Das Jubiläum der ungarischen Grenzöffnung 1989 vor genau 25 Jahren dient dieses Jahr vielen Veranstaltungen und Vorträgen als Thema. Auch in der Aula der Deutschen Schule Budapest drehte sich Ende September alles um die historischen Ereignisse vor einem Vierteljahrhundert. Andreas Oplatka von der Andrássy Universität Budapest ließ die Geschichte Revue passieren.
Woher wusste die ostdeutsche Stasi die genaue Zahl der DDR-Bürger, die im Sommer 1989 bis zum 18. August über die doch nicht so offene ungarisch-österreichische Grenze in die Freiheit geflohen waren? „Damit ist die Zahl der illegalen Grenzübertritte bereits höher als im ganzen Jahr 1988” heißt es – besorgt oder empört – in dem Bericht, den Professor Andreas Oplatka in der Berliner Behörde für die Stasi-Unterlagen gefunden hat. Wer eine trockene Vorlesung erwartet hatte, wurde angenehm enttäuscht. Nach 75 Minuten bat der Referent seine Zuhörer um Vergebung, dass er ihre Geduld so lange strapaziert habe. „Ihnen könnten wir noch stundenlang zuhören, so spannend können Sie erzählen” erwiderte Moderator Dieter Uesseler.
Der 1. Deutschsprachige Lions Club „Thomas Mann” Budapest hatte zu einer Vortragsveranstaltung mit Professor Andreas Oplatka zum Thema „Die Grenzöffnung vor 25 Jahren” eingeladen. Rund 60 Zuhörer waren am 30. September in die Aula der Deutschen Schule Budapest (DSB) gekommen. Sie wurden vom Schulleiter der DSB, Thomas Mahrenholtz, begrüßt. Der Club hat ein Kooperationsabkommen mit der DSB. Er organisiert und fördert verschiedene Wohltätigkeitsprojekte, die freiwilligen Spenden des Abends werden für das Schulranzen-Projekt des Clubs verwendet.
Professor Andreas Oplatka (Andrássy Universität Budapest) ist 1942 in Budapest geboren und kam 1956 in die Schweiz. In Zürich und Wien studierte er Germanistik und Geschichte. 1968 wurde er außenpolitischer Redakteur der Neuen Zürcher Zeitung, als deren Korrespondent er in Stockholm, Paris, Moskau und Budapest arbeitete. Vor fünf Jahren ist er mit der Publikation “Der erste Riss in der Mauer” (Zsolnay / Wien) hervorgetreten. Dieses gut recherchierte Buch bildete die Grundlage des mit Fotos und Dokumenten illustrierten Vortrags. Die Politik des Reformpolitikers Imre Pozsgay und von Ministerpräsident Miklós Németh sowie seiner Minister Horn und Horváth wurde so dem Auditorium transparent.
Und woher wusste die Stasi nun die tagesaktuelle Zahl der Flüchtlinge? Oplatka stellte seinen Zuhörern anheim, darüber zu spekulieren, wo der Spitzel platziert war: in der österreichischen Gendarmerie des Burgenlandes oder in der bundesdeutschen Botschaft in Wien. Dorthin wandten sich nämlich die DDR-Bürger, denen die Flucht gelungen war.