Das Parlament hat am Dienstag die Steuergesetze für 2015 verabschiedet. Hatte das Volkswirtschaftsministerium im Spätsommer noch von Kontinuität und Berechenbarkeit gesprochen, brach am Ende doch wieder ein Schwall von Veränderungen über die ungarische Gesellschaft herein.
Besonders intensiv wurde an der Besteuerung der Cafeteria-Leistungen gebastelt. Erst drohte eine heftige Steuererhöhung von allgemein 35,7 auf 51,2 Prozent, die zumindest für kleinere Firmen praktisch das Ende der im Durchschnitt mehrere 100.000 Forint an Sachleistungen bedeutenden Cafeteria bedeutet hätte. Gerechtfertigt wurde dieser Vorstoß durch das Volkswirtschaftsministerium mit dem Hinweis darauf, die Arbeitnehmer sollten lieber mehr Lohn erhalten. Weil die heimische Tourismusbranche zu den Leidtragenden gehört hätte, machte das Fachressort dann aber einen Rückzieher, sodass die Obergrenze für den bisherigen Steuersatz bei 450.000 Forint gezogen wird. Oberhalb von 200.000 Forint dürfen aber nur noch Leistungen der SZÉP-Karte in Anspruch genommen werden, also genau jene Leistungen, die dem Inlandstourismus zugutekommen.
RTL Klub muss noch mehr zahlen
Die ursprünglich für Medienunternehmen erdachte Reklamesteuer wurde im Spitzensatz von 40 auf 50 Prozent erhöht, der aber weiterhin nur bei einem einzigen Medienunternehmen, nämlich RTL Klub, zur Anwendung kommt, weshalb die Reklamesteuer häufig auch als RTL Klub-Steuer bezeichnet wird. Experten rätseln weiter über die genaue Auslegung der Reklamesteuer, zum Beispiel ist nicht abschließend geklärt, wer eigentlich die Steuersubjekte sind.
Nicht abzusehen sind die Folgen der neuen Vollmacht für Städte und Gemeinden, neben den bereits wirksamen örtlichen Steuern (von der Gewerbe-über die Kommunal- bis hin zur Immobiliensteuer) sogenannte „Siedlungssteuern“ einführen zu dürfen. Diese Steuern sollen den Bürgern aufgebürdet werden können (Unternehmer sind davon ausgeschlossen), sie betrifft jegliche „Steuergegenstände“, die bislang noch nicht durch zentrale oder örtliche Steuern belastet wurden. Der Agrarverband MOSZ protestierte bereits, weil man eine Anwendung der neuen Steuerart auf Ackerland befürchtet.
Neue Sondersteuern
Dramatisch wird die Anhebung der „Aufsichtsgebühr für die Nahrungsmittelkette“ ausfallen. Damit kehrt praktisch durch die Hintertür die Sondersteuer für die Handelsunternehmen zurück. Nur bis zu Jahresumsätzen von 500 Mio. Forint (ca. 1,6 Mio. Euro) sollen Unternehmen von der Gebühr befreit sein, die über diesem Betrag gestaffelt greift und ab Umsatzerlösen von 300 Mrd. Forint saftige 6 Prozent vom Umsatz erreicht. (siehe dazu auch unseren Artikel auf den Seiten 22 und 23).
Investmentfonds werden an Stelle der Sondersteuer für den Finanzsektor mit einer Vermögenssteuer belegt, die Portfolioverwaltung wird für Privatpersonen nicht länger von der Umsatzsteuer befreit sein.
Wie bereits berichtet, wird künftig auch für das Brennen des beliebten Pálinkas in allgemeinen Schnapsbrennereien eine Pauschale zu entrichten sein, nämlich pro Liter 835 Forint. Die Obergrenze des in Eigenregie herstellbaren Schnapses wird von 200 auf 50 Liter vermindert. Wer unter dieser Grenze bleibt, braucht pro Jahr nur eher symbolische 1.000 Forint an Steuern zu zahlen.
Die sogenannte Chipssteuer oder offiziell die Volksgesundheitsproduktsteuer, also die Abgabe auf gesundheitsschädliche Lebensmittel, wird ausgeweitet und wird sich ab dem 1. Januar auch auf Bier, Wein, Sekt und andere alkoholhaltige Getränke beziehen. Auch die Tabakwarenhersteller sollen künftig stärker zur Kasse gebeten werden. Ausgeweitet wurde schließlich auch die Umweltproduktgebühr, die künftig Büropapier, Kosmetik und selbst Kunstblumen einschließt.
Kampfansage an Mehrwertsteuerbetrüger
Unternehmen treffen strengere Auslegungen wie jene, wonach jede einzelne Rechnung mit einem Mehrwertsteuergehalt (ÁFA) von mindestens 1 Mio. Forint zu deklarieren ist. Neu gegründete Firmen müssen ihre ÁFA-Pflicht zudem monatlich (bisher vierteljährlich) erklären. Auch einige weitere Vorkehrungen wurden getroffen, um den zuletzt erheblich in die Schlagzeilen geratenen Mehrwertsteuerbetrügereien auch auf diesem Weg das Wasser abzugraben.