Vom 13. bis zum 18. Januar präsentierte die Budapest Pride ihr diesjähriges Filmfestival in den Kinosälen der kolor-Bar und des Theatercafés Hátsó Kapu. Die insgesamt 30 Filmvorführungen wurden von über 1000 Zuschauern besucht. Neben den Filmen gab es desweiteren fünf Vorträge, ebenso wie ein Buchladen und eine gut besuchte Party am Samstagabend.
Vorvergangene Woche führte eine mit bunten Luftballons geschmückte Treppe in dem Café und Restaurant kolor hinab in ein ebenfalls buntes Treiben aus Besuchern und Organisatoren des Budapest Pride LGBTQ (dies steht für „lesbian, gay, bisexual, transgender and queer“) Film Festivals.
Vorbei an einer kleinen Bücherauslage, bestückt mit ungarischen und englischen Ausgaben und erneut mit Regenbogen Girlanden umgeben, führte der Weg in den Kinosaal. Wer den Keller des kolor kennt, weiß vielleicht, dass hier hauptsächlich Events, wie die Hip Hop Session am Montag oder elektronischen Partys stattfinden. Doch zwischen dem 13. Und 18. Januar gab es hier Filmprojektoren statt DJs. Im Vorraum wurde man gegen einen kleinen Obolus mit Nachos in roten Blecheimerchen begrüßt. Im Vorführungsraum schließlich erreichte die Buntheit und das Willkommensgefühl seinen Höhepunkt: Statt wie erwartet mit holzigen Stuhlreihen bestückt zu sein, lud der Saal mit gemütlichen und farbenfrohen Sitzkissen zum Wohlfühlen ein. Hier wurde unter dem Motto „Make yourself at home!“ gestaltet.
Eine Besonderheit des diesjährigen Festivals war, dass sich die Filmvorführungen nicht auf Budapest beschränkt haben. Auch in weiteren Städten liefen einige der Filme. So seien zum Beispiel in Szeged und in Pécs alle Vorführungen ausverkauft gewesen, wie uns die Pressesprecherin des Festivals Dominika Milanovich verrät. Ziel sei es Menschen außerhalb der Großstadt mit LGBTQ-Filmen mehr in das Thema zu involvieren und damit die Akzeptanz, die auf dem Land weitaus geringer sei, zu erweitern. Ein erheblicher Grund dafür ist, dass es bis heute nur wenige repräsentative, ungarische LGBTQ-Filmen gebe.
Platz für große Gefühle
Die Auswahl der Filme, die für den Beginn und für das Ende des Filmfestivals ausgewählt wurde, schlug einen thematischen Bogen über die gesamte Veranstaltung, denn jeder Film präsentiert durch einen hohen Grad an Authentizität vielseitige Gefühlswelten, die zum Eintauchen einladen.
Das Filmfestival wurde mit dem für den Oscar nominierten schweizerischen Film „The Circle – Der Kreis“ (Regie Stefan Haupt) eröffnet. Der Film erzählt die auf einer wahren Begebenheit beruhende Geschichte eines jungen schwulen Paars – davon, wie sie sich kennen und lieben lernen, wie sie die von Intoleranz geprägte Zeit der Dreißigerjahre erleben und gerade durch diese Herausforderung mehr zueinander finden. Durch Interviews mit den wahren Personen, Röbi Rapp und Ernst Ostertag, die auch heute noch in der Schweiz leben, erhält der Film einen dokumentarischen Charakter und lässt seine Zuschauer durch die Nähe zur Realität noch mehr mitfühlen und miterleben.
Generell lädt die Filmauswahl des Festivals wie bereits angedeutet zu viel Gefühl ein. Die intime Atmosphäre, die nicht nur im kolor, sondern auch im zweiten Kino, dem Hátsó Kapu herrscht, ist ein weiterer Grund warum Zuschauer ihren Gefühlsregungen ungezwungen freien Lauf lassen konnten.
Beendet wurde das Festival mit dem ebenfalls rührenden Film, „52 Tuesdays“. Der australische Film rührt seine Zuschauer nicht nur wegen seiner Geschichte, sondern auch durch die Art und Weise seiner Produktion. Die Mutter der 16- jährigen Billie will ein Mann werden. Doch der Prozess der Geschlechtsumwandlung wird ein Jahr in Anspruch nehmen und so entscheiden sich Billie und ihre Mutter dafür, sich jeden Dienstag zu treffen. Der Film folgt diesem Beispiel und wurde jeden Dienstag, ein Jahr lang gedreht. Die Darsteller – für alle war es der erste Film – erhielten zudem jeweils erst am Dienstag das Drehbuch für die kommende Woche.
Ein Konzept welches erneut auf Authentizität und Realitätsnähe aufbaut, um den Zuschauer so nah wie möglich an Figuren und Handlung heranzuführen.
Mehr Sichtbarkeit für marginalisierte Gruppen
Alle ausgewählten Filme erzeugten mit ihrer Darstellung von transparenten Gefühlswelten und den auf Offenheit und Wahrheit basierenden Dialogen eben jene Thematik, welche sich auch in den Zielen der Budapest Pride niederschlägt. „Eines unserer Hauptziele ist es die Repräsentation und Sichtbarkeit der LGBTQ-Gemeinde im Allgemeinen zu erhöhen, doch besonders die von marginalisierten Gruppen innerhalb der Gemeinde“, so Pressesprecherin Dominika Milanovich. Ein Aufruf die Maske der Intoleranz und Verschlossenheit fallen zu lassen und den Dialog miteinander zu suchen! Das Filmfestival diene nicht dazu Menschen und ihre Sexualität darzustellen, sondern den Blick auf ihre Gefühle und Gedanken zu richten. Erst dadurch könne ein Gefühl der Gemeinsamkeit entstehen.
Wie auch in den letzten Jahren wird am ersten Samstag im Juli der Budapest Pride March stattfinden. Auf weitere Events darf man sich gespannt freuen, denn bereits jetzt wird das bunte Sommerprogramm geplant. Finden Sie mehr Informationen dazu unter www.budapestpride.hu
Weitere Filmempfehlungen:
„Any Day Now” (2012) – Regie: Travis Fine
„Boy Meets Girl” (2014) – Regie: Eric Schaeffer
„The way he looks” (2014) – Regie: Daniel Ribeiro
„Appropriate Behavior” (2014) – Regie: Desiree Akhavan