
Die Polizei sichert und untersucht einen Tag nach den Protesten gegen die Internetsteuer die Fidesz-Parteizentrale. (BZ-Fotos: Daniel Hirsch)
Nach der gestrigen Demonstration gegen die Internetsteuer, bei der zeitweise die gesamte Andrássy út voller Teilnehmer war und wegen der etwa Abschnitte des Großen Rings und der Dózsa György út für den Autoverkehr gesperrt waren, hat sich zumindest die Verkehrslage am Heldenplatz wieder normalisiert. Bis auf das Gebiet unmittelbar vor der Fidesz-Parteizentrale in der Lendvay utca, wo die Polizei den Fußgängern die Nutzung des Bürgersteigs verwehrt. Denn bei dortigen polizeilichen Untersuchungen werden am heutigen Montag die Schäden der gestrigen Randale am Ende der ansonsten friedlichen Demonstration sichtbar: der eingerissene Eisenzaun, haufenweise Elektroschrott, der gegen das Gebäude geworfen wurde, und nicht zuletzt die beschädigten Gebäudefenster bzw. die beschädigte Balkontür.

Die Menge an gegen das Gebäude geworfenem Elektroschrott ist erst bei Helligkeit in vollem Maße erkennbar.
Die Demonstration dürfte in dieser Form in doppeltem Sinne einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, wobei die Veranstalter einen solchen „Angriff“ auf die Fidesz-Zentrale nicht geplant hatten: der Elektroschrott hätte eigentlich vor dem Eingang abgelegt werden und eine sinnbildliche „Barriere“ des Fidesz gegen die Internetnutzung ds Volkes darstellen sollen, wie es in der Beschreibung des entsprechenden Facebook-Events zu lesen ist. Doch die Polizei hatte vorsorglich den Zugang zum Gebäude abgesperrt, so dass die Demonstranten allem Anschein nach keine andere Möglichkeit sahen, als die Gegenstände zu werfen. Bis auf die kleine Minderheit der zum Teil vermummten Randalierer, die vermutlich den „Ansturm“ auf das Gebäude bereits geplant hatten und überhaupt nur aus diesem Grund an der Demo teilnahmen. Seltsamerweise behinderte die Polizei sie zunächst bei ihren Taten nicht, erst nach über einer halben Stunde „Belagerung“ und mehreren Balkonbesteigungen bezogen Polizisten in Sturmmontur Stellung vor der Parteizentrale, um diese zu schützen.
Diese ungeplanten Gebäudebeschädigungen dürften der Sache nicht gerade dienlich sein, liefern sie doch der Regierungspartei (mal wieder) einen Grund, Proteste gegen ihre Maßnahmen als Taten von einigen wenigen Gewaltbereiten abzustempeln, anstatt sich mit dem eigentlichen Grund für die Proteste zu beschäftigen. Folgerichtig wurde auch umgehend am Montag vonseiten des Fidesz in einer Mitteilung die Gewalt verurteilt, der angerichtete Schaden auf 10 Mio. Forint beziffert und der Organisator der Demonstration, Balázs Gulyás als MSZP-Mitglied „enttarnt“, das die Veranstaltung somit nicht als frei von politischer Motivation hinstellen könne. Bis auf „Wir sind offen für den friedlichen Dialog“ wurde über den Inhalt des Protestes kein Wort verloren.

Durch den eingerissenen Zaun hindurch gelangten am Abend mehrere Randalierer bis auf den Balkon des Gebäudes.
Laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur MTI habe die Demonstration, zu der parallel auch welche in Pécs, Miskolc und Veszprém statt fanden, eine breite überparteiliche Unterstützung erfahren: sowohl LMP, Gemeinsam-Dialog für Ungarn, Demokratische Koalition (DK) und Jobbik hatten bereits vorab ihre Sympathien signalisiert, zudem mehrere Berufs- und Unternehmensverbände. In einer Mitteilung begrüßte am Montagmorgen die DK ausrücklich „den sich entfaltenden Widerstand gegen die Orbán-Regierung“, Gemeinsam-Dialog forderte gar aufgrund der Randalierer eine sofortige Einberufung des Parlamentarischen Ausschusses zur Nationalen Sicherheit; man wundere sich darüber, dass die Polizei diese anfangs nicht aufgehalten habe, hieß es einer Aussendung.
UPDATE:
Am heutigen Mittwoch ist der Bürgersteig vor der Fidesz-Parteizentrale immer noch für Fußgänger gesperrt. Zudem wurden vorsorglich ein Metallzaun um den gesamten Eingangsbereich aufgestellt und mehrere Richtung Lendvay utca gelegene Fenster des Gebäudes mit Holzspanplatten verbarrikadiert – auch unbeschädigte.
Zwei Beamte der Bereitschaftspolizei sind vor dem Gebäude postiert. Ob die Regierungspartei mit weiteren Angriffen auf ihre Zentrale rechnet, ist nicht bekannt, die aktuellen Maßnahmen erwecken aber eindeutig den Eindruck.