Im September lagen die Verbraucherpreise nach Angaben des Zentralamtes für Statistik (KSH) um 0,5 Prozent unter Vorjahresniveau. Einen dermaßen deutlichen Preisverfall gab es zuletzt im vorigen Dezember; da waren die Verbraucherpreise im Vergleich zum November um 0,5 Prozent gesunken.
Von einem Monat zum anderen kommen verständlicherweise größere Schwankungen vor, wenn etwa die Kraftstoffpreise auf die Rohölpreisnotierungen oder den Dollarkurs reagieren, oder aber wenn die Regierung amtliche Preisdiktate (Anhebung von Verbrauchsteuern oder Senkung der Wohnnebenkosten) verordnet. Der Jahresvergleich sagt schon mehr aus, weil sich darin die Quintessenz von Preiskämpfen in zwölf Monaten niederschlägt. Allerdings handelt es sich auch dabei wieder um eine „Momentaufnahme“, werden ja nur die Preisniveaus von zwei identischen Monaten miteinander verglichen. So lagen die Verbraucherpreise in den Monaten April, Mai und Juni ebenfalls unter Vorjahresniveau. Das hat zum Beispiel mit hohen Basiswerten zu tun: Im Frühjahr 2013 waren etwa die Preise für Lebensmittel und Dienstleistungen um 3,5-4 Prozent angezogen, im Frühjahr 2014 hingegen sanken die Lebensmittelpreise absolut und verteuerten sich Dienstleistungen nur noch um ca. 1,5 Prozent. Damit büßten diese Warengruppen ihre Rolle als Preistreiber ein.
Daneben spielte weiterhin der Staat eine immense Rolle bei der Inflationsentwicklung. Anfang 2013 hatte die Regierung die Verbrauchsteuern für Tabakwaren und Spirituosen so dramatisch hochgeschraubt, dass sich diese Produkte zweistellig verteuerten. Im Herbst und Winter wurde weiter an dieser Spirale gedreht, kommt es nun aber zu keinen weiteren Preisdiktaten des Staates, laufen diese Effekte allmählich aus. Genau das ließ die Politik der sinkenden Wohnnebenkosten nicht zu, denn die Energiekosten für die Privathaushalte wurden zum zweiten Mal im Herbst 2013 und im laufenden Jahr über drei Termine verteilt gesenkt. Mit zweistelligen Minusraten haben die Energiepreise praktisch im Alleingang die Inflation in Ungarn ausgelöscht.
Das trifft erstmalig auch für die mittlere Jahresinflation zu, die alle monatlichen Preiseffekte zusammengefasst darstellt und deshalb ein realistischeres Bild vermittelt. Für den Zeitraum Januar-September 2014 gab das KSH die Teuerung mit -0,1 Prozent an. Im August hatten wir noch von „null Komma nichts“ berichtet; im Vorjahr war die mittlere Jahresinflation bei 1,7 Prozent angelangt. Das war, wie unsere Graphik anschaulich zeigt, der mit Abstand niedrigste Wert seit dem Nachwendejahr 1991. Für die Herbstmonate versprechen die neue Runde der sinkenden Energiekosten (Strom ab September, Fernwärme ab Oktober), der relativ erstarkende Forint und die zuletzt dramatisch sinkenden Rohölpreise an der Inflationsfront nur Gutes. Ein neuer Rekord ist Ungarn sicher – die Frage lautet nun, ob am Ende ein Plus oder ein Minus vor der Null stehen wird.