Premier Viktor Orbán hat wohl keinen loyaleren Politiker in den Reihen der nationalkonservativen Regierungspartei Fidesz als Péter Szijjártó, 35, der seit Mittwoch vergangener Woche Minister für Außenpolitik und Außenhandel, also Ungarns neuer Außenminister ist. Szijjártó war 16 Jahre alt, als er Orbán zum ersten Mal persönlich traf.
Der heutige Regierungschef wurde seinerzeit in das Benediktiner-Gymnasium in der westungarischen Stadt Győr eingeladen, um dort einen Vortrag zu halten. Für Szijjártó, der damals Schüler des Gymnasiums war, war das Treffen mit Orbán ein einschneidendes Erlebnis. Nach eigenen Worten hat er damals zu seinen Schulkameraden gesagt: „Es ist ein großer Traum von mir, Viktor Orbán kennenzulernen und neben ihm zu arbeiten.”
Von der Bewunderung für Orbán angetrieben trat Szijjártó 1998 dem Fidesz bei. Der ruhelose und arbeitswütige politische Jungspund machte sich in Győr rasch einen Namen. Mit erst 23 Jahren gelangte er 2002 zum ersten Mal als Abgeordneter ins Parlament. In der Folge setzte sich sein kometenhafter Aufstieg weiter fort. Zwischen 2005 und 2009 war er Vorsitzender der Jugendorganisation des Fidesz, Fidelitas.
Unglaubliches Arbeitstempo
Seine damaligen Parteikollegen erinnern sich an einen höchst ambitiösen Menschen, der seinen Mitarbeitern dasselbe höllische Arbeitspensum abverlangte wie von sich selbst. Nicht selten dauerte ein Arbeitstag für Szijjártó von fünf am Morgen bis zehn am Abend. Bisweilen kam es auch vor, dass er seine Mitarbeiter am Sonntagmorgen um sieben aus dem Bett holte, um mit ihnen diverse Projekte zu besprechen.
Szijjártó ordnete von Anfang an alles seiner Polit-Karriere unter. Ausschweifungen waren für ihn immer schon tabu. Wenn er auf Partys ging, was selten der Fall war, dann sah man ihn zumeist mit einer Flasche Cola in der Hand schüchtern herumstehen. Szijjártó trinkt weder einen Schluck Alkohol noch raucht er. Nach eigenen Worten wird ihm schon vom Geruch des Alkohols schlecht. Seine Lieblingsthemen sind seit jeher der Fußball und die Politik. Als Kind hegte er den Traum, Fußballer zu werden.
Leidenschaftlicher Futsal-Spieler
Dieser Traum ist insofern wahr geworden, als er in seinem heutigen Wohnort Dunakeszi (nördlich von Budapest gelegen) für den örtlichen Futsal-Verein spielt (Futsal ist eine Variante des Hallenfußballs). Laut seinen Mannschaftskollegen ist er auch hier ein verbissener Maximalist. So vermag er nach einem Spiel noch stundenlang die Fehler zu analysieren, die seine Mannschaft begangen hat. Die fanatische Begeisterung für den Fußballsport verbindet ihn natürlich auch mit seinem politischen Vorbild und Mentor Viktor Orbán.
Seine ersten politischen Lorbeeren erntete Szijjártó, als er Vorsitzender jener Untersuchungskommission wurde, welche die „Bereicherung” von Ex-Premier Ferenc Gyurcsány (2004-2009) unter die Lupe nahm. Bei dieser Tätigkeit wurde auch Viktor Orbán auf ihn aufmerksam. Der redegewandte und selbstbewusste Szijjártó wurde daraufhin prompt zum Sprecher des Fidesz berufen – neben Gabriella Selmeczi.
