Zirkus – das Wort erweckt in vielen Menschen Kindheitserinnerungen. Wilde Tiere, aberwitzig geschickte Akrobaten, Zauberkünstler, bei denen man sich nie ganz sicher sein kann, was echt ist und was nicht. Gleichzeitig erscheint der Zauber im schnelllebigen 21. Jahrhundert, in der Welt der 3D-Filme und Computerspiele, etwas verstaubt. Dass Zirkus auch heutzutage noch aufregend und modern sein kann, zeigt in Budapest seit einigen Jahren das Freak Fusion Cabaret. Die Budapester Zeitung sprach mit András Mező, Mitglied und gleichzeitig Manager der Zirkusgruppe.
Als „modernen, etwas düster angehauchten Zirkus“ beschreibt András Mező das Freak Fusion Cabaret. Sein Programm ist bunt gemischt, neben Jongleuren und Akrobaten – ob auf dem Seil oder vom Tuch hängend – treten etwa BMX-Artisten oder Beatboxer auf. Live werden sie von der Band Óperentzia begleitet: „Ohr und Auge sollen gleichzeitig gefordert werden; wir möchten die Grenzen zwischen den Kunstformen verwischen“, sagt Mező. Er ist seit der Gründung im Jahr 2010 als Jongleur mit dabei, daneben tourt er mit der Feuer-Jonglagegruppe Firebirds durch Europa.
Ursprünglich kam das Freak Fusion Cabaret nur für einen Auftritt zusammen – die Gruppe bildete sich aus Budapester Artisten verschiedener Formationen, um Geld für den Erhalt ihres gemeinsamen Übungsraumes zu sammeln. Der erste Auftritt fand beim Publikum aber derartigen Anklang, dass im folgenden Jahr immer wieder Wünsche nach erneuten Auftritten aufkamen. Seitdem hat sich die Gruppe zu einem etablierten Mitglied der Budapester Artistenszene entwickelt.
Der Name Freak Fusion Cabaret ist eine Anlehnung an die Kuriositätenkabinette, die früher bei Wanderzirkussen mitreisten: „Uns geht es aber nicht um Freaks im körperlichen, sondern im sozialen Sinne“, gibt Mező zu verstehen. „Der Name ist auch durchaus persönlich gedacht – viele von uns haben sich lange als Freaks und Außenseiter verstanden. Auch mir hat erst der Zirkus, das Jonglieren ein Ziel im Leben gegeben.“
Vom Hotelmanager zum BMX-Akrobaten
Die insgesamt etwa 30 Artisten des Freak Fusion Cabaret sind allesamt Autodidakten und arbeiten oft gleichzeitig in eher bürgerlichen Berufen: Sie sind Architekten oder Informatiker, auch ein Hotelmanager tritt als BMX-Akrobat auf. Ihr Programm erarbeiten die Artisten meist ohne Regisseur. Jeder hat die Möglichkeit, seine eigenen Ideen zu einer Auftrittsnummer zu entwickeln – oft ein langwieriger Prozess. In einer drei bis vier Minuten langen Auftrittsnummer steckt ein halbes Jahr harte Arbeit, die der Zuschauer nicht sieht. Den Erfolg der Gruppe erklärt sich Mező mit der Begeisterung, die hinter dieser harten Arbeit steckt: „Ich denke, man sieht, dass wir es ehrlich meinen – Zirkus ist unser Lebensziel. Wir möchten Spaß am Leben verbreiten und dem Zuschauer ein Stück kindliche Freude zurückgeben.“
Ein „schneller, höher, weiter“ ist Mező bei seinen Auftritten fern: „Mir geht es nicht darum, mit möglichst vielen Objekten oder möglichst spektakulär zu jonglieren. Was mich interessiert, ist das Spiel mit alltäglichen Dingen. Die berühmten Illusionisten inspirieren mich. In Zukunft möchte ich einmal mit einer echten Illusionsnummer auftreten. Ich experimentiere auch gern mit visuellen Techniken. Wenn der Zuschauer für einen Moment nicht weiß, was echt ist und was nicht, habe ich mein Ziel erreicht.“
Der frühere „Freak“ hat so seinen Platz im Leben gefunden. „Ich möchte um keinen Preis mit einem anderem tauschen“, sagt Mező. „Ich habe eine große Chance bekommen und möchte anderen etwas zurückgeben.“ Gesellschaftliches Engagement ist ihm daher sehr wichtig. Das Freak Fusion Cabaret tritt oftmals für wohltätige Zwecke ohne Gage auf. Daneben bringen ihre Mitglieder bei einem Projekt in der Dr. Ámbédkar-Schule in Sajókaza Roma-Jugendlichen in Workshops das Jonglieren bei – und geben ihnen in der Folge die Möglichkeit, mit ihren neu erlernten Künsten in Budapest aufzutreten.
„Grüße aus Freakistan“
Ihr gewohntes Zirkusumfeld verließ die Gruppe im Jahr 2013 teils für ihr Stück „Grüße aus Freakistan“, eine Mischung zwischen Theater und Artistik. Unter der Leitung des ungarischen Regisseurs Balázs Simon und mithilfe von Theaterunterricht konzentrierte sich das Freak Fusion Cabaret darauf, auf der Bühne eine Geschichte erzählen. Das titelgebende „Freakistan“ stellt dabei eine „Welt zwischen den Welten“ dar, ein Land der Ausgestoßenen, deren Leben die Ankunft einer jungen Frau durcheinanderbringt. Inspiriert wurde das Stück von Geschichten aus dem Leben der Artisten. „Wir sind stolz auf ,Freakistan’, die Zuschauer waren sehr zufrieden und alle Vorstellungen ausverkauft“, zieht Mező ein positives Fazit. Dennoch soll das Freak Fusion Cabaret vorerst zu seinem Varieté-Programm zurückkehren: „Letztlich bin ich der Meinung, dass man uns nicht in einem festen Stück einfangen kann.“
Und die Zukunft? Gerade bereitet das Freak Fusion Cabaret eine große Ungarntournee vor. Später möchte Mező auch gerne auf Kulturfestivals im Ausland auftreten. „Damit warten wir aber noch etwas. Wir sind alle keine Profis, aber wenn wir im Ausland auftreten, soll es perfekt sein. Ungarn ist quasi ein großer Übungsraum für uns.“ Es lässt sich hoffen, dass das Freak Fusion Cabaret auch außerhalb Ungarns seinen Erfolg fortsetzen kann.
Weitere Informationen unter www.facebook.com/FreakFusion