Bereits vergangene Woche hatte das ungarische Ingenieursbüro seine neueste Innovation, den weltweit ersten Elektrobus mit Komposit-Midi-Karosserie in Buda präsentiert (wir berichteten). Vergangene Woche Donnerstag wurde evopro für diesen Bus von der Hauptstadtverwaltung mit der „Budapest Márka“-Auszeichnung geehrt. Ob die Busse künftig auch in der Hauptstadt verkehren werden, bleibt jedoch zunächst noch abzuwarten.
Wie Vize-Oberbürgermeister Tamás Szentes erklärte, sei eine Voraussetzung für die Ehrung, etwas Hochqualitatives anzubieten, das den Namen der Hauptstadt bekannter mache, und dies sei bei evopro im Falle des Elektrobusses Modulo hundertprozentig gegeben. „Ingenieurskunst und die Automobilindustrie haben einen immer stärkeren Anteil am ungarischen GDP, es gibt aber im Vergleich zum EU-Durchschnitt noch viel aufzuholen, weshalb die Regierung auch ein entsprechendes Programm verabschiedet hat“, so Szentes. Evopro trage mit seinen Produkten für mehr Nachhaltigkeit in Budapest bei und werde der Stadt hoffentlich auch weiterhin noch viele gute Dienste leisten.
Das 2001 gegründete Unternehmen arbeitet eng mit Hochschulen, etwa der Technischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Universität Budapest (BME), wo auch der evopro-Vorstand selbst studiert hatte, zusammen. Grund genug für den für Hochschulbildung verantwortlichen Staatssekretär László Pálkovics diese Zusammenarbeit zu loben: „Durch die Kooperation mit den Hochschulen entstehen bei evopro Technologien auf Weltniveau, dies stellt eine gute Möglichkeit für die ungarische Wirtschaft dar. Das Zusammenwirken von Politik, Wirtschaft und Forschung legt die Richtung der Innovationen fest und gibt Anstöße dazu.“ Ohne Unterstützung, etwa durch die Universitäten, könnten Unternehmen auch nicht das volle Potenzial an Förderhilfen abrufen, weshalb schon allein deshalb weiterhin eine enge Zusammenarbeit anzustreben sei.
Noch mehr Entwicklung in Ungarn
In einer emotional gefärbten Rede bedankte sich der Inhaber und Vorstand der evopro-Gruppe, Csaba Mészáros für die Auszeichnung und die Arbeit seiner Angestellten: „Basierend auf der traditionellen ungarischen Ingenieurskunst wurde ein Unternehmen auf Weltniveau geschaffen, wir freuen uns über jede Bestätigung dafür. Der Mensch und sein Wissen sind ein Perpetuum mobile, da immer wieder etwas Neues geschaffen wird, und dies haben wir verinnerlicht, dies spiegelt auch unser Logo wieder.“ Die harte Arbeit von evopro sei zwar nicht immer sichtbar, werde aber alltäglich genutzt, etwa wenn Pakete vom Budapester Flughafen nach München geliefert werden. „Ich danke allen ausländischen Unternehmen, die uns ungarischen Ingenieure vertrauen“, so Mészáros, der früher als Programmierer in Deutschland gearbeitet hatte. „Wir müssen Programme starten, damit sie ihre Entwicklungsprojekte hierher bringen beziehungsweise damit wir in Kooperation mit der ungarischen Forschung noch mehr eigene Entwicklungen starten können.“ Der Vorstandsvorsitzende der Evopro Holding Zrt. Balázs Bodnar fügte hinzu, dass die „Budapest Márka“-Auszeichnung die Reputation des Unternehmens stärke. Für die Zukunft sei man optimistisch, da man diese selbst schaffe, zitierte er den Atomphysiker Ede Teller.
Nach der Übergabe der Auszeichnung wurden zwei Prototypen des Modulo-Busses (einer mit Elektro- und einer mit Plug-In-Dieselhybridantrieb) feierlich übergeben. Hierbei erklärte Mészáros, dass die aus drei verklebten Teilen bestehende 1,2 Tonnen wiegende Karosserie bis zu 30 Jahre halten könne und trotz des gegenüber der Konkurrenz deutlich geringeren Gewichts dem Bus eine größere Passagierkapazität ermögliche. „Hoffentlich können wir die ungarische Busindustrie wiederbeleben“, bemerkte der evopro-Inhaber. Wobei er über den Fakt hinwegsah, dass etwa die westungarische Firma Kravtex schon seit Jahren unter der Marke Credo eigene Busse für den ungarischen Markt produziert, inzwischen verkehren in ganz Ungarn schon fast 1.000 Fahrzeuge dieser Marke – außer in Budapest. Um die „Wiederbelebung der ungarischen Busindustrie“ muss sich evorpro also nicht mehr kümmern, höchstens um eine weitere Verbreiterung des Angebots an Bussen Made in Hungary. Als ersten kleinen Erfolg in Richtung Serienproduktion werde evopro nach der jetzt erfolgten Vorstellung der ersten Protoypen nach Aussagen von Mészáros im Oktober auf dem Open Innovations Forum in Moskau eine Vereinbarung über die Produktion von 25 Bussen unterschreiben.
Anschließend nutzten die Anwesenden die Möglichkeit zu einer Probefahrt mit beiden Bussen. Mit einer Aufladung soll er bis zu 140 Kilometer weit fahren können, dank eines von evopro und der BME gemeinsam entwickelten Schnelladegerätes zudem innerhalb von 130 Minuten wieder „betankt“ sein. Die über drei Jahre hinweg entwickelte Modellreihe sieht drei verschiedene Ausführungen vor: Minimo (6,5 Meter lang, 8,3 Tonnen schwer), Medio (8 Meter, 10,3 Tonnen) und Maximo (9,5 Meter, 11 Tonnen). Außer in Budapest war ein evopro-Bus auch bereits in Paks, Szekszárd, Pécs, Balatonfüred, Veszprém und Székesfehérvár im Testeinsatz.
Tarlós ja, Vitézy nein
Auf Nachfrage der Budapester Zeitung, ob die Hauptstadt selbst Busse von evopro bestellen werde, erklärte der Vize-OB, dass hierüber das Budapester Verkehrszentrum (BKK) entscheide, Bus-Tender gehören nicht zu seinem Ressort, er habe aber noch von keinen solchen Plänen gehört. Der evopro-Inhaber verriet uns gegenüber, dass die aktuelle Auszeichnung wirtschaftlich gesehen vor allem beim weiteren Aufbau der eigenen Marke helfe, man rechne und hoffe aber auch auf Bestellungen seitens der Stadtverwaltung. „Nach den Wahlen kann ich Ihnen mehr dazu verraten“, so Mészáros. „Wenn es nach Oberbürgermeister István Tarlós ginge, gebe es auch ungarische Busse in Budapest, aber hinsichtlich der öffentlichen Beschaffung könnte bei den Vorgehensweisen von BKK-Vorstand Dávid Vitézy vieles in Frage gestellt werden.“ Selbigen kritisierte der Manager auch als Vorsitzender der Sektion Innovation der Ungarischen Industrie- und Handelskammer deutlich: „Vitézy hat nicht verstanden, dass die Zukunft von Europa und Ungarn von der Innovation abhängt. Die Neuindustrialisierung Ungarns hängt wesentlich von der Entwicklung und Herstellung von neuen innovativen ungarischen Produkten ab.“