Die Kandidatur von Ferenc „Ice Bucket Challenge“ Falus für das Amt des Oberbürgermeisters wirkte von Anfang an nicht gerade überzeugend. Unter chaotisch anmutenden Umständen und mit wenig nachvollziehbaren Gründen von den linken Parteien gewählt, um allen Ernstes den kraftstrotzenden Amtsinhaber István Tarlós zu beerben, erweckte der politische Nobody Falus dann eher den Eindruck, er sei über seine neue Rolle mindestens ebenso überrascht wie die Betrachter dieser merkwürdigen Personalentscheidung.
Die, die ihm diese Rolle zugedacht hatten, schienen bereits unmittelbar nach Falus‘ Nominierung schon wieder die Lust an ihrem Spitzenkandidaten verloren zu haben. Sie ließen ihn zunächst so im Regen stehen, wie später er sich selbst. Aber Respekt: Abgesehen von dieser verzweifelten Eiswasser-Aktion versuchte er seine Rolle trotzdem mit dem größten Ernst zu spielen. Bei Auftritten bemühte er sich durchaus so zu wirken, als wäre er tatsächlich der beste Mann, den die in Budapest sonst gar nicht so schlecht vertretene Linke in Sachen OB-Kandidaten aufzubieten hatte. Am Montag wurde Falus dann jedoch endlich von seiner glücklosen Rolle befreit (Siehe dazu unseren Artikel auf der Seite 7).
Die ganze Misere um Falus wirft einmal mehr ein kritisches Licht auf die seit Jahren abgründige, oder drücken wir es weniger negativ aus: rätselhafte Personalpolitik der MSZP. Apropos: Was macht eigentlich ein gewisser József Tóbiás auf dem Stuhl von Gyula Horn? Doch zurück zum aktuellen MSZP-Personal-Lapsus! Nachdem sich die Partei in Budapest mit anderen Linkskräften viel zu spät auf einen gemeinsamen Spitzenkandidaten festlegen konnte, hielt sie trotz schnell festgestellter fehlender Eignung viel zu lange an ihm fest und ließ ihn konsequenterweise dann auch erst in letzter Minute fallen.
Durch diesen beeindruckenden Negativ-Husarenstreich stehen nun auf einmal Zehntausende Linke in Budapest vor dem Dilemma, in Sachen OB-Wahl orange, grün, liberal, rechtsradikal, gar nicht oder halt Bokros wählen zu müssen!!! Also genau den neoliberalen Schnurrbartträger, der sich als sozialistischer Finanzminister 1995 mit dem nach ihm benannten Spar-Paket in den Herzen der meisten Ungarn so richtig verewigt hat. Bei überzeugten Linken dürfte sich selbst MSZP-Zertrümmerer Gyurcsány noch einer größeren Popularität erfreuen als Bokros. Nach all dem fragt man sich jetzt langsam, warum sich die MSZP überhaupt an der Budapester OB-Wahl beteiligt, und ihr Geld nicht lieber in die Rückzahlung ihrer beträchtlichen Schulden gesteckt hat…
Übrigens: Wer sich bei diesen despektierlich erscheinenden, dabei aber rein von sachlichen Erwägungen geleiteten Zeilen in der Meinung bestätigt fühlt, die Budapester Zeitung sei ein „Regierungsblatt“, dem möchte ich an dieser Stelle noch die mir kürzlich zugetragene Bemerkung eines Regierungsmitglieds über dieselbe Zeitung wiedergeben. „Die ist ja nicht gerade regierungsfreundlich!“, stellte dieser fest, als das Gespräch auf die Budapester Zeitung kam, um aber gleich darauf sportlich fortzusetzen: „Das ist auch gut so, dann wird sie wenigstens gelesen!“
Richtig! Genau das ist ja auch unser Ziel! Und so wird es in dieser Zeitung auch weiterhin neben Kritik an kritikwürdigen Handlungen der Regierung, was ja die ureigene Aufgabe von Nachrichten-Medien ist, auch immer wieder Kritik an anderen Erscheinungen des ungarischen Alltags geben. Bitte versuchen Sie unsere Zeitung also einfach nur zu lesen und machen Sie sich nicht nach jedem Artikel die Mühe, über die politische Einordnung der gesamten Zeitung nachzudenken. Ersteres bringt einfach mehr, beziehungsweise letzteres rein gar nichts.
Jan Mainka
Chefredakteur & Herausgeber