ALDI, Lidl, dm, Rossmann, Obi, noch dazu hunderte deutsche Produktnamen in den Geschäften – Markenexporte aus Deutschland lassen sich in Ungarn überall finden. Manche erkennt man auf den ersten Blick, andere lassen sich nicht so einfach als solche identifizieren. Insbesondere im Bereich Industrie und Verkehr wissen viele nicht, welche Rolle deutsches Know-how auch in Budapest spielt. Wussten Sie zum Beispiel, dass zu den frühen Pionierleistungen des deutschen Unternehmens Siemens der Bau der ersten U-Bahn auf dem europäischen Festland – der Budapester Földalatti – gehörte?
Das 1844 gegründete Unternehmen, das weltweit zu den größten Konzernen im Bereich der Elektrotechnik und Elektronik zählt, ist in Budapest bereits seit 1890 vertreten. Damals stand die Stadt Budapest vor dem Problem, dass für die in sechs Jahren anstehende Milleniumsfeier, mit der die Tausendjahrmarke der ungarischen Staatsgründung zelebriert wurde, zahlreiche Ausstellungsbesucher und Veranstaltungsgäste in der Stadt erwartet wurden. Ein Konzept für die Beförderung der Menschenmassen zum Heldenplatz – dem wichtigsten Ausstellungsort der Feierlichkeiten – gab es jedoch nicht; bis 1894 die Siemens & Halske AG, wie das Unternehmen damals hieß, den Vorschlag zum Bau einer Untergrundbahn einreichte. Ohne die Beteiligung des deutschen Unternehmens wäre der Bau dieses Großprojektes, das der Stadt einen mondänen und fortschrittlichen Charakter verlieh, zur damaligen Zeit nicht vorstellbar gewesen.
Lange Tradition im Budapester Nahverkehr
Seit Ende des 19. Jahrhunderts arbeitet Siemens an vorderster Front bei der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur der Stadt Budapest. Auch die erste elektrische Straßenbahnlinie auf dem Großen Ring im Jahre 1887 gehört zu den Erfolgen von Siemens & Halske. Damals fuhren die elektrisch angetriebenen Waggons auf der relativ kurzen Strecke zwischen dem Westbahnhof und der Haltestelle Király utca am Grand Hotel Royal, dem heutigen Corinthia Hotel Budapest, in dem auch die Budapester Zeitung ihre Redaktion hat. Auch heute kommen die 40 je 54 Meter langen Niederflurstraßenbahnen, die entlang des Großen Rings auf den Linien 4 und 6 verkehren, von Siemens.
Bis zum heutigen Tag nimmt Siemens eine Vorreiterrolle im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs in Budapest ein. Beim Bau der kürzlich eröffneten Metro 4 entwickelte und implementierte Siemens nicht nur das Stromversorgungsnetz und die Signaltechnik, sondern auch Kommunikations- und Zugsteuerungssysteme. Insbesondere letztere sind eine Innovation auf dem Gebiet, denn anders als herkömmliche Züge wird die Metro 4 voll automatisiert betrieben. Während des ersten Jahres wird noch technisches Personal in einer provisorischen Fahrerkabine, die aber nach Ablauf des Jahres entfernt wird, dem Fahrbetrieb beiwohnen.Das System funktioniert dank vieler Sensoren, die Informationen über die Bewegung des Zuges, aber auch über den Zustand der Gleise an Kontrollstationen weitergeben. Von hier werden die Bahnen vollautomatisiert gesteuert. Dies soll nicht nur zu einem punktgenauen Zeitplan führen, sondern auch die Sicherheit erhöhen. Fällt zum Beispiel ein Fahrgast vom Bahnsteig auf die Gleise, wird das von den Sensoren der Station registriert und sofort eine Notbremsung eventuell einfahrender Züge eingeleitet. Fahrerlose U-Bahnsysteme wie diese installierte Siemens zuvor schon in Paris oder Nürnberg; in Ungarn sowie in Zentral- und Osteuropa ist das System aber noch einzigartig.