
ITSH-CFO Jürgen Grunert: „Insgesamt rechne ich aktuell 2014 auf Basis des letzten Ausblicks mit einem Wachstum von bis zu zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.“
Die Einnahmen der IT Services Hungary (ITSH) wachsen parallel zur Mitarbeiteranzahl, erklärte ihr Finanzvorstand Jürgen Grunert in einem jüngst gesendeten Radio-Interview. Ein Standortvorteil Ungarns sei neben gut ausgebildeten Fachkräften und deren Sprachkenntnissen auch die geographische Lage des Landes. Lesen Sie im Folgenden einige Auszüge aus diesem Interview.
Deutsche Unternehmen sind bekanntermaßen stolz auf ihre Effizienz und ihr Kostenniveau, auch Sie erwähnen diese Faktoren. Was machte Ungarn für Ihre Firma attraktiv, um sich 2006 für den Ausbau der vorhandenen Firma zu einem großen Standort zu entscheiden?
Ein entscheidender Fakt ist, dass Ungarn unter den neuen ICT-Ländern auf dem Infokommunikationsmarkt im Führungsfeld liegt. Das hat zwei Gründe: Einerseits verfügt Ungarn über ein sehr gutes universitäres Ausbildungsniveau, andererseits gibt es im Vergleich mit den umliegenden Ländern sehr viele Fachkräfte mit guten Sprachkenntnissen. Ein Großteil der ungarischen Infokommunikationsfachkräfte zum Beispiel spricht Englisch, Deutsch, Spanisch oder Französisch, aus all diesen Sprachgebieten haben wir Kunden. Daneben haben die Kunden von T-Systems hier auch den Vorteil der kulturellen Nähe. Auch sind hierzulande sind die ICT-Infrastruktur, das Verkehrsnetz und die Energieversorgung adäquat ausgebaut. Also können wir unsere Dienstleistungen mit hoher technischer Sicherheit auch international erbringen. Zudem ist der ungarische Arbeitsmarkt bemerkenswert: Die rechtlichen Regeln sind zwar den deutschen sehr ähnlich, dennoch unterscheidet sich die Praxis etwas, wir sehen den ungarischen Markt als flexibler an. Arbeitskräfte finden und eventuelle Probleme lösen, geht in Ungarn leichter. Die Flexibilität ist höher; das kommt beiden Seiten zugute.
Und wie sieht es mit der Arbeitseinstellung ungarischer Mitarbeiter aus?
Ich lebe und arbeite seit fünf Jahren in Ungarn und habe in dieser Zeit die Erfahrung gemacht, dass zumindest unsere Mitarbeiter sehr engagiert und ambitioniert sind. Viele Unternehmen – so auch wir – suchen Mitarbeiter darauf aufbauend, dass die hiesige staatliche Bildung gut ist und somit fähige Menschen von den Hochschulen kommen. Dazu kommt, dass das Durchschnittsalter bei uns mit 29-30 Jahren vergleichsweise niedrig ist. Das schafft eine positive Stimmung, zudem ist es mit jüngeren Kollegen etwas leichter, in die Zukunft zu blicken, als mit einem reiferen Team, welches zwar mehr Erfahrung hat, gelegentlich aber nicht mehr so aufgeschlossen ist gegenüber Veränderungen.
In wie weit berührt das in westlichen Medien herrschende Ungarn-Bild die Investitionsbereitschaft ausländischer Investoren?
Nicht zuletzt in den deutschen Medien betrachtet man Ungarn sehr differenziert. Die nicht nur positiven Aspekte könnten schon einen Einfluss auf künftige Entscheidungen haben. Als hier lebender Expat denke ich aber, dass es eine Art Balance gibt. Wir fühlen uns wohl. Politik und Wirtschaft haben unterschiedliche Stoßrichtungen. Wir sind nicht wegen der Politik hierhergekommen, sondern wegen der guten Infrastruktur, dem vergleichsweise attraktiven Kostenniveau und den verfügbaren guten Fachkräften.
Gelegentlich vernimmt man aus diesen Kreisen auch den Wunsch, die ungarische Regierung möge langfristiger planen und handeln.
Davon wird oft gesprochen, aber warten wir ab, was die Zukunft bringt. Der finanzielle Bewegungsspielraum der Regierung ist nicht all zu groß. Für die Wirtschaft sind planbare, zuverlässige und langfristige Entscheidungen bezüglich der Zukunft aber natürlich sehr hilfreich.
