Wir haben es hier mit einer Geschichte zu tun, die der schöpferische menschliche Geist nicht hätte besser fabulieren können. Glaubt man dem Enthüllungsjournalisten des Nachrichtenportals Index, András Dezső, beruht folgende Geschichte auf der Wahrheit. Dezső veröffentlichte am Dienstag dieser Woche einen Aufsehen erregenden Enthüllungsartikel über den Europaabgeordneten der rechtsradikalen Partei Jobbik, Béla Kovács. In dem Artikel geht es nicht nur um die Kindheit und die russische Ehefrau von Kovács, sondern auch um die mutmaßliche Arbeit des Ehepaars Kovács in Diensten des KGB.
Zur Erinnerung: Béla Kovács war bereits während des Wahlkampfes zu den Europawahlen Ende Mai verdächtigt worden, für den berüchtigten sowjetischen Geheimdienst KGB tätig gewesen zu sein und die „Institutionen der Europäischen Union” in Diensten Russlands ausspioniert zu haben. Dies wurde seinerzeit auch vom ungarischen Geheimdienst bestätigt. Nach Kovács’ Wahl zum EU-Abgeordneten wurde vom ungarischen Generalstaatsanwalt Péter Polt die Aufhebung seiner Immunität als Europaparlamentarier initiiert, bis dato hat das Europaparlament darüber aber nicht abgestimmt.
Japanische Heimat und eine Scheinehefrau
Und wie steht Béla Kovács selbst zu den Vorwürfen? Er dementiert. Er räumte lediglich ein, sich mit russischen Diplomaten häufig getroffen zu haben, der Vorwurf jedoch, wonach er KGB-Spion sei, sei an den Haaren herbeigezogen. Index-Journalist András Dezső ließ sich vom Dementi des Jobbik-Politikers nicht einlullen. Der Journalist entschloss sich, die Person von Kovács von der Pike auf zu durchleuchten, was nicht weniger als fünf lange Monate in Anspruch nahm. Die Anstrengungen lohnten sich. Dezső fand während seiner Recherchen allerhand interessante Informationen.
Béla Kovács wurde 1960 als Kind einer jungen Frau, die damals in einer kleinen transdanubischen Ortschaft lebte, und eines russischen Soldaten in Budapest geboren. Der russische Soldat, der in einer Kaserne unweit des Heimatdorfes der jungen Frau seinen Militärdienst absolvierte, habe jedoch darauf bestanden, das Neugeborene in Adoption zu geben. Die junge Frau gehorchte und kehrte ohne den Säugling aus Budapest in ihr Dorf zurück. Fünf Monate nach seiner Geburt wurde das Kind von Béla Kovács und seiner Frau Erzsébet aus einem Budapester Waisenheim adoptiert. Wie es in Ungarn damals üblich war, bekam es den Namen des Vaters: Béla Kovács.
In den siebziger Jahren verschlug es die Familie Kovács nach Tokio, wo Béla Kovács senior als Sicherheitsbeamter und Erzsébet als Köchin in der ungarischen Botschaft arbeiteten. In Tokio lernte Béla Kovács Junior seine heutige Frau Swetlana Istosina kennen. Das war 1979. Im Jahr 1986 folgte die Hochzeit. Allerdings: Swetlana Istosina ist bis heute mit dem Japaner Omija Masamori „rechtskräftig” (Index) verheiratet. Die Ehe der beiden war noch in der Sowjetunion geschlossen worden, wo sie sich an der Universität kennengelernt hatten. Später zogen sie nach Japan.
Doch hatte Swetlana Istosina auch noch einen dritten Mann, den Österreicher Mario Schön, mit dem sie zum Zweck der Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft 1983 eine Scheinehe schloss. Mario Schön, der laut Index vor zwei Jahren bei einem Verkehrsunfall starb, war zur Zeit der Eheschließung Junkie und Mitglied einer berüchtigten Einbrecherbande. Die Ehe des „Ehepaars” Schön wurde schon nach einem Jahr geschieden, nachdem Swetlana die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen hatte.
Kovács: „Schmutzige Verleumdungsaktion“
Swetlana Istosina ist in dieser Geschichte aber nicht nur wegen ihrer klandestinen Ehen interessant. Laut Index-Journalist András Dezső soll sie auch „Botin” des russischen Geheimdienstes KGB gewesen sein. Ihre Aufgabe sei es gewesen, Nachrichten, Informationen und Gegenstände von einem Ort zu einem anderen zu bringen, deshalb ihre vielen Reisen, unter anderem nach Westeuropa, Skandinavien und diverse asiatische Länder, nicht zuletzt Japan.
Béla Kovács wollte auf Anfrage von Index von der Geheimdiensttätigkeit seiner Frau nichts wissen. Er und seine Frau hätten „niemals für den KGB gearbeitet”, sagte er. Zugleich gab er aber zu, von der Ehe zwischen seiner Frau und dem Japaner Omija Masamori nichts gewusst zu haben. Nachdem der Artikel über ihn am Dienstag auf Index veröffentlicht worden war, schrieb Kovács in einer Presseerklärung, er sei wieder Opfer einer „schmutzigen Verleumdungsaktion des Geheimdienstes” geworden. Nach Kovács’ Worten wurden Index und Dezső mit „geheimdienstlichen Desinformationen manipuliert”.