Das umstrittene Dammbau-Projekt am letzten frei zugänglichen Stück Donauufer in Budapest gerät ins Stocken: Kurz vor Ende des vergangenen Jahres stoppte der Hauptstädtische Katastrophenschutz den Genehmigungsprozess auf Antrag der Stadtverwaltung beziehungsweise deren Planungsbüros. Ein komplettes Projektende ist jedoch nicht in Sicht, stattdessen sollen die Pläne umgestaltet, gar erweitert werden.
Laut einem Népszabadság-Bericht von vergangener Woche Mittwoch soll die im Auftrag der Stadtverwaltung das Projekt planende Erbo-Plan Kft. den Katastrophenschutz gebeten haben, den Genehmigungsprozess einzustellen. Das entsprechende Bestätigungsdokument wurde von der Facebook-Gruppe „Maradjanak a FÁK a Rómain“, die bereits mehrmals gegen den mobilen Damm protestiert hatte (wir berichteten), auf ihrer Seite veröffentlicht. Der Prozess kostet die Stadt auch ohne Ergebnis 1,1 Mio. Forint und wurde anfangs noch bei der staatlichen Umweltschutzbehörde gestartet, aber aufgrund von Kompetenzumstrukturierungen an die Staatliche Wasserschutzbehörde (OVH) weitergegeben, die wiederum in das Innenministerium, genauer in den Katastrophenschutz verlegt wurde.
Der Antrag auf die wasserrechtliche und umweltschutzrechtliche Genehmigung wurde im April 2013 gestellt, wobei es 2012, als sich die Pläne zu dem fünf bis acht Milliarden Forint teuren Dammbau langsam konkretisierten, noch hieß, dass innerhalb von fünf Monaten die Baupläne und das Gutachten zum Umweltschutz fertiggestellt sowie sämtliche erforderliche Fachgenehmigungen eingeholt seien. Das Donau-Hochwasser von 2013 machte diese Pläne zunichte: Der Wasserstand lag um 37 Zentimeter höher als die bei den Bauplänen verwendete Durchschnittshöhe, der Damm hätte daher keinen ausreichenden Schutz geboten. Die zuständige Behörde stoppte daraufhin bereits einmal den Genehmigungsprozess.
Wasserschutz für „Erhalt der natürlichen Werte“
Nach den entsprechenden Planänderungen wurde dieser wieder aufgenommen, jedoch wurde die wasserrechtliche Genehmigung Mitte Februar 2014 auf Eis gelegt, um die umweltschutzrechtliche abzuwarten, da bedeutende Auswirkungen ökologischer Natur erwartet wurden (der mobile Damm soll immerhin bis zu 3,5 Kilometer lang werden). Das Amt des Oberbürgermeisters nannte dies damals lediglich ein „rechtstechnisches Mittel“, der Schritt habe keine Auswirkung auf das Ergebnis des Prozesses. Und tatsächlich erhielt das Projekt im März die umweltschutzrechtliche Genehmigung. Daraufhin wandte sich OB István Tarlós an die OVH, die nun entscheiden sollte: soll der Damm direkt am Strand oder an der Trasse Királyok útja–Nánási út weiter landeinwärts errichtet werden? Die Behörde stellte im Juli klar, dass ein Dammbau direkt am Wasser keine wasserrechtliche Genehmigung erhalten könne, man halte den Bau der mobilen Wand in den Deich für keine gute Idee; dagegen sei die Neuplanung der Trasse wichtig.
Untersuchungen des Wasserschutzes während des Donau-Hochwassers ergaben, dass wegen den zu erwartenden steigenden Belastungen an den betroffenen Stellen ein Damm errichtet werden müsste, der den normalen Wasserstand um 1,3 Meter überragt. Entgegen der bisherigen Pläne sei kein mobiler Damm am Strand zu errichten, sondern eine Hochwasser-Verteidigungslinie ersten Ranges (also landeinwärts), denn der mobile Damm in seiner geplanten Form stelle keinen Schutz für die Csillaghegyer Bucht dar, was der Wasserschutz aber zum wichtigen Ziel erklärte. Zudem müsse der Damm so gebaut werden, dass das Ufer weiterhin genutzt werden kann und dessen „natürliche Werte“ weitestmöglich bewahrt bleiben.
Stadtverwaltung kommt Pflicht nicht nach
Während der Hauptnotar des lokalen III. Bezirks den Antrag zur umstrittenen Baumfällung für das Projekt ablehnte, sprach sich der OB noch im vergangenen Sommer deutlich für den mobilen Damm aus: Das Projekt werde umgesetzt, bis Frühling 2015 liegen alle Genehmigungen vor, im Herbst könne der etwa ein Jahr dauernde Bau beginnen. Nun also der überraschende Stopp kurz vor Jahresende. Laut Népszabadság bedeutet dieser jedoch nicht, dass die Stadtverwaltung gänzlich auf den Dammbau verzichtet, stattdessen müsste aufgrund des höheren Hochwasserstandes der gesamte hauptstädtische Hochwasserschutzplan umgeschrieben werden, zu welchem neben dem Római-part etwa auch die Uferstraßen gehören. Das Blatt vermutete, dass die Stadtverwaltung hierbei auch das Planungsbüro wechsle: statt der Erbo-Plan Kft. könne künftig die ENVIRODUNA Beruházás Előkészítő Kft. das Steuer übernehmen, die bisher das Projektmanagement verantwortete.
Die Stadtverwaltung widersprach dem Népszabadság-Bericht noch am selben Tag: Sowohl Hauptstadt- und Bezirksverwaltung als auch der Wasserschutz hielten weiterhin den Dammbau direkt am Wasser für die fachlich beste Lösung, daher werde die Trasse anhand neuer Pläne auch dort errichtet. Man werde auch den Schutz der kompletten Csillaghegyer Bucht in die neu zu gestaltenden Pläne mit einfließen lassen, die somit sogar erweitert würden. Mit den Zahlen schien es die Stadtverwaltung nicht so genau zu nehmen: Anhand der unerwarteten Höhe des Hochwassers von 2013 sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass entgegen der bisherigen Pläne eine Erhöhung von durchschnittlich 1,1(!) Meter nötig sei, hieß es in einer Mitteilung vom stellv. OB Balázs Szeneczey. Man sah sich daher zum Stopp des Genehmigungsverfahrens veranlasst, um ein neues, auf den erweiterten Plänen beruhendes vorzubereiten; dessen Start soll bei der nächsten Versammlung des Stadtparlaments initiiert werden.
Index wies in einem Bericht Mitte vergangener Woche auf die frühere Aufforderung der Wasserschutzbehörde in Richtung Hauptstadt hin, dass die technischen und landschaftsplanerischen Pläne „untrennbar voneinander mit den Anwohnern beziehungsweise der Öffentlichkeit bekannt zu machen“ seien. Dem kam die Stadtverwaltung bisher immer noch nicht nach, wurde doch die Nachricht vom aktuellen Genehmigungsstop nicht offiziell von dieser, sondern von „Maradjanak a FÁK a Rómain“ publik gemacht.