Von Nils Blunck
Darauf haben viele Investoren gewartet: Der ungarische Staat hat letzte Woche Freitag die ersten Fördergeldprogramme ausgeschrieben.
Mit diesen Programmen sollen unter anderem sowohl Firmen als auch Gemeinden bei ihren Investitionen gefördert werden. So können Gemeinden für Projekte im Bereich Abwasser und Trinkwasser Zuschüsse beantragen. Eine wichtige Zielgruppe der Förderprogramme sind kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), die in ganz Ungarn, mit der Ausnahme von Komitat Pest und Budapest, Zuschüsse für Investitionen in Maschinen, Produktionsgeräten und in Hallenbau in einer Größenordnung von 10 Million bis zu 100 Million Forint erhalten können.
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst
Antragsteller können voraussichtlich ab dem 9. November bis zum 31. Dezember ihr Projekt einreichen, im Idealfall können sie mit einem Bargeldzuschuss von bis zu 50 Prozent der Investitionssumme rechnen. Allerdings stellen die Fördergelder kein Geschenk dar, der ungarische Staat verknüpft mit der Gewährung der Fördergelder auch Erwartungen. Sowohl der Antragsteller, als auch die Investition muss verschiedene Kriterien erfüllen.
So etwa benötigt ein Unternehmen drei abgeschlossene Geschäftsjahre, muss in der Produktion tätig sein und die Fördergelder dürfen den Umsatz des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres nicht übersteigen. Bei Infrastrukturmaßnahmen wird zudem eine Baugenehmigung vorausgesetzt. Weiterhin geht der Investor auch verschiedene langfristige Verpflichtungen ein, so muss er etwa die Mitarbeiteranzahl ausgehend von einem Basisjahr über zwei Jahre halten bzw. der Umsatz des Unternehmens muss zwei Jahre lang mindestens fünf Prozent wachsen. Es gilt hier schnell zu sein, da vermutlich die Gelder nach dem Windhundprinzip vergeben werden. Ähnliche Spielregeln gelten übrigens für ein weiteres Programm, welches die Teilnahme ungarischer Firmen an Messen im In- und Ausland fördert.
Es ist zu beachten, dass die Budgets für diese Programme sehr klein im Verhältnis zu den Budgets ähnlicher Programme der Vorjahre sind, so stehen etwa für die Maschineninvestitionen 8,5 Milliarden Forint zur Verfügung, in den früheren Jahren betrugen Budgets teilweise über 100 Milliarden. Während bei diesen früheren Programmen über tausend Firmen gefördert wurden, rechnet die Fördermittelverwaltung mit 150 bis 200 zu fördernden Firmen.
Ziel: Anhebung der Beschäftigungsquote
Die Ausschreibungen werden aus den Struktur- und Kohäsionsfondsgeldern der Europäischen Kommission finanziert. Die Gesamtsumme für die Jahre 2014-2020 beträgt rund 25 Milliarden Euro für Ungarn. Etwa 30 Prozent der Summe werden im Bereich Wirtschaftsentwicklung und -Innovation (GINOP) investiert. Das grundsätzliche Ziel des Programmes ist die Anhebung der Beschäftigungsquote durch Wirtschaftsinvestitionen. Weiterhin sollen die Innovationsfähigkeit, Kapazitäten und internationale Wettbewerbsfähigkeit der ungarischen Industrie- und Produktionsbranche gefördert werden.
Zu den weiteren operativen Programmen, die in der begonnenen siebenjährigen Periode durchgeführt werden sollen, gehört unter anderem auch das Programm IKOP (Verbesserung der Infrastruktur und des Verkehrsnetzes) und EFOP (Aus- und Weiterbildung), KEHOP (Förderung von umweltfreundlichen und energieeffizienten Investitionen), VEKOP (ein Programm für die Wirtschaftsentwicklung von Budapest und dem Komitat Pest), sowie Programme zur Stadt- und Regionalentwicklung (TOP) und für die Entwicklung der öffentlichen Verwaltung und des öffentlichen Dienstes (KÖFOP).
Für Großinvestitionen, das heißt Investitionen ab 10 Millionen Euro, in bestimmten Regionen sogar ab 20 Millionen Euro, bietet die ungarische Regierung eine gesonderte Förderungsschiene an. Die Zielgruppe dieser Förderung sind Großunternehmen, die Arbeitsplätze in großer Anzahl schaffen. Diese Investitionen werden, im Gegensatz zu Struktur- und Kohäsionsfonds, aus dem ungarischen Staatshaushalt finanziert.
Darüber hinaus bietet die EU interessierten und geeigneten Unternehmen auch die Förderung von multinationalen Projekten an, so etwa mittels des Programms Horizon 2020, welches Forschung und Entwicklung im Bereich IT und Energie durch die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Universitäten beziehungsweise Hochschulen finanziert. Auch gibt es spezielle Programme, die durch den Ausbau von Wirtschaftskontakten, kleineren Infrastrukturprojekten Kooperation mit den Nachbarländern Ungarns fördern.
Voraussichtlich im Januar 2015 wird die ungarische Regierung die operativen Fördermittelprogramme in großer Anzahl veröffentlichen, dann ist wohl auch zum einen mit größeren Programmbudgets, auch für den Bereich Wirtschaftsförderung, zum anderen mit der Öffnung für alle Größenordnungen von Mikrounternehmen bis hin zu Großunternehmen, zu rechnen.
Der Autor ist seit rund 20 Jahren im Fördermittelgeschäft tätig und hat seitdem sowohl für die Europäische Union als auch für ungarische Ministerien und staatliche Institutionen, sowie für kleinere, mittlere und Großunternehmen erfolgreich gearbeitet. Sein Team verfügt über deutsche und englische Sprachkenntnisse und ist auf die Beratung von Unternehmen mit einem internationalen Hintergrund spezialisiert. Bei Fragen und weiterem Informationsbedarf kontaktieren Sie bitte die Firma Blucron und ihren Geschäftsführer Nils Blunck (nblunck@blucron.com; www.blucron.com).