Zum 25. Mal jährte sich am 11. September die Öffnung der Grenze zwischen Ungarn und Österreich, die tausenden DDR-Flüchtlingen im Land die Ausreise ermöglichte. Dieses Jubiläum würdigen die Deutsche Botschaft und die Deutsch-Ungarische Industrie-und Handelskammer (DUIHK) derzeit mit einer Plakataktion. Die noch bis Ende des Monats in Budapest, aber auch anderen ungarischen Städten, etwa in Pécs, Sopron, Miskolc, Szombathely, Veszprém, Hatvan oder Kecskemét gezeigten Plakate haben eine einfache Botschaft: „Danke Ungarn“.
Das Motiv, das in Budapest auf großflächigen Plakaten etwa an der Budaer Seite der Margarethen-Brücke, in Metro-Stationen oder an der Fassade der Deutschen Botschaft zu sehen ist, ging im Herbst 1989 um die Welt: Auf der Aufnahme des Fotografen Tamás Lobenwein sieht man einen PKW, der neben einer geöffneten Grenzschranke über die ungarisch-österreichische Grenze fährt – das Bild wurde zu einem der Symbole für das Ende des Eisernen Vorhangs.
Erinnerung an die Grenzöffnung wachhalten
Mit ihrer gemeinsamen Plakataktion möchten die Deutsche Botschaft sowie die DUIHK nun die tragende Rolle würdigen, die Ungarn dabei spielte und die Erinnerung an die Nacht der Grenzöffnung für möglichst viele Menschen wachhalten. Bereits Ende April 1989 hatte das Land begonnen, seine Grenzanlagen in Richtung Österreich abzubauen; beim Paneuropäischen Picknick am 19. August wurde bei Sopron ein Grenztor symbolisch für mehrere Stunden geöffnet. Tausende DDR-Bürger strömten mit der Hoffnung nach Ungarn, von hier nach Westdeutschland gelangen zu können und kamen unter anderem in der Deutschen Botschaft in Budapest sowie im Zugligeter Flüchtlingslager des Malteser-Caritasdienstes unter. Am 10. September 1989 löste der damalige ungarische Außenminister Gyula Horn dann Begeisterungsstürme unter den Flüchtlingen aus, als er in einer Fernsehansprache verkündete, dass Ungarn den DDR-Bürgern im Land die Ausreise gestatte. Am nächsten Tag durften sie über Österreich in Richtung Westdeutschland ausreisen.
Die Deutsche Botschafterin in Ungarn, Lieselore Cyrus drückte den Ungarn bei der Vorstellung der Plakataktion ihre Wertschätzung für ihre Rolle bei den damaligen Ereignissen aus: „Die Ungarn haben damals viel Herz und großen Mut bewiesen – hierfür sind sie bekannt, und so haben sie gehandelt“. Die Ausreise der DDR-Flüchtlinge aus Ungarn nannte sie – neben der Aufnahme und Versorgung der DDR-Flüchtlinge in Ungarn und der zeitweisen Öffnung des Grenzzauns in Richtung Österreich beim Paneuropäischen Picknick in Sopron – einen der „Meilensteine“ auf dem Weg zum Fall der Mauer und zur Beendigung der Teilung Europas.