Fidesz-Gründungsmitglied Tamás Deutsch, der gewissermaßen als sein Entdecker gilt, hält große Stücke auf Szijjártó. Für Deutsch ist er einer der talentiertesten Politiker der „zweiten Generation” des Fidesz, zu der auch der heutige Kanzleramtsminister János Lázár und Fidesz-Fraktionschef Antal Rogán gehören. Vor allem sein politisches Gespür und Kommunikationstalent haben es Deutsch angetan.
Ein Jugendtraum wird wahr
Szijjártó gelang es rasch, auch Orbán von seinen politischen und rhetorischen Fähigkeiten zu überzeugen: Im Jahr 2010 ernannte ihn Orbán zu seinem persönlichen Sprecher im Amt des Ministerpräsidenten. Für Szijjártó ging damit einer der größten Jugendträume in Erfüllung. In den Folgejahren mutierte der Polit-Parvenü gleichsam zum Schatten Viktor Orbáns. Dies ging sogar so weit, dass er einmal in Orbáns Sakko nach Hause spazierte, weil er es mit seinem eigenen verwechselt hatte.
Szijjártó arbeitete insgesamt zwei Jahre lang als Sprachrohr des Regierungschefs. 2012 erfolgte dann der nächste Karrieresprung: Er wurde vom Premier zum Staatssekretär für Außenhandel bestellt. Zu seinen vordringlichen Aufgaben gehörte dabei die Öffnung der ungarischen Wirtschaft in Richtung Osten, sprich Russland, Türkei, China und Asien.
Der vorläufige Karrierehöhepunkt Szijjártós, seine Ernennung zum Minister für Außenpolitik und Außenhandel, war schon während der Zeit der Regierungsbildung nach den diesjährigen Parlamentswahlen im Frühjahr ein offenes Geheimnis, schließlich war bereits abzusehen, dass Tibor Navracsics im Herbst aus dem Außenministerium nach Brüssel in die EU-Kommission wechseln würde.
Ungereimtheiten bei Hauskauf
Kaum zum Außenminister ernannt, begannen sich die ungarischen Medien noch stärker für sein Privatleben zu interessieren. Dabei fanden sie unter anderem heraus, dass der Außenminister für die stattliche Summe von 167 Millionen Forint (rund 540.000 Euro) eine mehrere hundert Quadratmeter große Luxusvilla als Familienheim in Dunakeszi erworben hatte. Das Ehepaar Szijjártó hat übrigens zwei kleine Kinder.
Auf die Frage des Fernsehsenders RTL Klub, woher er so viel Geld habe, antwortete Szijjártó, dass die Finanzierung des Hauses aus eigenen Ersparnissen in Höhe von 80 Millionen Forint sowie aus Mitteln seiner Frau und ihrer Eltern (20 Millionen Forint) und seiner eigenen Eltern (67 Millionen Forint) erfolgt sei. Wenig später revidierte er diese Angaben jedoch: So stammten 68 Millionen Forint aus eigenen Ersparnissen, 20 Millionen kämen von seiner Frau und ihren Eltern und die restlichen 79 Millionen von seinen eigenen Eltern.
Regierungskritische Medien und die Opposition fragen sich nun, woher Szijjártó, der sich bisher ausschließlich als Politiker verdingte, so viel Geld anhäufen konnte und warum er sich bei der Beschreibung der Finanzierung seines neuen Luxusheims derart in Widersprüche verstrickt hat.
Obama wird zurechtgewiesen
Scharfe Kritik erntete Szijjártó aber auch für seine allererste Amtshandlung, die darin bestand, US-Präsident Barack Obama schroff in die Schranken zu weisen. Obama hatte zuvor unter anderen auch Ungarn kritisiert, den Handlungsspielraum von Nichtregierungsorganisationen einzuschränken. In einer Presseerklärung aus dem ungarischen Außenministerium hieß es dazu lapidar, dass die Äußerungen Obamas „keine reale Grundlage” hätten. Das ungarische Volk sei ein freiheitsliebendes Volk, das keinerlei Beschränkung seiner Freiheit dulde, hieß es am Ende der kurzen Erklärung.