Wie viel Aufmerksamkeit schenken wir den Häusern, die uns tagtäglich umgeben? Gerade die Pester Innenstadt wimmelt nur so von außergewöhnlichen Schönheiten. Budapest ist ein Kind des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts. Zwischen 1867 bis 1914 herrschte ein Bauboom, der das Gesicht der Stadt nachhaltig prägte. Viele dieser Gebäude sind fast schon hundert Jahre alt, einige unter ihnen feiern genau dieses Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum.
Schon zum vierten Mal in Folge stellt das soziale Gemeinschaftsprojekt Budapest100 heuer Gebäude vor, die die Hundertermarke erreicht haben. An diesem Wochenende sind 43 teilnehmende Wohnhäuser und 16 Gebäude öffentlicher Einrichtungen für Besucher geöffnet. Auch wenn viele dieser Gebäude nicht zu repräsentativen Zwecken erbaut wurden, so ist ihr Baustil, die Gestaltung der Fassaden und Innenhöfe, doch in vielen Fällen beeindruckend. Die Architekten der Zeit bedienten sich fleißig im Baukasten der Architektur: Gotik, Renaissance, Klassizismus und allen voran der Jugendstil.
Die Geschichte eines einzigartigen Projekts
Die Geschichte des einzigartigen Architektur- Events begann mit der Initiative des Open Society Archivs (OSA) und des ungarischen Zentrums für Zeitgenössische Architektur, KÉK. Im Jahr 2011 feierte OSA den hundertsten Geburtstag des Goldberg Hauses, in dem es seinen Hauptsitz hat. Daraus entstand die Idee einer zivilen, urbanen Bewegung, die Menschen aller Generationen und jedweden sozialen Hintergrundes zusammenbringt, um die Jubiläen der architektonischen Schätze der Stadt zu zelebrieren. Mit großem Erfolg stellt Budapest100 seitdem jedes Jahr eine neue Auswahl an hundertjährigen Gebäuden vor. Die Zahl der Besucher steigt von Jahr zu Jahr, und auch das begleitende Angebot wächst stetig. Das Projekt erhielt sehr viel Zuspruch, nicht nur von Seiten der Besucher, sondern auch in der ungarischen und internationalen Presse. Völlig zu Recht nahm der Guardian bereits 2013 Budapest100 in seinen Kalender der besten Kunstveranstaltungen Europas auf.
Perlen der Architektur
Das diesjährige Programm bietet einige Höhepunkte, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte: Da wären zum einen die Hotels Le Meridien am Erzsébet tér und das Danubius Hotel Astoria, aber auch das Gebäude der Central European University in der Nádor utca11, das russische Kulturinstitut auf der Andrássy út 120, das Zúglo Sportzentrum sowie der Justizpalast in der Markó utca 16. Aber die besonders feinen Häppchen
des diesjährigen Budapest100 sind jedoch das Szent László Gimnázium und die Dreher Bierbrauerei. Letztere bietet Samstag und Sonntag jeweils eine Führung durch die Produktionshallen, geleitet von Architekt Ernő Vincze.
Besondere Programme in der gesamten Innenstadt
In vielen Gebäuden erwarten den Besucher spezielle Programmpunkte. So wird in den Innenhöfen und Gärten vieler Häuser zum Picknick gebeten, ein Bastelprogramm für die Kleinen angeboten oder Vorträge zur Geschichte des Hauses gehalten. Eine geführte Tour gehört fast bei allen teilnehmenden Gebäuden zum Standard. Dabei bemühen sich viele Anwohner, sich je nach Talent und Begabung einzubringen. In der Buday László utca 5b im 2. Bezirk veranstaltet Operettensänger Péter Marik am Sonntagmorgen zwischen 11 und 12 Uhr für die Besucher einen Operettenmorgen. In der Ferenczy István utca 14 im V. Bezirk gibt es eine Foto-Ausstellung mit dem Titel: „What Did Ladies Fancy?“, außerdem wird zur Verkostung von Gebäck nach hundertjährigem Rezept geladen.
Viele der geführten Touren und Programmpunkte erfordern eine vorausgehende Registrierung. Interessenten sollten sich beeilen, da einige Führungen aufgrund der großen Nachfrage bereits überbucht sind. Eine Liste der teilnehmenden Gebäude und genauere Informationen können auf der Webseite www.budapest100.hu eingesehen werden.
Mit einer Abschlussparty im Hátsó Kapu, einer Kulturkneipe im Jüdischen Viertel der Stadt, endet am Sonntagabend die Veranstaltung. Wer sich dafür interessiert, mehr über die Arbeit, die hinter dem Großprojekt steht, zu erfahren oder selbst im nächsten Jahr aktiv teilnehmen möchte, kann hier die Veranstalter und freiwilligen Helfer bei einem Getränk und musikalischen Rahmenprogramm treffen.