Neue Busse in der Hauptstadt sind bei der Budapester Zeitung ein Dauerthema: Vor drei Wochen berichteten wir etwa über die Auszeichnung der evopro-Modelle als „Budapest Márka“ und vergangene Woche über die Vorstellung der Hybridbusse der Marke Rába-Volvo, die bis Anfang 2015 die Flotte des Budapester Verkehrszentrums (BKK) um 28 Stück ergänzen sollen. Letzteres schickte unserer Redaktion wegen den in dem evopro-Artikel gegen sie erhobenen Vorwürfen seitens evopro eine Stellungnahme mit der Bitte um Veröffentlichung. Bei den Hybrid-Bussen versuchten wir wiederum heraus zu finden, wie „ungarisch“ diese eigentlich sind.
Csaba Mészáros, Inhaber und Vorstand der evopro-Gruppe hatte gegenüber der Budapester Zeitung das BKK wegen dessen Bus-Ausschreibungen kritisiert (in Budapest sind – im Gegensatz zu anderen ungarischen Gemeinden – keine neuen Busse aus ungarischer Produktion unterwegs, nur einige veraltete Ikarus; Anm.). Hinsichtlich der öffentlichen Beschaffung könnte bei der Vorgehensweise von BKK-Vorstand Dávid Vitézy vieles in Frage gestellt werden, so der Manager wörtlich. Vitézy habe nicht verstanden, dass die Zukunft Europas und Ungarns von der Innovation abhängt. Ein Teil der Neuindustrialisierung Ungarns liege laut Mészáros in der Entwicklung und Herstellung von neuen ungarischen innovativen Produkten (er meint etwa Busse).
Das BKK reagierte auf diese Vorwürfe wie folgt: Der evopro-Inhaber habe mit seinen Aussagen angedeutet, dass das Ergebnis der Ausschreibungen – keine ungarischen Hersteller gewannen – auf das Vorgehen von Vorstand Vitézy zurück zu führen sei, was aber nicht der Wahrheit entspreche. Es hätten sehr wohl ungarische Hersteller Tender für sich entschieden, etwa sei im Sommer entschieden worden, dass 15 neue, in Ungarn montierte (!) Busse der Marke Ikarus (ungarischer Traditionshersteller, in den 1980er Jahren zeitweilig einer der größten der Welt; nach Insolvenz schloss das Werk 2007, seit 2010 wird es wieder als Karosserie- und Fahrzeugteilfabrik betrieben; Anm.) in Budapest ihren Betrieb aufnehmen werden.
BKK: Ungarische Hersteller zu teuer
Evopro selbst habe an der Ausschreibung in der Midibus-Kategorie teilnehmen können, das Unternehmen sei laut BKK jedoch nicht über die Verhandlungsrunde hinausgekommen. Aufgrund seiner Inhaberverflechtung mit der ebenfalls sich bewerbenden MABI BUS Kft. habe es aber sowieso keine zwei Anträge gleichzeitig stellen können. Daher sei unklar, mit welchem Bus evopro bei der Ausschreibung überhaupt teilnehmen wollte. MABI BUS habe letztendlich neben Siemens-Rampini das einzige gültige Angebot abgegeben, durch den höheren Preis sei aber auch diese Firma ausgeschieden.
Mészáros wolle mit seiner Aussage den Eindruck erwecken, dass der BKK-Vorstand persönlich den Ausgang der Ausschreibungen beeinflusst habe, was aber nicht der Fall sei, heißt es weiter, man setzte sich für einen breiten Wettbewerb ein. Obwohl man bei den Ausschreibungen ungarische Hersteller nicht bevorzugen dürfe, habe man immerhin auch Bewerbungen ohne Referenz zugelassen, das heißt, dass man sich als Hersteller auch mit Bussen bewerben konnte, die nirgendwo verkehren. Erfahrungsgemäß machten die ungarischen Produzenten jedoch solch teure Angebote, dass ein Zuschlag unmöglich sei, so das Verkehrszentrum weiter. Zudem offerierten ausländische Hersteller gegenüber den ungarischen gleichwertige Technik auch inklusive Garantien. „An Ausschreibungen können ungarische Hersteller durchaus erfolgreich teilnehmen, für Budapest und dessen öffentlichen Verkehr ist jedoch der Zulieferer mit dem wettbewerbsfähigsten Angebot entscheidend“, so die Stellungnahme.
NFM liefert keine eindeutigen Antworten
Eine anderer Bustyp wird dagegen auf politischer Ebene gefördert: der neue Hybridbus von Rába-Volvo. Entwicklungsminister Miklós Seszták hatte bei der Vorstellung der ersten Modelle vor zwei Wochen in Budapest gesagt, dass die zwischen Volvo und Rába bestehende Vereinbarung „dem Bau der Zukunft“ diene. Das Nationale Entwicklungsministerium (NFM) nimmt die Eigentümerrechte für den mehrheitlich staatlichen Teil der Automotive-Firma Rába wahr, die Anfang 2013 mit Volvo eine Kooperation einging. Auf unsere Erkundigung nach dem Preis des soeben vorgestellten Hybridbusses antwortete man dort wenig konkret, dass dieser immer von den Wünschen des Kunden, der bestellten Stückzahl und weiteren Faktoren abhänge: „Dementsprechend legen wir keinen „Listenpreis“ fest und veröffentlichen diesen auch nicht, denn das könnte zu Missverständnissen führen.“ Der Preis sei aber nicht geheim, da es sich um eine öffentliche Ausschreibung gehandelt habe. Eine eigene Suche auf bkk.hu ergab, dass das BKK 1,9 Mio. Kilometer/Jahr erwartet und pro geleistetem Kilometer 959 Forint zahlt.
Außerdem fragten wir nach, welche Komponenten des neuen Busses eigentlich von Rába hergestellt worden seien beziehungsweise wie viel Prozent ungarische Wertschöpfung in den „ungarischen“ Bussen stecken. Darauf antwortete das NFM, dass es sich um ein Produkt der Marke Volvo handele, das Rába in einer „lokalisierten“, also den lokalen Bedürfnissen angepassten Version liefern werde. Im Rahmen der Kooperation würden einzelne von Rába oder anderen ungarischen Herstellern gefertigte Teile eingebaut (etwa Sitze, Fenster etc.). Mit steigender Zahl der so nach Budapest gelieferten Busse würden auch die ungarischen Anteile in jedem einzelnen Modell steigen. Darüber, wie hoch der ungarische Wertschöpfungsanteil bei den 28 Bussen genau sei, gab das Ministerium auf erneute Nachfrage bis zum Redaktionsschluss keine Auskunft. In der vorigen Auskunft wurde stattdessen darauf hingewiesen, dass das „wichtigste Element“ der zwischen Rába und Volvo bestehenden Kooperationsvereinbarung, eine sogenannte „Gegenposten-Übereinkunft“ sei, die besagt, dass Volvo seine gesamten, im Rahmen von öffentlichen Bestellungen erzielten Einnahmen wieder vollständig in Ungarn ausgebe.