
Das Seasons Bistro ist die richtige Anlaufstelle nach einem Konzertbesuch, in der Mittagspause oder für einen netten Abend mit Freunden. (Fotos: Nóra Halász)
Seit der Wiedereröffnung der Franz Liszt Musikakademie im September 2013 nach deren langjähriger Renovierung hat der ihr zu Füßen liegende Liszt Ferenc tér wieder deutlich an Prestige gewonnen. Im benachbarten gastronomischen Angebot spiegelte sich dies bisher jedoch nur begrenzt wider. Diesen Zustand zu ändern hat sich nun Zoltán Juhász vorgenommen, der Eigentümer des erst seit vergangenen Samstag geöffneten Seasons Bistro.
Der Liszt Ferenc Platz, eigentlich eine autofreie Allee zwischen Király utca und Andrássy út, ist als Gastronomiemeile bekannt. Doch viele der ansässigen Restaurants geben sich mehr als Touristenfänger denn als Orte von Genuss und Kulinarik. Etablissements wie das amerikanische Fastfood-Franchise Hooters mit seinen wenig (geschmackvoll) bekleideten Bedienungen sind dem Ruf des Liszt Ferenc tér nicht gerade zuträglich. Gerade noch rechtzeitig – und vor allem bestens platziert – hat sich deshalb das Seasons Bistro angesiedelt. Direkt gegenüber der altehrwürdigen Musikschule und Konzert-Location, der Franz Liszt Musikhochschule gelegen, begrüßt das Restaurant fortan all diejenigen, die gern in stilvollem Ambiente gut essen, ohne dabei die Speisekarte mit dem Fremdwörterbuch studieren zu müssen. Egal ob man vor oder nach einem klassischen Konzert in der Musikakademie den kleinen Hunger stillen, die Mittagspause hochwertig speisend oder den Abend mehrgängig verbringen möchte: Im Seasons Bistro ist man für alle Gelegenheiten gut aufgehoben.
„Unsere Philosophie: Der Kunde ist König“
Eigentümer Zoltán Juhász kehrt mit dem Restaurant auf altbekanntes Terrain zurück. Bis 2007 war der gelernte Gastgewerbler erfolgreich in der Gastronomie tätig, bis er merkte, dass er eine Pause von der Branche brauchte. Die Lust auf ein neues, besonderes Etablisement brachte ihn schließlich wieder zurück zu seinen Wurzeln. „In der Zwischenzeit hat sich viel geändert“, resümiert Juhász seine Auszeit. „Es ist schwieriger geworden, sich voll und ganz dem Kunden als König zu widmen, so wie es meine Philosophie ist. Denn vorher muss man als Gastronom auf so viele Vorschriften achten, Papierkram erledigen und so weiter, das ist sehr schade.“ Als Beispiel dafür nennt Juhász die Rechtsvorschrift, dass alle Gastronomiebetriebe nach Neueröffnung einen Monat lang nur bis 22 Uhr geöffnet haben dürfen – so auch das Seasons Bistro. Wenig verständlich, ist das Restaurant doch in einem unbewohnten Haus gelegen. Auch die ursprünglich für Mai geplante Eröffnung musste aufgrund äußerer Umstände verschoben werden; zu viele unerwartete Vorschriften galt es bei der Einrichtung in dem knapp 200 Jahre alten Gebäude zu befolgen.
Das Ergebnis kann sich jedoch allemal sehen lassen: Das Seasons Bistro ist geschmackvoll und mit Liebe zum Detail eingerichtet, wobei mal ungarische Referenzen von der Wand grüßen (zum Beispiel Grafiken mit verschiedenen Hungarika), mal spanische Tendenzen zum Vorschein kommen (beispielsweise bunte Retro-Kacheln an der Außenwand der offenen Küche). Sitzplätze bieten sich reichlich im Innenraum, doch auch auf der Terrasse lässt es sich gemütlich schlemmen, insbesondere mit der prächtigen Fassade der Musikakademie vor Augen. Im Untergeschoss ist außerdem ein Veranstaltungsraum im Entstehen, der in Kürze mal als Jazzbar funktionieren, mal Platz für Weinverkostungen bieten wird.