Hervorragendes Echo
Möglich gemacht wurde die Plakatkampagne nicht zuletzt durch die finanzielle Unterstützung der Deutsch-Ungarischen Industrie und Handelskammer, die als größte bilaterale Wirtschaftsorganisation Ungarns über 900 Unternehmen vertritt. Zu den Unterstützern der Plakataktion „Danke, Ungarn“ gehören neben großen Namen, wie unter anderem Bosch, Siemens oder Magyar Telekom auch viele mittelständische Unternehmen. Durch die Zusammenarbeit der Deutschen Botschaft und der DUIHK konnten so landesweit insgesamt mehr als 100 Plakate aufgehängt werden. Die nicht geringen Kosten für diese Aktion kamen nahezu paritätisch aus Mitteln des Auswärtigen Amts sowie von DUIHK-Mitgliedsunternehmen. Einige Firmen unterstützten die Kampagne auch durch die Bereitstellung eigener Flächen auf ihrem Werkgelände beziehungsweise an ihren Gebäuden. Mit kostenfreien Flächen wurde die Aktion auch von den Kommunen einiger ungarischer Städte unterstützt. Man habe sich bewusst für Deutsch als Sprache des Plakates entschieden, erklärte Klaus Riedel, der Gesandte der Deutschen Botschaft: zum einen, um klar auf die deutsche Urheberschaft der Plakate aufmerksam zu machen und zum anderen, um sich noch besser aus der Masse der ungarischsprachigen Plakate im öffentlichen Raum abzuheben. Gegenüber der Budapester Zeitung zeigte er sich eine Woche nach dem Anlaufen der Aktion angesichts des Feedbacks sehr zufrieden. „Unsere Plakate werden sehr gut wahrgenommen. Wir bekommen etliche positive Rückmeldungen.“
„Triumph der Freiheitsliebe der Ungarn und der Ostdeutschen“
DUIHK-Präsident Dale A. Martin betonte bei der Vorstellung der Kampagne die Achtung, die allen damals Beteiligten gebühre: „Der 11. September 1989 war vor allem ein Triumph der Freiheitsliebe der Ungarn und der Ostdeutschen. Dafür gilt vor allem den damaligen Akteuren Dank und Respekt aller Deutschen“. Martin hob gleichzeitig auch die Rolle hervor, die die damaligen politischen Umwälzungen in den Ländern des ehemaligen Ostblocks für ihre wirtschaftliche Entwicklung gespielt hätten. Sowohl für die EU-Mitgliedschaft von zehn Ländern in der Region als auch für die marktwirtschaftlichen Reformen, durch die man einen beträchtlichen Teil des wirtschaftlichen Rückstands wettgemacht habe, sei ein wichtiger Impuls von den Ereignissen des 11. Septembers 1989 ausgegangen.
Heute seien tausende deutsche Unternehmen im Land, die „zum beiderseitigen Nutzen hier produzieren und Dienstleistungen anbieten“. Daher sei es für die Mitgliedsunternehmen der DUIHK keine formelle Pflicht, sondern vielmehr ein inneres Bedürfnis gewesen, den Ungarn auch auf diese Weise ihren Dank auszusprechen. „Als die deutsche Botschaft uns ihre Idee von der Plakataktion präsentierte, war es für die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer keine Frage: Wir werden uns an dieser Aktion beteiligen.“ Dass Mitgliedsunternehmen der DUIHK es ermöglicht hätten, über die zentrale Aktion in Budapest hinaus auch in anderen ungarischen Städten Plakate zu platzieren, zeige deutlich, „wie eng diese Firmen heute mit der ungarischen Gesellschaft verbunden sind“, so Dale A. Martin.
Ein Motiv, das um die Welt ging
Botschafterin Cyrus betonte auch die Bedeutung, die die Bilder von der Nacht der Grenzöffnung heute noch hätten. Dabei sei es „gerade angesichts der gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Welt und leider auch wieder in Europa besonders wichtig, die Erinnerung an diese friedlichen historischen Ereignisse auch für die jüngere Generation zu bewahren“. Mit dem bekannten Bild von Tamás Lobenwein habe man ein prägnantes Motiv ausgewählt, das im Jahr 1989 zusammen mit Bildern vom Paneuropäischen Picknick oder dem Flüchtlingslager in Zugliget um die Welt ging. „Was eignet sich besser dafür, die Erinnerung zu stimulieren, als diese Bilder?“, so Botschafterin Cyrus.
Abschließend schloss sich Cyrus den auf den Plakaten abgedruckten Worten an: „Als Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland ist meine Botschaft heute ein von Herzen kommendes ‘Danke Ungarn‘“.