Besetzungsdenkmal in Budapest kommt über Nacht
Auf dem Budapester Szabadság tér ist in der Nacht zum Sonntag trotz monatelanger heftiger Proteste das Denkmal zum Gedenken an die Besetzung Ungarns durch Nazi-Deutschland vollendet worden. Es zeigt einen deutschen Reichsadler, der Ungarn – verkörpert durch den Erzengel Gabriel – angreift. Die Regierung von Viktor Orbán hat das Denkmal aus Feigheit in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aufstellen lassen, empört sich der Philosoph Gáspár Miklós Tamás in der linksliberalen Wochenzeitung hvg: „Was in der Nacht vom 19. auf den 20. Juli geschah, war natürlich gegen die ungarischen Juden gerichtet. Feige und hinterhältig wurde das verlogene Denkmal unter massivem Polizeischutz und hinter hohen Schutzzäunen mitten in der Nacht aufgestellt. … Das Denkmal trägt einzig und allein die Botschaft, dass die Ungarn mit dem Ganzen nichts zu tun haben: Was damals getan wurde, hätten Fremde (die Deutschen) anderen Fremden (den Juden) zugefügt. … Doch die Ungarn fungierten damals als Steigbügelhalter der Deutschen.” (22. Juli 2014)
Neuer Sozialisten-Chef stemmt sich gegen Fidesz
Die Sozialisten (MSZP) haben am Samstag József Tóbiás zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Die linke Tageszeitung Népszava hofft, dass Tóbiás aus der darniederliegenden MSZP wieder eine linke Kraft formt, die der übermächtigen rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz Paroli bieten kann: „József Tóbiás muss stark sein, will er seine Partei und das Land auf Vordermann bringen. Ungarn hat eine prononciert linke Partei unbedingt nötig, welche die Interessen der Wähler und jener benachteiligten Gesellschaftsschichten vertritt, die von der Zweidrittelmehrheit des Fidesz sich selbst überlassen worden sind. Eine Partei, die nicht nur von der Demokratie spricht, sondern diese auch verkörpert. Angesichts der Tatsache, dass der Fidesz seine Macht gleichsam einbetoniert hat, wartet auf Tóbiás eine langwierige Herkulesaufgabe. Wenn die Sozialisten die Erneuerung wirklich ernst meinen, müssen sie sogleich eine neue Zeitrechnung beginnen.” (21. Juli 2014)
Für Multikulti-Team gäbe es in Ungarn nur Spott
Deutschland freut sich unvoreingenommen über den WM-Sieg seiner multikulturellen Mannschaft, beobachtet die linksliberale Tageszeitung Népszabadság und ist voller Bewunderung, weil sie eine ähnliche Zustimmung für ein buntes ungarisches Fußball-Team für undenkbar hält: „Ein deutsches Pendant von Kurucinfó [ein rechtsradikales ungarisches Nachrichtenportal] würde in diesen Tagen wohl weder das Endstadium des europäischen Niedergangs heraufbeschwören noch die Freude über den WM-Sieg in Frage stellen. (…) Es wird nicht in Frage gestellt, dass der Ghanaer Jérome Boateng, der Türke Mesut Özil, der Albaner Shkodran Mustafi und der Araber Sami Khedira sich gemeinsam mit den polnischstämmigen Spielern Lukas Podolski und Miroslav Klose das deutschen Nationaltrikot übergezogen und für den Ruhm Deutschlands gekämpft haben. (…) Nein, in Deutschland wird einfach völlig unbeschwert und freudvoll gefeiert.” (17. Juli 2014)