Ob man als Verbraucher zielgerecht über aktuelle Angebote in seiner direkten Umgebung informiert werden möchte oder als Unternehmen potenzielle Kunden mit diesen in der Nähe des Geschäfts erreichen will – beides wird durch Magyar Telekom (MT) und T-Systems International (TSI) möglich: Dank des Location Based Mobile Advertising (LBMA)-Angebots können aktuelle Offerten per SMS direkt auf das Handy des Kunden gesandt werden, die sich in unmittelbarer Nähe des werbenden Geschäfts befinden. Der Produktleiter für diese Neuentwicklung ist übrigens ein in Deutschland lebender Donauschwabe.
„Ist Ihr Lokal nachmittags um drei leer? Muss Ihre alte Kollektion wegen der neuen schnell verkauft werden? Haben Sie ein neues Produkt und wollen Ihre Kunden darüber informieren? Dann nutzen Sie hierfür LBMA.“ Mit diesen Worten bewarb im September 2014 die ungarische TSI-Tochter IT Services Hungary (ITSH) den neuen Service bei dessen Markteintritt in Ungarn. LBMA wird großes Marktpotenzial vorausgesagt, alleine schon wegen der Tatsache, dass laut einer gemeinsamen Erhebung mehrerer Infokommunikationsunternehmen Marketing-SMS zu 98% von den Empfängern geöffnet werden, hingegen Tweets nur zu 29%, E-Mails zu 20% und werbliche Facebook-Einträge gar nur zu 12%. Doch wie funktioniert LBMA technisch gesehen?
László Posset, der für LBMA verantwortliche Manager bei TSI erklärt gegenüber der Budapester Zeitung bei einem Besuch in der Donaumetropole, dass jeder Anruf, jede SMS und jeder Mobilfunkzellenwechsel eines Nutzers Lokations-Signale im Mobilfunknetz hinterlässt, denn über die SIM-Karte ist man ständig an mindestens drei Mobilfunkzellen in der Umgebung angebunden, die einen bestimmten geographischen Bereich eingrenzen (aufgrund des gedachten „Zauns” wird die Technologie „Geofencing” genannt).
LBMA liefert relevante Werbung per SMS an Mobilkunden, die ihr Einverständnis für die Nutzung des Services explizit erklärt haben und in das sogenannte Opt-In-Verzeichnis aufgenommen wurden. Dabei werden in Echtzeit Bewegungsdaten aus dem Netz aufgenommen, mit CRM-Daten kombiniert, geo-lokalisierte Werbung für den Konsumenten erstellt, das Erstellen von Profilen mithilfe von Geofencing ermöglicht und identifiziert, wer, wo, wann und woran interessiert ist. Die Lösung vergleicht die Interessen mit der verfügbaren Werbung und findet relevante Konsumenten, um ihnen per SMS passende Botschaften, Werbung oder Kupons zu senden. TSI entwickelte so mit seinen Partnern unter Berücksichtigung der Markt- und Technologietrends eine skalierbare Plattformlösung und somit ein Referenzmodell einer B2B2C Big Data-Lösung der neuen TSI-Digital Division.
Das amerikanische Unternehmen EMC hat vor einigen Jahren im Auftrag eines Mobilfunkbetreibers eine Plattform zur Echtzeitauswertung von großen Netzdaten entwickelt, um die Netzqualität zu verbessern. „Im überfüllten Mobilfunknetz kam es oft zu Anrufunterbrechungen”, erzählt Posset. „Der Betreiber wollte daher zielgerichtete SMS mit Entschuldigungen für die Unterbrechung an betroffene Kunden senden. Wir überlegten unsererseits, wie wir diese Technologie für die Verwertung der Netzdaten von Telekommunikationsunternehmen einsetzen könnten.” Neben Anzeigen- und Plakatwerbung wurde LBMA geboren, da laut Experten künftig standortbezogenes Marketing über mobile Geräte am relevantesten sein wird.
In Ungarn kann man sich unter www. akcionekem.hu in das Opt-In-Verzeichnis aufnehmen lassen. „Als Opt-In-Kunde kann man die Themen und Anzahl der SMS festlegen, die man erhalten möchte. Mit diesen Angaben und den Kundendaten sind passgenaue und spamfreie Angebote möglich”, erklärt der Manager. So auch von der Firmenkundenseite: KMU wie Cafés, Restaurants oder Kleidungsgeschäfte wenden sich an MT oder TSI und erhalten Zugang zu dem Tool, über das sie aktuelle Offerten einspeisen können. Neben KMU werden auch internationale und lokale Werbeagenturen sowie Handelsketten angesprochen, um ihnen das neue Produkt anzubieten.

LBMA wird großes Potenzial vorausgesagt, da deutlich mehr Marketing-SMS als Tweets, Emails oder Facebook-Einträge gelesen werden.
Erster LBMA-Markteintritt der Telekom startete in Ungarn
In den USA und im Vereinigten Königreich ist das Konzept bereits erfolgreich im Einsatz: Bei den Briten gebe es bei WEVE, ein Joint Venture mehrerer Mobilfunkbetreiber und stolze 27 Millionen Opt-In-Nutzer. LBMA wurde in Ungarn von der Telekom zunächst als Testprojekt vorgestellt, im Juli 2013 begann das Pilotprojekt, nach dem Systemaufbau und der Implementierung startete im Januar 2014 eine zehnwöchige Testphase mit Kampagnen für 25 Marken, die im April erfolgreich abgeschlossen wurde. Daraufhin starteten die Vorbereitung für den Produktivbetrieb und der Markteintritt in Ungarn. „Dennoch sind wir hier mit der Verbreitung über SMS vorsichtig”, so der IT-Experte. „In Ungarn sind viele Menschen noch mit Papier-Kupons unterwegs, demnächst wird es diese aber auch über unser Tool in digitaler Form geben.” MT ist zuversichtlich, dass in Zukunft, ähnlich wie im Vereinigten Königreich, auch in Ungarn die großen Mobilfunkbetreiber kooperieren werden, um den LBMA-Service gemeinsam zu nutzen. Dieser wurde vergangenen Dezember auch bei der Hrvatski Telekom in Kroatien erfolgreich eingeführt, bei T-Mobile Austria ist dies für 2015 geplant.
Für den technischen Betrieb ist ITSH verantwortlich. Die Hardware-Plattform stammt von EMC, in Ungarn wird sie von der S&T geliefert; die Software kommt vom britischen Start-up MI6App (Mobile Intelligent Services & Application). Anwendungskomponenten wurden von der Technischen Universität Budapest (BME) entwickelt, die Systemintegration von Experten der T-Systems Magyarország unterstützt. MT stellt die Bewegungsdaten der Opt-In-Kunden zur Verfügung und versendet die SMS, die Gesamtproduktverantwortung liegt bei TSI.
„Für Firmenkunden ist das Angebot lukrativ, im LBMA-Sektor sagen Marktforschungsinstitute ein Wachstum von bis zu 400% voraus, was bei Konzernen mehrere Millionen Forint bedeuten kann”, so Posset, und auch KMU bringen erfolgreiche LBMA-Kampagnen schnell Hunderttausende ein. Anhand des Feedbacks des Marktes werde man das Produkt ständig weiterentwickeln und anpassen, kündigt er an.