
Rückendeckung: Premier Viktor Orbán steht voll hinter den unorthodoxen Entscheidungen seines Vertrauten, dem Notenbankpräsidenten György Matolcsy.
György Matolcsy ist Orbáns rechte Hand. Als Wachstumsforscher und Wirtschaftsminister war er davon überzeugt, dass Ungarn 5-7 Prozent wachsen kann. Das hat dann zwar nie geklappt, aber für Ausreden war er immer einfallsreich genug. Heute schafft die Wirtschaft knapp 4 Prozent, die das Land seinem Kurs zu verdanken hat, ebenso wie einen grundlegenden Umbau des Steuersystems mit mehreren Dutzend neuen oder erhöhten Steuern.
Im (womöglich von Matolcsy selbst lancierten) Interview für das konservative Meinungsportal vs.hu legt der zwischenzeitlich zum Notenbankpräsidenten avancierte Vater der unorthodoxen Wirtschaftspolitik seine Ansichten zu neuen Vorwürfen aus freien Stücken dar. Merkwürdig erscheint nur die einleitende „Warnung“ des Portals an die Leser, man habe die Fragen per E-Mail gestellt und keine Möglichkeit gehabt, bei den erhaltenen Antworten nachzuhaken.
200 Mrd. Forint (ca. 635 Mio. Euro) für Stiftungen, 18 Milliarden (ca. 57 Mio. Euro) für ein Bürohaus, 415 Millionen (1,3 Mio. Euro) für ein Schloss – drei Meldungen der vergangenen Wochen. Hätte die Notenbank Gold oder Diamanten gekauft, wäre das noch nachzuvollziehen, aber wie bewahren diese Investitionen ihren Wert, wie amortisieren sie sich?
Drei Entscheidungen, drei Ziele. Die MNB hat die besagten Stiftungen eingerichtet, weil Ungarns Erfolg in den kommenden Jahrzehnten von der Erneuerung im Bildungswesen abhängt. Wir richten eine Wirtschaftsfakultät an der Hochschule Kecskemét ein, eine Finanzfakultät in Marosvásárhely (Targu Mures/Neumarkt in Siebenbürgen), eine englisch-ungarischsprachige Doktorandenschule in der Budaer Burg und ein Schulungszentrum für Finanzen in Pest. Hauptsächlich deshalb, weil in der ungarischen Ausbildung für Ökonomie und Finanzen noch immer die Lehren und Irrwege der früheren, mittlerweile überholten neoliberalen Schule dominieren. Seit 2010 hat eine neue Politik und Wirtschaftspolitik Ungarn aus der offenen Finanz- und der verdeckten moralischen, Gesellschafts- und Wirtschaftskrise gezogen. Dieser Erfolg basierte auf einem neuen ökonomischen Denken, das von Grund auf mit der neoliberalen Schule bricht…
Das Eiffel-Palais ist eine Investition von 45,3 Millionen Euro, die für eine verbesserte Bilanz der Notenbank sorgt, weil sie sich auf der Einnahmenseite mit 6,5-7 Prozent im Jahr amortisiert, während auf der Ausgabenseite Kosten von 2,1 Prozent des Leitzinses stehen, so dass diese Geldanlage mit einem Nettoertrag von 5 Prozent, also mit knapp 1 Milliarde Forint im Jahr zum positiven MNB-Ergebnis beiträgt. Selbstverständlich geschieht dies unabhängig von der monetären Politik der Notenbank und bedeutet nicht, dass die Notenbank profitorientiert wäre.
Beim Immobilienkauf in Tiszaroff handelt es sich um ein Objekt zur Weiterbildung und Erholung unserer Mitarbeiter; früher hatte die MNB 22 solcher Objekte, von denen nach 2009 kein einziges übrig blieb. Dieser Kauf füllt somit – nach dem Beispiel anderer Notenbanken in der EU – die entstandene Lücke. Bitte messen wir nicht mit zweierlei Maß: Wenn die anderen Notenbanken diese Funktionen wahrnehmen dürfen, sollte das auch uns gestattet sein…
Alle drei Zielstellungen sind besser, als über die Anhäufung von Gold und Diamanten Schätze zu bilden.

