In unserer Start-up-Serie porträtieren wir erfolgreiche ungarische Unternehmen, die entweder noch als ein solches Jungunternehmen gelten oder als mittlerweile gestandenes Unternehmen ihren Anfang als solches Jungunternehmen hatten. Diesmal geht es um die Distinction Kft., die sich so erfolgreich auf die Entwicklung mobiler Anwendungen spezialisiert hat, dass sie Ende Oktober von einem ihrer eigenen Kunden aufgekauft wurde.
Wie so häufig bei ungarischen Start-ups begann alles an einer Universität: die heute immer noch keine 30 Jahre alten Bálint Orosz, Ákos Kapui und László Zöld studierten an der TU Budapest (BME) und nahmen 2008 gemeinsam am Microsoft Imagine Cup teil, wo sie im Pariser Finale den dritten Platz erringen konnten. Der damalige Microsoft-Vorstand Steve Ballmer hatte ihnen mit seinem Lob für ihre Cocktailmix-App „Cocktail Flow“, die über eine eigene Rezept-Datenbank verfügt, quasi den Ritterschlag verpasst. Inspiriert durch diesen Erfolg, gründeten sie schließlich im September 2010 unter dem Namen Distinction ihr gemeinsames Unternehmen.
Nutzergeschmack getroffen
Ab dann ging es Schlag auf Schlag: Es folgten weitere Applikationen wie etwa die elegante Wetter-App „Weather Flow“ oder „App Flow“ – eine weltweit vermutlich einzigartige Anwendung, die bei der Suche und dem Entdecken anderer hilft – oder auch die UNICEF HelpApp für die Soforthilfe bei Fällen von Kindesmissbrauch. Wie die Gründer in einem Video-Interview dem Wirtschaftsmagazin Figyelő verrieten, entwickelte man vor allem deshalb eigene Anwendungen, weil man mit den vorhandenen unzufrieden war und den Nutzern besonders praktische Lösungen bieten wollte.
Dabei scheint man deren Geschmack getroffen zu haben, denn die Apps erfreu(t)en sich großer Beliebtheit, wurden millionenfach heruntergeladen und werden inzwischen in mehreren Sprachen angeboten. So dürften denn auch die heutigen namhaften Kunden auf das Distinction-Team aufmerksam geworden sein: Audi, Microsoft, Red Bull und Nokia ließen hier bereits mobile Anwendungen entwickeln. Im Falle der im schottischen Edinburgh sitzenden Firma Skyscanner, die ihre gleichnamige Suchmaschine für günstige Flugtickets betreibt, war man sogar so zufrieden mit der Arbeit des ungarischen Start-ups, dass man dieses kurzerhand aufkaufte.
Wie das Unternehmen gegenüber bbc. com angab, könne es mit dem Zukauf in Ungarn das Wachstum seines eigenen Teams zur Entwicklung mobiler Anwendungen beschleunigen. Das 30 Mitarbeiter starke Budapester Büro auf dem Károly körút im V. Bezirk mit Wohlfühlfaktor – in dem man geradezu typisch für heutige Start-ups einen Tischkicker und große Sitzsäcke, aber auch ein Flugzeugmodell, eine Drohne, einen 3D-Drucker und eine französische Bulldogge findet – soll künftig Skyscanners Haupt-Mobile Hub werden. Dabei sollen nicht nur alle Distinction-Angestellten übernommen werden, sondern sogar noch weitere hinzukommen, hieß es, denn ebenso plane das schottische Unternehmen weitere Zuwächse in seinem Anwendungs-Portfolio.
„Eines der besten Entwickler-Teams“
Zu Skyscanners Entscheidung trug vor allem die positive Erfahrung bei der Zusammenarbeit zu seiner im August gestarteten eigenen Hotel-App bei. Gareth Williams, Skyscanners Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender kommentierte: „Die Zukunft der Online-Reisebuchung ist ohne Zweifel mobil, mehr und mehr Reisepläne werden unterwegs gemacht, und dieser Trend nimmt rasant zu. Das Team von Distinction ist eines der besten in Sachen App-Entwicklung, das ich je gesehen habe.“ Während der gemeinsamen Arbeit an der Hotel-App habe er gesehen, wie fokussiert es auf die Nutzererfahrung sei. Als Teil der gemeinsamen Mannschaft werde sich Distincion auf das Kreieren des mobilen Reiseassistenten konzentrieren, den zukünftige Reisende brauchen werden, schloss Williams.
Bálint Orosz, Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender von Distinction, fügte seinerseits hinzu: „Als wir unser Start-up vor vier Jahren gründeten, war unser Ziel das Schaffen eines Raumes, der Leute inspiriert, ihr Bestes zu tun. Mit dem Wachstum unseres Teams in den vergangenen 20 Monaten achteten wir auch weiterhin auf das Beibehalten einer Umgebung, in der jede Person einen Einfluss haben kann und sollte. In der seit über drei Jahren währenden Kooperation mit Skyscanner sehen wir, wie sehr wir solche Werte teilen.” Die Akquisition bedeute eine große Möglichkeit für das ganze Team, um alles bei bisherigen Kooperationen mit globalen Marken Erlernte anzuwenden und die Zukunft der mobilen Online-Reiseplanung mitzugestalten.
Rosige Zukunft in Sicht
Auch Distinctions Geschäftszahlen legen nahe, dass es ein hochgradig wertvolles Investment mit enormen Wachstumspotenzial darstellt: 2012 betrug der Jahresumsatz 101 Mio. Forint, nur ein Jahr später bereits 263 Mio., der Gewinn nach Steuerabzug stieg von 31 Mio. (2012) auf 98 Mio. Forint (2013). Wie auch anhand der namhaften Auftraggeber ersichtlich, wurde dabei der größte Umsatz im Ausland gemacht. Auch dass das Team bereits Anwendungen für sämtliche mobilen Plattformen – sei es Apples iOs, Googles Android, Microsofts Windows Phone oder Windows 8 – entwickelt hat, bezeugt seine Vielseitigkeit und hält ihm noch viele künftige Möglichkeiten offen. Und da man immer noch intensiven Kontakt zu seiner „Brutstätte“, der BME, hält, etwa über die regelmäßige Teilnahme an der dortigen Jobbörse, scheint auch für den Nachschub an neuen Talenten gesorgt.