
M-Telekom-Vorstand Christopher Mattheisen sprach sich erneut für die richtige Rollenverteilung zwischen Staat und Unternehmen aus.
Vergangene Woche Mittwoch ging der Joint Venture-Verband auf der Konferenz „Kick it like KKV“ in der Magyar Telekom-Zentrale der Frage nach, wie aus KMUs in der heutigen Informationsgesellschaft bedeutende Unternehmen werden. Dabei wurden Vorträge von Infokommunikations(ICT)- und Regierungs- Vertretern von dem eines Traditionsunternehmers kontrastiert.
Magyar Telekom-Vorstandsvorsitzender Christopher Mattheisen erläuterte, dass alle Unternehmen, vor allem KMUs klein anfangen, aber wachsen wollen. „Wir leben in keinem normalen Zeitalter“, stellte er fest, „es gibt digitale „Störer“ wie „WhatsApp“ (Mobilanwendung zum kostenlosen Nachrichtenversenden; Anm.), die selbst für uns eine Herausforderung darstellen, die als kleine Start-ups begannen. Selbst diese benötigen aber den entsprechenden digitalen Hintergrund im Land.“ Berlin sei ein Cluster, wo sich Talente, Ideen, Dienste und Infrastruktur bündeln, mit dem „Digitales Ungarn“-Programm (wir berichteten vergangene Woche) könne auch Ungarn zu einem solchen werden. In Sachen Qualität stehe es laut dem Manager gar nicht schlecht, aber bei der Abdeckung und Penetration bestehe Nachholbedarf. Viele heutige Trends wie Cloud-Technologie oder Internet seien erst der Anfang der Dinge, schloss der Amerikaner, um hinzuzufügen: „Auch für die hiesige Digitalisierung wird die Rollenverteilung zwischen Unternehmen und Staat entscheidend sein. Wir vertrauen darauf, in Ungarn die richtige Balance zu finden, damit ungarische KMUs zu globalen Unternehmen werden können.“
Dass Staat und Unternehmen kooperieren müssen, bestätigte auch Unterstaatssekretär Gábor Bódi, bei der Frage nach dem „wie“ erzählte er: „Ein Verwandter hat seit über zehn Jahren ein KMU, aber keine Unternehmenswebseite – obwohl er zuhause auch IP-TV nutzt. Vielleicht fehlt es ihm an Vertrauen oder Bewusstsein.“ Laut dem Statistischen Amt haben 69% von Ungarns Unternehmen eine Webseite, viele bieten ihre Dienste auch online an, im EU-Schnitt sei dies dennoch nur unteres Drittel. „86% erledigen ihre behördliche Administration auf elektronischem Wege, aber dort herrscht auch eine Verpflichtung“, gab Bódi zu. Die EU-Digitalisierungsdirektive sei für hiesige KMUs unverständlich, der ungarische Staat müsse diese „übersetzen“, weshalb etwa die Nationale Infokommunikationsstrategie verabschiedet wurde. „Doch bringen ohne Fortbildung auch die besten Geräte und Infrastruktur nichts“, merkte der Politiker an, selbst Smartphones würden von Menschen oft unbewusst genutzt. Laut Bódi zeigen Ungarns Unternehmen großes Interesse an EU-Fördermitteln für ihre Digitalisierung, daher werde es hier mehr Gelder und Programme geben. Er folgerte: „Wenn alle Faktoren zusammenkommen, dann kann das ‚Digitale Ungarn‘ ein Zugpferd für die Wirtschaft werden.“
Auf Mundpropaganda folgt Marketing
Ein anderes Bild zeichnete István Cserpes, Eigentümer der nach ihm benannten traditionell arbeitenden Milchwerke: „Wir funktionieren anders als alles, was wir gerade gehört haben, erst nachdem wir unseren Platz gesichert hatten, sahen wir die vielen Möglichkeiten.“ Sein Unternehmen sei in seinem Segment Pionier, was möglich war, weil man sich nicht bei den Vorstellungen anderer einreihte. „Wenn an bei einem Unternehmen etwas ändert, muss man das auch überleben“, so der Manager, ein Betrieb müsse immer schauen, was für seine Optimierung wirklich nötig ist, daher werde man selbst auch nur das an neuen Technologien einsetzen, was dringend notwendig sei. „Im heutigen Zeitalter ist es vorbei mit Fälschungen und schlechter Qualität – daher sind wir erfolgreich“, verkündete Cserpes. „Der Weg der internationalen Lebensmittelindustrie ist eine Sackgasse.“ Gerade um alle Kunden mit Qualitätsanspruch erreichen zu können, müsse man zu professionellem Marketing greifen, wo früher Mundpropaganda reichte. Sein Betrieb produziere noch nach Bedarf und ohne Haltbarkeitsmittel, denn man respektiere laut Cserpes den Verbraucher: „Es ist die normale göttliche Ordnung, etwas dann zu konsumieren, wenn es natürlich ist.“
Laut Ericsson Magyarország-Vorstand Roland Jakab bestehe ein globaler Trend zur Gesellschaft mit Internetanschluss, wobei jeder industrietechnologische Fortschritt erst über 20-30 Jahre installiert werden muss, um alte Probleme zu lösen (1. Phase), danach weitere 20-30 Jahre angewandt werden muss, um ihn in der ganzen Gesellschaft zu verbreiten (2. Phase). „Bei unseren Netzen sehen wir innerhalb der vergangenen vier Jahre eine Explosion der Datenmenge“, so Jakab, laut dem Ericsson Weltmarktführer in Sachen Netzinfrastruktur sei. „Wir stecken daher in Sachen ICT in der 2. Phase mit vielen Playern, die in der 1. Phase nicht da waren.“ Einer eigenen Studie zufolge könne eine Erhöhung der Breitbandabdeckung um 10% ein Plus von 1% beim BIP bewirken. Neue Trends wie AirBnb (ein Portal für Übernachtungsmöglichkeiten) und Spotify zeigen Möglichkeiten auf und dass man bereits mitten in der 2. Phase sei, so Jakab. „Die Möglichkeiten sind unbegrenzt, ein KMU kann schnell globale Bedeutung erlangen, wie diese Beispiele verdeutlichen.“