Das US-Einreiseverbot war auch in dieser Woche Thema in den Medien, nachdem in der Vorwoche die Direktorin der Steuerbehörde NAV, Ildikó Vida, gegenüber der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Nemzet eingestanden hatte, dass sie vom Einreisebann betroffen ist. Vida gelang es neuerlich, im Schlaglicht der Öffentlichkeit zu stehen.
Zuerst war sie am Sonntag Zielscheibe einer Demonstration, bei der ihr Rücktritt gefordert wurde (lesen Sie darüber unseren Bericht auf den nachfolgenden Seiten), dann rückte sie sich selbst ins Rampenlicht, indem sie am Montag mit ihrem Rechtsvertreter Barnabás Futó und einem Kamerateam des regierungsnahen Fernsehkanals Hír TV unerwartet die US-Botschaft in Budapest aufsuchte, um „Beweise“ zu bekommen, die ihr US-Einreiseverbot rechtfertigen.
Ehe sie das Botschaftsgebäude der Vereinigten Staaten betrat, erinnerte Vida daran, dass ihr Name bereits durch die Medien gegeistert sei, als das US-Einreiseverbot vom Geschäftsträger der US-Botschaft, André Goodfriend, noch gar nicht ausgesprochen war. Es sei erschütternd, so Vida, dass in einem Rechtsstaat so etwas geschehen könne: Statt auf die Beweise zu pochen, aufgrund denen ein Verfahren eingeleitet werden könnte, wird die betroffene Person diskreditiert.
Wie es der Zufall so wollte, stolperte André Goodfriend fast über die NAV-Direktorin, als er sich anschickte, das Gebäude der US-Botschaft für einen Spaziergang zu verlassen. Goodfriend zeigte sich überrascht über den unangekündigten Besuch von Vida. Nach einer etwas holprigen Kontaktaufnahme, bei der sich Vida durch mangelnde Englischkenntnisse beziehungsweise das Fehlen eines Dolmetschers blamierte, lud er die NAV-Chefin dann aber freundlich in sein Büro ein. Laut Medienberichten dauerte die Unterredung weit über eine Stunde.
Im Nachhinein zeigte sich Vida enttäuscht, hatte sie doch weder Anhaltspunkte noch Beweise erhalten, die ihr Einreiseverbot in die USA untermauern würden. „Wir haben überhaupt nichts erfahren, der Herr Geschäftsträger hat mehrmals davon gesprochen, dass dies eine Visumangelegenheit sei.“
Außerdem hätte es auch einen Hinweis auf das Dossier von András Horváth gegeben (der ehemalige Steuerkontrolleur Horváth trat im Frühjahr vor die Öffentlichkeit, um auf einen umfassenden und systematischen Mehrwertsteuerbetrug unter den Augen der NAV aufmerksam zu machen; Anm.). „Der Herr Geschäftsträger war überrascht darüber, dass in dieser Sache Polizeiermittlungen im Laufen sind. Er hatte geglaubt, dass es lediglich eine interne Untersuchung bei der NAV gegeben hat“, berichtete Vida.
Aus der US-Botschaft hieß es nach dem Treffen zwischen Vida und Goodfriend, dass es sich im Fall der NAV-Chefin um eine Visumangelegenheit handle, das heißt, sie müsse einen Antrag auf ein US-Einreisevisum stellen und dann darauf warten, ob sie ein solches bekomme. Vidas Rechtsvertreter Barnabás Futó zeigte sich empört darüber, dass von US-Seite keine konkreten Informationen herausgegeben wurden. Er verwies ferner darauf, dass von der ungarischen Staatsanwaltschaft keinerlei Verfahren gegen Vida eingeleitet worden sei.
Unterdessen stellte der Vorgesetzte von Ildikó Vida, Volkswirtschaftsminister Mihály Varga, die Frage in den Raum, was Vida denn konkret unterstellt werde. Varga betonte, dass auch bei der NAV-Direktorin die Unschuldsvermutung gelten sollte. Fidesz-Fraktionschef Antal Rogán erklärte am Montag im Parlament, dass André Goodfriend ein „Glaubwürdigkeitsproblem“ habe. Im Hinblick darauf, dass die US-Botschaft noch immer keine Beweise gegen Vida vorgelegt habe, sagte Rogán: „Ungarn ist nicht Guantánamo, hier kann man nicht diffamieren.“
Wie er sagte, wird von den USA deshalb nichts Konkretes preisgegeben, weil es einfach nichts gibt. Laut dem Fidesz-Fraktionsvorsitzenden ist die Zeit reif, einen neuen US-Botschafter in Ungarn einzusetzen, der Gewicht hat und mit der nötigen Gründlichkeit die Interessen seines Landes vertritt.