesehen wird und im Westen Männer aus irgendeinem Grund weniger offen für Spirituelles sind. Manchmal kommt es mir auch so vor, als ob Männer den Eindruck haben, dass Yoga nichts weiter sei als Dehnen und das für nicht anstrengend genug halten.“ Dabei erfordere bereits das Kontrollieren des eigenen Atems geistige Konzentration und für viele Asanas benötige man innere Stärke. Für Yogainteressierte hält Eszter sowohl Bücher und DVDs als auch den Besuch eines Kurses für geeignet. In der Arbeit mit einem Lehrer sieht sie jedoch den Vorteil, dass man die Yogastellungen von Anfang an korrekt erlernt und konstant die nötigen Anweisungen bekommt.
Ein langer Weg
Eszters Fokus liegt auf Ashtanga Vinyasa Yoga. Dabei spielt die Synchronisierung von Atem und Bewegung eine zentrale Rolle. So kann man den Geist zur Ruhe bringen und ist schließlich in der Lage, zu meditieren. Doch der Weg zu diesem Ziel ist lang, denn Ashtanga Vinyasa Yoga basiert auf einem achtgliedrigen Pfad. Er beginnt mit Verhaltensregeln wie Aufrichtigkeit und Reinheit. Dann erst folgen die Yogastellungen und Atemübungen. Gegen Ende konzentriert man sich zunehmend auf sein Inneres und es folgt die Meditation. Die höchste Stufe Samadhi beschreibt Eszter als „Einssein mit dem Universum“. Insgesamt sei Yoga also ein Lebensstil oder eine Philosophie. Wenn man die obersten Glieder des Pfades, den seelischen Teil und das richtige Atmen weglasse, sei es bloß Gymnastik.
Für Eszter ist Yoga ein lebenslanger Prozess. Auf ihrem Weg haben sie sowohl ihre Lehrer als auch ihre Schüler inspiriert. Jeder habe andere Stärken und Schwächen und für sie sei es interessant, die Yogaübungen an die individuellen Fähigkeiten der Schüler anzupassen. Es sei eine dankbare Aufgabe, an andere weiterzugeben, was sie durch Yoga erfahren habe: „Natürlich kann Journalismus auch sehr lohnend sein, wenn man das Gefühl hat, einen Artikel geschrieben zu haben, der die Wahrheit so detailreich und genau wie möglich abbildet und Menschen erreichen kann. Aber es ist eine andere Art von Belohnung, wenn man die Wirkung von Yoga auf andere Menschen fühlt.“ In Zukunft möchte sie ihre Fähigkeiten weiter ausbauen. „Ich denke, wenn man ein guter Yogalehrer sein will, muss man ständig an seiner eigenen Übung und an seinem eigenen Selbst arbeiten.“ Aber mit dem Schreiben hat Eszter noch nicht für immer abgeschlossen. „Das Schreiben ist noch immer in meinem Inneren und ich warte einfach auf die Zeit, in dem es wieder nach außen kommen will. Dann möchte ich wieder mehr schreiben. Aber ob das ein Buch wird oder etwas anderes weiß ich noch nicht genau.“
Zum Schluss hat Eszter noch einen wichtigen Gedanken. Es sei in Ordnung, im Laufe seines Lebens den Beruf zu wechseln und einen anderen Weg einzuschlagen, wenn man ein anderes Potential in sich entdecke. Dies erfordere Mut und es sei auch nicht einfach, von den Erwartungen, die man selbst und andere an einen stellten, abzulassen. Aber da man sich selbst und auch die Umstände sich veränderten, sei es in Ordnung, nach einer Weile einen anderen Weg zu gehen. Für die Schüler in ihren Yogakursen ist es auf jeden Fall ein Vorteil, dass Eszter nun diesen Weg gewählt hat. Der Unterricht findet in kleinen Gruppen auf Englisch statt, Privatstunden bietet sie auch auf Ungarisch an. Wenn es wieder wärmer wird, möchte sie Kurse unter freiem Himmel geben. Man merkt schon in der ersten Stunde, dass Eszter das, was sie unterrichtet, auch wirklich lebt.
Sound Light Yoga
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