Ein Rolls-Royce in der Küche
Herzstück des Restaurants ist jedoch Josper. Nein, es handelt sich hierbei nicht um einen besonders freundlichen Angestellten. Gemeint ist die einzigartige – und durchaus elegante – Mischung aus Grill und Ofen; ein kompaktes, schwarzes Gerät, das im Seasons Bistro in der offenen Küche steht, wo jeder Gast nach Belieben den gut gelaunten, tüchtigen Köchen bei der Arbeit zusehen kann. Josper wird mit argentinischer Bio-Holzkohle befeuert, Strom oder Gas sind nicht nötig. „Das ist der Rolls-Royce unter den Öfen“, erläutert Eigentümer Zoltán Juhász begeistert die Qualität des Küchengeräts. Nicht umsonst wurde Josper auf der Speisekarte eine eigene Sektion gewidmet, mit Gerichten, die allesamt dem Bauch des wertvollen Grillofens entsprungen sind. Da das schlaue Gerät auf bis zu 500 Grad erhitzt werden kann, wird Fleisch im Josper sehr schnell fertig und erhält außen eine knusprige Kruste, während es innen schön zart bleibt, erklärt Chefkoch Endre Ruga. Der Beweis für die Talente des hochgelobten technischen Wunderwerks folgt sodann.
Doch zunächst wird die Vorspeise aufgetischt: Gänseleberpastete mit geklärter Butter und hausgemachtem Pflaumen-Chutney, hübsch serviert im offenen Einmachglas mit einer Feigenscheibe, dazu Landbrot. Schon dieses Entree verrät die Gangart des jungen Chefkochs, der es ganz klar versteht, Klassiker und an und für sich simple Gerichte mit einfühlsamen Kunstgriffen aufzupeppen, ohne diese ihres Grundgeschmacks zu berauben. Der Trick offenbart sich hier neben dem würzigen Chutney bei der Pasteten-Butter-Kombination. Der geklärten Butter (in Indien „Ghi“ genannt) wird bei der Herstellung etwas frischer Orangensaft zugegeben. Das verleiht dem Aufstrich nicht nur eine frische Note, sondern verhindert auch die Oxidation der unter der Butterschicht gelegenen Gänseleber – und damit ihr Verfärben.
Appetitanregende Speisen
Im Hauptgang, dem französischen Baby-Huhn mit Erbseneintopf nach Art des Hauses und Kartoffeln, kommt nun auch Josper zum Einsatz. Neben dem Fleisch haben auch die Erdäpfel den Grillofen von innen gesehen, und diese Art der Zubereitung hat sich wahrlich gelohnt. Doch auch dem Jus, der das Huhn umgibt, und der schmackhaft-buttrigen Landschaft, in der sich die Erbsen tummeln, gebührt Lob. Einzig die Anrichtungsweise stellt den Gast vor ein praktisches Problem. Da sich Erbsen und Kartoffeln in einem zwar niedlichen, jedoch separaten Töpfchen befinden, das wiederum auf einer Holzplatte geparkt ist, das Huhn es sich aber wiederum auf einem runden Teller gemütlich gemacht hat, ist es schwer, das Verzehren von beidem zu koordinieren. Übung (und Appetit) machen womöglich den Meister.
Das Dessert, die hausgemachte Schokoladentorte mit frischen Früchten, entstammt zwar nicht dem Josper, überzeugt geschmacklich jedoch gleichermaßen. Die Besonderheit hier ist, dass die Süßspeise völlig ohne Mehl auskommt. Und obwohl das Stück nicht klein daherkommt und zusätzlich von einer Portion Mascarpone mit etwas Minze gekrönt wird, vermittelt es den Eindruck, es sei ein Leichtgewicht, wofür vielleicht auch die Kühle der Schokomasse verantwortlich ist.
Im Fazit ist das Seasons Bistro eine Bereicherung für den gesamten Liszt Ferenc tér und ein Restaurant, in dem es sich angenehm und ungezwungen essen lässt. Dass hier und da noch gewerkelt wird, ist kein Störfaktor, denn das gesamte Team steht bei allen Fragen engagiert und hilfsbereit zur Seite und hat augenscheinlich große Lust, den Laden richtig in Schwung zu bringen. Die Musik dürfte dabei gern noch etwas leiser gestellt beziehungsweise die Musikauswahl gegebenenfalls ganz überdacht werden. Ansonsten steht einer erfolgreichen Gastronomie hier sicher nichts im Wege.
Seasons Bistro
Budapest VI. Liszt Ferenc tér 6-7
Tel.: +36 70 / 44 2444
Email: bistrovino@gmail.com
Preise
Vorspeisen:……………………….ca. 1.500-2.900 Ft
Hauptspeisen:……………………ca. 1.500-5.000 Ft
Desserts:……………………………..ca. 600-1.200 Ft
Glas Wein:……………………………ca. 500-2.000 Ft