Nochmal zurück zur Effizienz: Warum ist diese so überragend wichtig für Ihr Unternehmen?
Ein Dienstleistungszentrum oder ein Outsourcing-Unternehmen wie unseres – als verlängerte Werkbank eines Konzerns – funktioniert nicht anhand der traditionellen Geschäftsmodelle. Also nicht so, wie andere vertriebsorientierte Unternehmen es tun. Die Vergütung unserer Dienstleistungen wird typischerweise auf Basis der durch Kosten bestimmten Preisbildung berechnet. Umso niedriger die Kosten, umso günstiger können wir arbeiten. Das hängt stark mit der Effizienz zusammen, die aus zwei Richtungen kommen kann. Wir unterscheiden Kosteneffizienz und „FTE- Effizienz“ (FTE=Full Time Equivalent). Die Kostenseite wird hierbei durch Infrastruktur und eingekaufte Dienstleistungen beschrieben. Können wir diese Kosten drücken, unterstützt das unsere Kunden. Eine gute Möglichkeit hat sich zuletzt in diesem Zusammenhang ergeben, als wir den Druck auf den Immobilien Standort Budapest nutzen konnten, und recht erfolgreich unseren Mietvertrag für unsere Budapester Büroflächen neu ausgehandelt haben. Auf der anderen Seite müssen wir auch nach einer immer effizienteren und effektiveren Arbeitsweise streben. Deshalb haben wir mehrere Business Intelligence- Projekte gestartet, zum Beispiel arbeiten wir aktuell mit verschiedenen Maßnahmen an der Reduzierung der Bearbeitungszeit von Fehler-Tickets. Eine solche Verbesserung der Effizienz läuft seit 2011, wir rechnen im Schnitt mit einer jährlichen Steigerung von 8-14 Prozent. Die andauernde Effizienz-Steigerung macht uns für unsere Kunden noch attraktiver, beziehungsweise kann signifikant zur Standortsicherung beitragen.
Wird diese Effizienzsteigerung auch in konkreten Zahlen, etwa dem EBITDA sichtbar?
Wie ich bereits erwähnte: Wenn man keine Einnahmenmaximierung anstrebt, was Teil unserer Steuerungslogik ist, dann orientiert man sich vordergründig auch nicht an den daraus resultierenden finanziellen Geschäftsergebnissen. Wir funktionieren auf Basis der durch Kosten bestimmten Preisbildung. Wenn wir also effizienter werden, stellen wir unseren Kunden niedrigere Rechnungen aus. Dies alles natürlich sauber abgestimmt und auf Basis der internationalen Transferpricing-Regeln. Die sichtbaren Ergebnisse und positiven Wirkungen sind übrigens auch am Mitarbeiterwachstum von ITSH sichtbar: 2011 hatten wir 2.500 Mitarbeiter, 2012 wurden daraus 3.000 und Ende 2013 erreichten wir knapp den aktuellen Stand von 3.500. Wir sind aber durchaus noch am Wachsen, dies insbesondere vor dem Hintergrund eines weiterhin starken Kundeninteresses. Wir zahlen in Ungarn aber nicht nur immer mehr Lohnsteuern und Sozialabgaben für unsere Arbeitnehmer, ebenso führen wir auch ans Gemeinwesen immer Gelder in Form von Gewerbe- und Körperschaftssteuern ab.
Welche Zahlen prognostizieren Sie für 2014?
Es ist schwer, darauf eine genaue Antwort zu geben. Wir haben das erste Quartal hinter uns, unsere Zahlen liegen voll im Plan. Wir müssen nun konkret ermitteln, ob und wo es noch Möglichkeiten zu weiterem personellen Wachstum gibt. Der Kostendruck auf T-Systems International (incl. ITSH) ist sehr hoch. Wenn wir in Ungarn wachsen wollen, dann müssen nicht zuletzt woanders Einsparungen vorgenommen werden. Insgesamt rechne ich aktuell 2014 auf Basis des letzten Ausblicks mit einem Wachstum von bis zu zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was natürlich eine weitere Aufstockung der Zahl der Beschäftigten und eine Steigerung der Einnahmen bedeuten würde.
Das Gespräch führte András Áder, zu hören war es am 8. April in der Sendung „Monitor Délután“ des unabhängigen Privatsenders Gazdasági Rádió.
Aus dem Ungarischen von Daniel Hirsch