Matolcsy zum Erwerb von Schloss Tizsaroff: „Wenn die anderen Notenbanken diese Funktionen wahrnehmen dürfen, sollte das auch uns gestattet sein.“
Wird es noch ähnliche Investitionen und Transaktionen geben?
Der Vorstand der MNB hat einen Budgetrahmen von 90 Milliarden Forint für den Kauf und die Erneuerung derartiger Immobilien bewilligt. Wenn wir gute Investitionsobjekte entdecken, werden wir entsprechend handeln.
Woher nimmt die MNB das Geld für solche Transaktionen? Von den Forinten der Steuerzahler?
Ich habe eine gute Nachricht für Sie: Das ist kein Geld aus dem Staatshaushalt, die Steuerzahler müssen somit keinen Forint mehr bezahlen! Die Notenbank gibt ihr eigenes Geld, das Geld der Notenbank aus – wofür die Deckung durch die Notenpresse und Kredite aus den zweiwöchigen Einlagen gegeben ist –, was aber nur solange funktioniert, solange die MNB Gewinne einfährt. Die Notenbank darf deshalb also nicht Verluste einfahren. Die frühere Notenbankführung sah für 2013 ein negatives Ergebnis von 203 Milliarden Forint voraus. Damit hätten wir dem Staatshaushalt Mehrausgaben von 0,7 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) beschert. Stattdessen zogen wir einen 24 Monate währenden Zyklus sinkender Leitzinsen durch, in dessen Ergebnis die MNB binnen zwei Jahren 280 Milliarden Forint einsparte, wie auch der Fiskus auf längere Sicht mehr als 300 Milliarden Forint jährlich über die niedrigeren Anleiheerträge einsparen wird. Dass die MNB Gewinne schreibt, erlaubte ihr die Einrichtung von Stiftungen und den Kauf von Immobilien. Darin liegt der Unterschied zwischen einem Forintleitzins von 7 oder 2,1 Prozent…
Warum sind die Entscheidungen der Notenbank nicht transparent?
Sicher ist Ihnen nur entgangen, dass die MNB eine neue Satzung verabschiedet und den Medien im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt hat, in der ein außerordentlich wichtiges neues Grundprinzip verankert ist: Die MNB strebt danach, künftig den Staatshaushalt in keinem einzigen Jahr mehr mit Verlusten zu belasten. Erzielt sie hingegen Gewinne, zahlt sie diese nicht länger als Dividende in den Staatshaushalt ein, sondern entscheidet eigenständig über deren Verwendung. Das sehen wir als korrektes Verhalten einer unabhängigen und verantwortlichen Notenbank an. Das bedeutet nicht weniger, als dass die Notenbank keine durch die Steuerzahler verwendeten Gelder nutzt und den Staatshaushalt nicht länger mit Nachzahlungspflichten belastet.
Hätte der Staatshaushalt keinen Bedarf an einer Dividende der Notenbank, sagen wir für Renten, Gesundheitswesen und Bildungswesen?
Der erfolgreich vorgenommene Zinssenkungszyklus verbessert die Haushaltsposition in den kommenden Jahren jährlich um 300 Milliarden Forint. Dieses Geld kann für jeden beliebigen Zweck verwendet werden, z. B. könnten die Staatsschulden um jährlich einen Prozentpunkt abgebaut werden. Unser Kreditprogramm für Wachstum trägt zu einem Drittel zum BIP-Wachstum bei, was ebenfalls zusätzliche Einnahmen generiert…
Persönlich werden Sie angegriffen, weil Ihre Ehefrau Bürgermeisterin der Balaton-Gemeinde Akarattya werden möchte, die sich dazu von Balatonkenese löste.
Es ist schon wirklich belustigend, wie manche uns vorwerfen wollen, dass wir dem Willen der Bürger zum Erfolg verhelfen: Die Anwohner entschieden sich mit großer Mehrheit in einer Volksabstimmung für die Selbständigkeit von Akarattya. Aus all diesen Angriffen gegen die MNB und meine Familie ist ersichtlich, dass der Freiheitskampf noch nicht am Ende angelangt ist. Doch was hilfts, wir lieben die Freiheit über alles, so sind wir nun einmal – zum Glück die Mehrheit der Magyaren.
(In Auszügen übernommen vom konservativen Portal vs.hu.)