
Csaba Árendás mit einer Messstation seines „Traubenwächter“-Systems, das vor einer Überdosierung von Pflanzenschutzmitteln bewahren soll.
In unserer Start-up-Serie portraitieren wir erfolgreiche ungarische Unternehmen, die entweder noch als Start-up gelten oder als mittlerweile gestandenes Unternehmen ihren Anfang als solches Jungunternehmen hatten. Diesmal geht es um eines der liebsten Genussmittel der Ungarn, den Wein, genauer gesagt: um die „Smart Vineyard“-Technologie der QuantisLabs Kft., die Winzern ihre Arbeit erleichtert.
Die QuantisLabs Kft. wurde 2005 mit Unterstützung und an der Budapester Universität für Technik und Wirtschaft (BME) gegründet. Zuvor stand Gründungsvorstand und Inhaber Csaba Árendás, der selbst an der BME, aber auch im Schweizer Lausanne studiert hatte, der dortige Lehrstuhl für anorganische und analytische Chemie helfend zur Seite. Das aktuell 14-köpfige Unternehmen pflegt aber nicht nur zur BME enge Kontakte, sondern auch zu heimischen und internationalen Hochschulen sowie Winzerschulen (etwa in der Slowakei, Tschechei und Deutschland). Im Rahmen seiner Kooperationen führt es auch angehende Winzer in den Gebrauch von modernen Weinbau-Technologien ein, zum Beispiel im Rahmen eines Schulweinprojektes an der Wilhelm-Hildenbrand-Schule im badischen Oberrotweil.
Seit 2008 arbeitete man an einer auf einer neuen Denkweise fußenden Lösung, um den Pflanzenschutz beim Weinanbau mit moderner Technik zu verbessern. Árendás‘ Familie ist selbst seit Jahrzehnten als Winzer tätig. Während seines Studiums hatte sich der Ingenieur viel mit Sensornetzwerken beschäftigt, wie ein Unternehmenssprecher auf Nachfrageder Budapester Zeitung erklärte. Aus der Verquickung beider Themen entstand die Idee für die „SmartVineyard“-Technologie beziehungsweise das „Traubenwächter“ genannte System, mit dessen Hilfe der Einsatz von Pflanzenschutzmittel reduziert werden könne, was nicht zuletzt zum Schutz der Umwelt beitrage.
Der „Traubenwächter“
Das System besteht aus Sensoren, die auf den Weinfeldern mikroklimatische Daten über Niederschlag, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Feuchtigkeit der Pflanzenblätter sammeln und an die „SmartVineyard“ genannte Zentraleinheit weiterleiten. Dies ist laut dem Unternehmen deshalb so wichtig, weil allgemeine agrometeorologische Messstationen das Klima auf mehreren Dutzend Quadratkilometer großen Flächen messen, sich aber aufgrund der hügeligen Lage von Weingütern innerhalb weniger Hektar verschiedene Mikroklimata ergeben können; die Messstationen würden daher nicht genügend und ungenaue Daten liefern. Die „SmartVineyard“-Sensoren werden im Schnitt alle 5-8 Hektar platziert, um ein eigenes, exaktes Messungs-Netz zu errichten.
Die Software kalkuliert auf diesen Messungen sowie auf Algorithmen und mathematischen Modellen beruhend die Intensität möglicher Pflanzeninfektionen und gibt Prognosen über selbige, zudem genaue Informationen über den Standort eines realen Befalls. Eine solche Analyse kann an jedem beliebigen Computer durchgeführt werden, der in das System integiert ist. Das heißt, es gibt auch die Möglichkeit zur „Fernwarte“ – bei Bedarf sogar über ein Smartphone. Mit den Daten können die Winzer fundierte, genaue und effektive Entscheidungen in Sachen Pflanzenschutz treffen.
Denn laut QuantisLabs kommt es beim regelmäßigen und präventiven Einsatz von Schutzmitteln zu Überdosierungen, die wiederum zu großen Schäden führen. Der „Traubenwächter“ will dazu verhelfen, die richtige Menge zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen. In einem eingebauten digitalen „Pflanzenschutz-Notizbuch“ wird so auch festgehalten, was wann, wo und wie viel bereits eingesetzt wurde. Darüber hinaus signalisiert das System bei potenziellem Pilz- oder Schimmelbefall selbigen per Frühwarnsystem bereits vor der Infektion oder meldet, in welchem Entwicklungsstadium sich die Pflanze befindet. Laut dem Unternehmen soll eine Mess-Station trotz der vielen Funktionen in gerade einmal 15 Minuten mit nur einem Schraubenzieher und vier Schrauben aufgebaut und einsatzbereit sein.
Ausgezeichnetes Start-up
Zu den namhafteren Kunden von QuantisLabs gehören etwa die Weingüter Bock (Villány), Heimann (Szekszárd), Pannonhalmi Apátsági Pincészet (Pannonhalma), Gere Tamás & Zsolt (Villány), Vársányi (Eger) und Tokajicum Borház (Tokaj). Wer der größte Kunde sei, konnte uns der Sprecher nicht verraten, nur so viel, dass der „Traubenwächter“ bereits auf mehreren hundert Hektar Fläche eingesetzt werde.
QuantisLabs ist bereits stolzer Besitzer mehrerer IT-, Staats- und Start-up-Auszeichnungen: etwa der Preis für das Unternehmen des Monats in der Kategorie „Start-up“ im Juni dieses Jahres, den Volkswirtschaftsminister Mihály Varga persönlich überreichte; dort hatte Árendás verkündet, die SmartVineyards-Technologie künftig weiter zu entwickeln, um auch deren Einsatz bei anderen Pflanzen zu ermöglichen. Ferner gelangte der „Traubenwächter“ unter die besten 10 Projekte beim CUTEC Start-up-Wettbewerb der Universität Cambridge und wurde im März mit dem Ungarischen Innovationsgroßpreis ausgezeichnet.
Vom 8. bis 11. September steht das Jungunternehmen zusammen mit 23 weiteren, herausragenden Start-ups im Finale der Intel Business Challenge in Litauens Hauptstadt Vilnius. Beim späteren Welt-Finale im Silicon Valley winken nicht nur 50.000 Dollar Siegesprämie, sondern auch die Möglichkeit, potenzielle Investoren ins Boot zu holen (wobei ein Sprecher von QuantisLabs uns gegenüber preisgab, dass man bereits in entsprechenden Verhandlungen stehe). Man gehe selbstbewusst in das Europa-Finale, so der Sprecher: „Das Produkt hat Weltniveau, und genauso ist unsere Präsentation, die wir in Vilnius halten werden, gut genug, um am Ende unter die Besten zu kommen.“