Just in Zeiten von Europaskeptizismus und Brüssel-kritischen Äußerungen darf sich Budapest über einen weiteren Zuzug einer EU-Institution freuen: Vergangene Woche Donnerstag eröffnete die Europäische Polizeiakademie (CEPOL) ihre neue Zentrale in Budapests VI. Bezirk.
Unweit von Andrássy út, Oper und der Ruinenkneipe „Instant“ bezog die zuvor im britischen Bramshill House ansässige CEPOL in der Ó utca ihr neues Quartier. Dabei handelt es sich um ein für 1,1 Mrd. Forint rundumerneuertes denkmalgeschütztes Gebäude im Besitz des Ungarischen Innenministeriums, das dieses für die kommenden zehn Jahre völlig kostenfrei zur Verfügung stellt.
Bei der Eröffnungsfeier waren zahlreiche ungarische Prominente aus Politik und Verwaltung anwesend, so etwa der Staatssekretär für innere Sicherheit László Tasnádi, Budapests OB István Tarlós, András Patyi (Präsident des Nationalen Wahlausschusses und Rektor der Universität für Öffentliche Verwaltung), Bezirksbürgermeisterin Zsófia Hassay sowie Vertreter verschiedener Botschaften, Polizeiinstitutionen und ungarischer Behörden. Der stellvertretende CEPOL-Direktor Detlef Schröder begrüßte alle und lobte in seiner Eröffnungsansprache den neuen Standort. Innenminister Sándor Pintér verkündete: „Die CEPOL-Leitung kam als Gast hierher, wird aber als Hausherr später das Gebäude verlassen.“ Die Eröffnung sei für Ungarn mehr als nur eine Hauseinweihung, es sei eine Auszeichnung. Als Großbritannien 2012 verkündete, dass der CEPOL-Sitz zu vergeben sei, sei die ungarische Regierung sogleich in den „Wettkampf“ um selbigen gestiegen, der einstimmige Beschluss durch den entsprechenden Parlamentsausschuss gab Anlass zur Freude. „Im April begannen wir mit den Renovierungsarbeiten an diesem schönen, aber etwas in die Jahre gekommenen Gebäude im Herzen der Stadt“, erklärte der Minister. „Nun ist es topmodern und wird ein hervorragender Arbeitsplatz werden, der effiziente Arbeit ermöglicht.“
Gründe für Standortentscheidung nicht bekannt
Nach der symbolischen Schlüsselübergabe bedankte sich CEPOL-Direktor Ferenc Bánfi auf Englisch beim Europäischen Parlament nicht nur für die Wahl Budapests, sondern auch für die langfristige Verpflichtung; weiterhin bei Ungarns Regierung für die Unterstützung beim Umzug und der EU-Kommission sowie Großbritannien für die bisherige Arbeit. „Das Gebäude wird eine Alma Mater der europäischen Gesetzesexekutive“, verkündete Bánfi. Von Budapest aus werde künftig die Botschaft der EU von Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit verbreitet. „Kriminalität kann im 21. Jahrhundert nur grenzüberschreitend bekämpft werden, genau das gehört zu CEPOLs Aufgaben.“
Auch in der neuen Heimat warten Herausforderungen, so der Direktor, denn mit den neuen EU-Plänen kommen auch neue Aufgaben und Direktiven auf die Institution zu: „Unser Netzwerk ist jedoch ein Garant für die hohe Qualität der Trainings, die hier stattfinden werden.“ Transnationale Kooperationen seien der Trend, hier werde dies unterstützt und verwirklicht, zum Beispiel über Austauschprogramme. Man wolle den Bereich aber noch ausweiten. „Wir müssen die Worte Mandelas, dass Bildung die größte Waffe gegen Kriminalität sei, in die heutige Zeit übersetzen und praktizieren“, schloss Bánfi.
Luigi Soreca, seit Mai Direktor der Abteilung „Innere Sicherheit“ der Generaldirektion Innere Angelegenheiten der EU-Kommission, sprach von einem „großen Moment in diesem Gebäude“. Der Umzug sei gut gelungen, auch dank „Feri“, wie er Bánfi freundschaftlich nannte. „Der Umzug war ein gutes Beispiel für die Kooperation zwischen der EU und einem Mitgliedstaat. Wir können uns selbst gratulieren.“ Laut Soreca seien zum Glück fast alle CEPOL-Mitarbeiter mit hierher gezogen. „Der Umzug bedeutet einen Neuanfang. Mit der neuen EU-Regulierung will die Union CEPOL mehr Trainingsmöglichkeiten zusichern, sie ist zugleich Voraussetzung für gute Kooperationen in Sachen Gesetzesexekutive“, schloss der Italiener.
„CEPOL in Richtung Zentraleuropa gewandert“
In einem kurzen Gespräch am Rande erklärte Schröder gegenüber der Budapester Zeitung, dass er selbst erst seit August hier lebe und dass der Europäische Ministerrat Budapest gegenüber fünf anderen europäischen Standorten aufgrund ihm nicht bekannter Kriterien bevorzugt habe. „Mit dem Umzug nach Ungarn ist die CEPOL in Richtung Zentraleuropa gewandert“, so der stellvertretende Direktor. „Dies hat jedoch weniger eine politische Dimension, denn auch Großbritannien ist natürlich Europa, man suchte wohl eher den Ausgleich.“ Ungarns Regierung habe ein attraktives Angebot gemacht und das Haus extra renovieren lassen, in dem künftig von den Mitgliedsstaaten selbst ausgewählte Kräfte trainiert werden.
Pintér erklärte im späteren Pressegespräch, dass man sich über die einstimmige Entscheidung des EU-Ministerrates gefreut habe, die Akademie sei die erste EU-Institution in Ungarn, man sei somit „näher zur Union gerückt.“ Bánfi fügte hinzu, dass man auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht am selben Standort wie die größte nationale Polizeiakademie Englands bleiben konnte. „Eine CEPOL-Priorität bleibt die Unterstützung internationaler Kooperationen, etwa in Form von gemeinsamen Ermittler-Teams“, so der Direktor. Seine Institution habe 50 Mitarbeiter und ein jährliches Budget von 8,5 Mio. Euro, sie bilde über 8.500 Kräfte jährlich online aus, zudem organisiere sie die Ausbildung von 2.500 weiteren, die in praktischen Kursen direkt vor Ort in den EU-Ländern trainiert werden. Auf unsere Nachfrage erklärte Pintér, dass seiner Behörde ein zweifacher Erfolg gelang: das alte Gebäude wurde erneuert und die CEPOL erfolgreich hierher übersiedelt. Die öffentliche Verwaltung habe dabei bereitwillig mitgeholfen.
Die Europäische Polizeiakademie (CEPOL, französisch Collège Européen de Police) wurde 2005 als Agentur der EU errichtet und führt leitende Polizeibeamte aus ganz Europa zusammen, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung zu unterstützen. Die CEPOL fungiert als Netzwerk, wobei die Veranstaltungen – jährlich 80 bis 100 Kurse, Seminare, Konferenzen und Sitzungen – in und von den Mitgliedstaaten, primär in den nationalen Ausbildungseinrichtungen für hochrangige Polizeibeamte durchgeführt werden.