Mit dem 1. November hat in Ungarn auch wieder die Krisenzeit in der Obdachlosenversorgung eingesetzt. Dies bedeutet, dass die ohnehin schon an ihrer Belastungsgrenze operierenden Heime über den Winter mit zusätzlichen 20 Prozent Kapazität ihre Türen den Ärmsten der Armen öffnen. Und auch in diesem Jahr werden es wieder etliche sein, die keinen Einlass finden. Denn warme, sichere Schlafplätze gibt es noch immer nicht genug.
Dieser Tatsache ist sich scheinbar auch das Oberste Gericht, die Kurie, bewusst. Bereits im September urteilte sie, dass Teile des umstrittenen Obdachlosen-Erlasses der Hauptstadt rechtswidrig sind. In dem Urteil, das bewusst erst nach den Kommunalwahlen veröffentlicht wurde, heißt es klar, dass das Leben auf der Straße an sich nicht strafbar sein dürfe, „die Obdachlosigkeit an sich gibt keinen Grund dazu, Personen entweder in soziale Einrichten, in die Außenbezirke der Stadt oder in das Erdulden von Sanktionen zu zwingen“. Weiter heißt es, Obdachlose dürften nur von Orten verbannt werden, wo die zu schützenden Werte ausgesprochen und bewiesenermaßen durch Obdachlose gefährdet werden. Das örtliche Verbot für das Leben auf der Straße kann deshalb nur für die 32 Unterführungen der Stadt aufrechterhalten werden. Dass die Kurie damit ein richtungweisendes Urteil fällte, wird klar, betrachtet man den Werdegang des sogenannten Obdachlosen-Gesetzes. In erster Runde vom Verfassungsgericht gekippt, erhob der Fidesz die Grundlage für das Gesetz flink in Verfassungsrang. Nun hat also auch die Kurie die Kritiker des Verbots bestätigt. Mehr noch: Die Richter gaben ihren Bedenken Ausdruck und bitten das Verfassungsgericht erneut um eine Prüfung.
Situation auf den Straßen
Dieser Richterspruch mag zwar ein erster Schritt in Richtung Entkriminalisierung von Hilfsbedürftigen sein, allerdings zeigt die Situation auf den Straßen der Hauptstadt, dass immer mehr Menschen in existentieller Not leben. Viele, die auf der Straße um Almosen bitten, leben zwar in Wohnungen, kommen aber mit ihrer Rente und den Sozialleistungen nicht aus. Vor allem Frauen und Menschen mit Behinderung sind es, die in Unterführungen sitzen und stehen und stumm einen Becher halten, manchmal erklärt ein Schild ihre Situation. Doch auch immer mehr Menschen gelangen aus finanzieller Not auf die Straße. Die Lage in Obdachlosenheimen ist seit geraumer Zeit prekär, es fehlt überall an Geld. Nahrungsmittel, warme Kleidung für den Winter, Socken, Schuhe, Decken – all das wird gebraucht, kann aber nicht bezahlt werden. Die letzten sonnigen Herbsttage stehen bevor und schon jetzt haben Mitarbeiter von Hilfsorganisationen nur einen Wunsch: einen möglichst milden Winter.
Sollten Sie helfen wollen, aber nicht wissen wie, wenden Sie sich an elisabeth.grabow@bzt.hu