
US-Geschäftsträger André Goodfriend stellt sich der Presse: Hinsichtlich der Identität der sechs Bestraften hüllt er sich weiterhin in Schweigen. MTI-Foto: Attila Kovács
„Von unserer Seite können wir über keine neuen Entwicklungen berichten“, so André Goodfriend, der Geschäftsträger der USA-Botschaft am Freitag gleich zu Beginn einer Pressekonferenz zum US-Einreiseverbotsskandal. Kategorisch lehnte er es ab, auf Fragen nach den Namen der betroffenen Personen zu antworten.
Der US-Diplomat unterstrich, dass die ungarische Seite statt zu versuchen herausbekommen, um welche Namen es sich handelt, lieber überlegen sollte, wie beide Länder noch besser als Verbündete beim Kampf gegen die Korruption gemeinsam vorgehen können. „Die Vereinigten Staaten kooperieren bei der Zurückdrängung der Korruption gerne mit Ungarn“ erklärte er.
„Keine politische Motivation“
Wahrscheinlich als Reaktion auf den vielfach geäußerten Verdacht, bei den US-Einreiseverboten würde es nicht in erster Linie um Korruption, sondern in Wahrheit um etwas anderes gehen, erklärte Goodfriend, dass die US-Einreiseverbote nicht wegen Handlungen der ungarischen Regierung, sondern wegen der Tätigkeit der Betroffenen erlassen worden seien. Es handelt sich also um einfache Visumsangelegenheiten, bezüglich derer die Botschaft nicht berechtigt ist, die Öffentlichkeit zu informieren.
Weil da so sei, würde man auch von der ungarischen Regierung in dieser Angelegenheit keinerlei Schritte erwarten. Und noch deutlicher: „Hinter den Einreiseverboten gibt es keinerlei politische Motivation, es handelt sich nicht um eine Sanktion gegen das Land.“ Von daher würden die Einreiseverbote auch nur für Privatreisen der Betroffenen in die USA gelten und nicht für deren Reisen im Staatsauftrag.
Auf der anderen Seite stellt er aber auch klar, dass einzelne Maßnahmen der ungarischen Regierung durchaus zur Ausbreitung der Korruption beitragen würden. So etwa der Abbau von Transparenz aber auch der zivilen Sphäre. Die Vereinigten Staaten seien für einen offenen Dialog bereit, und würden gerne ehrlich gemeinte Kritik empfangen, denn das sei schließlich in einer Demokratie wichtig. Mit dieser Motivation würde man auch zivile Organisationen unterstützen, da nicht zuletzt sie es seien, die diese Kritik formulierten.
Die Vereinigten Staaten würden nicht nur Ungarn beobachten, sondern auch Geschehnisse in allen Ländern und – wenn es sein muss – die notwendigen Schritte einleiten. Gegen die Betroffenen wurde deswegen ein Einreiseverbot verhängt, da es Beweise gebe, dass sie an Korruption beteiligt gewesen sind.
Kritik am „negativen Trend“
Der Geschäftsträger erklärte weiterhin, dass Ungarn zur Wende Spitzenreiter gewesen sei. Beim friedlichen Übergang habe das Land beispielgebend dagestanden. Die gegenwärtigen Ereignisse würden aber einen negativen Trend aufweisen. „Wir möchten, dass die ungarische Regierung versucht, diesen Prozess zu stoppen, damit wir in Zukunft wieder leichter zusammenarbeiten können, sowohl als Verbündete als auch Freunde.“ Es sei kein Problem, wenn ein Land Moskau als Partner betrachtet. Gleichzeitig erinnerte der Geschäftsträger aber daran, dass auch Ungarn den Standpunkt der EU in der Ukraine-Frage unterstützt und sich mit den gegen Russland eingeführten Sanktionen einverstanden erklärt hatte.
Schließlich würdigte der Geschäftsträger noch, dass Ungarn als NATO-Verbündeter eine ausgezeichnete Leistung zeige und auch die militärische Zusammenarbeit ausgezeichnet sei. „Die militärische Zusammenarbeit zwischen Ungarn und den USA ist bisher ungestört, und sie sei innerhalb der amerikanisch-ungarischen Beziehungen beispielgebend.“
Premier Orbán wartet auf Beweise
Zum ersten Mal seit dem Ausbruch des US-Einreiseverbotsskandals äußerte sich auch Premier Viktor Orbán dazu. Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel kritisierte er, dass der ungarischen Seite noch immer weder die Namen, noch die Beweise vorliegen würden. Ohne diese könne man aber nichts unternehmen. In Ungarn könne die Staatsanwaltschaft ohne das Vorliegen konkreter Beweise keine Ermittlungen aufnehmen.