Von Szilárd Szőnyi
Vor der Fertigstellung des Denkmals wurden Sie von Journalisten mehrmals angerufen. Angeblich haben Sie diese Kollegen auf schroffe Weise abgewiesen.
Das unsägliche Tamtam um das Denkmal ist eine Konsequenz der destruktiven Haltung der linksliberalen Businesspolitiker, Künstlerkreise und Medienleute. Sie tun heute genau das, was sie nach ihrer Wahlniederlage versprachen: Sie schießen sich auf alles ein, was die Regierung plant. (…) Seit der Wende haben in der Kunst die linksliberalen Kreise das Sagen. Schon in meinen Jahren an der Hochschule habe ich an der eigenen Haut erfahren müssen, wie diese Kreise das Vorankommen anderer einschränken. Einmal wurde ich mit vier anderen Künstlern zu einer Schau nach Deutschland eingeladen. Daraufhin legte einer der Institutsleiter der Hochschule für Bildende Künste bei den deutschen Organisatoren Beschwerde ein: Wie es komme, dass ohne Befragung der führenden Künstler und Kunsthistoriker in Ungarn fünf Personen eingeladen werden, die in ihrer Heimat künstlerisch „unter ferner liefen” einzureihen seien. Die Organisatoren waren daraufhin außer sich. Sie sagten, sie hätten mit so etwas noch nie zu tun gehabt und dass eine Maffia die Kunstwelt in Ungarn regiere. (…) Heute entscheidet dieser Kreis nicht nur darüber, wer ein Stipendium oder einen Lehrstuhl bekommt, sondern auch darüber, wessen Kunstwerke ausgestellt werden. (…) Ihre Methode ist, alles, was nicht aus ihrem Kreis stammt und/oder figurativ ist, als Kitsch zu bezeichnen. Wenn Leonardo da Vinci heute in Ungarn auftauchen würde, würden sie ihn einfach fertigmachen und wären auch noch stolz darauf. (…)
Das Denkmal wird auch von der Rechten kritisiert, vor allem deshalb, weil laut Beschreibung des Kunstwerks der Erzengel Gabriel das unschuldige Ungarn verkörpert, obwohl Ungarn sich unlängst auf einer Sitzung der UNO für die Verantwortung der staatlichen Organe am Holocaust entschuldigte. Viktor Orbán seinerseits sieht nicht den Staat, sondern die Opfer im Engel verkörpert. Wen soll Gabriel jetzt also verkörpern?
Wenn Sie von „unschuldig” sprechen, dann übernehmen Sie automatisch und unkritisch die verzerrende Wortwahl der Presse. In meiner Beschreibung des Kunstwerks kommt dieses Wort allerdings kein einziges Mal vor. (…) Was die Beschreibung des Kunstwerks anbelangt: Ich hätte niemals im Traum gedacht, dass sie an die Öffentlichkeit gelangt und Gegenstand von Entstellungen und Verzerrungen wird. Jener Text (die Beschreibung des Kunstwerks; Anm.) ist von mir spät nachts hastig verfasst worden, um die behördliche Erlaubnis zu bekommen (…) Ich habe Gabriel nach dem Vorbild jener Statue geformt, die auf dem Heldenplatz einerseits die Verkörperung der Staatlichkeit, andererseits den Schutzengel Ungarns symbolisiert. (…) Wissen Sie überhaupt, was mein mit ausgestreckten Armen dastehender Engel in Händen hält? Den Landesapfel, der für den Staat steht und der ihm gerade aus der Hand fällt. Dieses Detail hat jeder außer Acht gelassen, obwohl es das zentrale Element meines Kunstwerks ist. Die Beschreibung des Kunstwerks wollte also folgenden Gedanken vermitteln: Der Staat und damit einhergehend die Opfer werden von jenem Landesapfel verkörpert, der dem Patron des Landes, Gabriel, aus der Hand fällt. Aus der Hand jenes Erzengels, der uns tausend Jahre lang beschützt hat und jetzt mit geschlossenen Augen über sich ergehen lässt, dass der Reichsadler, der entgegen der Vorwürfe gar kein Reichsadler ist, auf ihn niederstürzt.
In der Beschreibung des Kunstwerks ist vom Reichsadler die Rede.
In Wirklichkeit ist es aber keiner. Ich hatte nämlich nicht die Absicht, ein ganzes Volk zu stigmatisieren. Aus diesem Grund habe ich denn auch nicht das deutsche Wappentier als Vorlage genommen. (…) Ich möchte daher alle bitten, sich weder aufgrund einer hastig verfassten Beschreibung noch auf Basis eines Schwarz-weiß- Bildes (das in den Medien kursierte; Anm.) ein Urteil zu bilden, sondern das fertige Denkmal persönlich in Augenschein nehmen.
Viele Menschen haben aber schon jetzt ein negatives Urteil gefällt, darunter die Nachfahren der jüdischen Opfer.
(…) Es ist von grundlegender Bedeutung, etwas klarzustellen: Ich habe den Auftrag erhalten, ein Denkmal zum Gedenken an den Tag der deutschen Besetzung und den Verlust der ungarischen Souveränität zu schaffen. Meine Auftraggeber haben mir verdeutlicht: Dies ist kein Holocaust-Denkmal. Dem 70. Jahrestag des Holocaust wird im Rahmen einer Reihe anderer Projekte ohnehin gedacht. Die Absicht hinter der Errichtung des Mahnmals war von Seiten meiner Auftraggeber derart integer, dass wir tagelang darüber diskutierten, wie ein für alle politischen Seiten korrektes Werk geschaffen werden könnte. Dabei wurde auch der Gedanke aufgeworfen, um sich gleichermaßen vor linken und rechten Opfern zu verneigen, einige dieser Namen auf das Denkmal zu schreiben. Als dafür ein geeigneter Platz gesucht wurde, freute man sich, dass das Denkmal einen rechten und linken Flügel besitzen würde. Es war zunächst geplant gewesen, auf diesen beiden Flügeln die Namen einzugravieren, auf den linken Flügel beispielsweise den Namen von Endre Bajcsy-Zsilinszky. Schließlich wurde diese Idee jedoch mit dem Einwand verworfen, dass, wenn wir auch nur irgendeinen Namen auslassen sollten, es ein Problem sein könnte.
Ganz zu schweigen davon, dass es sicher böses Blut gegeben hätte, wären die Opfer in die Kategorien „rechts“ und „links“ eingeteilt worden.
Gewiss war auch das ein Aspekt. (…)
Viele haben auch die Ausgaben für das Denkmal in Höhe von 270 Millionen Forint kritisiert.
Ich nenne Ihnen den Grund dafür: Den linksliberalen Künstlerkreisen sind dadurch zwei Milliarden Forint durch die Lappen gegangen. Wäre die Errichtung des Denkmals nicht mir zugesprochen worden, wäre es für die Linke ein großes Geschäft gewesen: Eine Vielzahl an Kuratoren, Freunden, Jury-Mitgliedern hätte kräftig verdient. Ich möchte diesbezüglich daran erinnern, dass sich die Ausgaben für das 56-er Denkmal beim Stadtwäldchen auf 1,8 Milliarden beliefen, obwohl die öffentliche Ausschreibung nur ein Budget in Höhe von 250 Millionen veranschlagt hatte.
Das hier in Auszügen abgedruckte Interview erschien am 24. Juli 2014 in der konservativen Wochenzeitung Heti Válasz.
Aus dem Ungarischen von Peter Bognar