Glaubt man den aktuellen Meinungsumfragen, wird Viktor Orbán am kommenden Sonntag
wohl seine dritte Legislaturperiode als Ministerpräsident feiern können. Zur Erinnerung:
Während sich Orbán im Zeitraum 1998 bis 2002 mit zwei Koalitionspartnern
(der Kleinlandwirtepartei [FKGP] und dem Ungarischen Demokratenforum [MDF]) hatte
herumschlagen müssen, konnte er sich in der noch laufenden Legislaturperiode auf
eine Zweidrittelmehrheit stützen und gleichsam unbehelligt und nach eigenem Gusto regieren.
Orbán ist schon jetzt der mit Abstand erfolgreichste und bedeutendste
Politiker der Nach-Wende-Zeit in Ungarn.
Doch wer ist eigentlich dieser Viktor Orbán? Werfen wir einen kurzen Blick zurück auf seinen bisherigen Werdegang. Bis zu seiner Studienzeit hatte der heute 50-jährige Orbán mit Politik eigentlich wenig am Hut. Er wuchs in einer mehr oder minder apolitischen kleinbürgerlichen Familie in den zentralungarischen Ortschaften Alcsútdoboz und Felcsút auf, unweit der Stadt Székesfehérvár. Von klein auf war Orbán harte körperliche Arbeit gewöhnt. Er musste nicht nur die Schweine auf dem elterlichen Hof regelmäßig füttern, sondern hatte auch immer wieder bei der Feldarbeit mitzuhelfen. Orbáns ausgeprägtes Pflichtbewusstsein,
sein Fleiß und seine Zähigkeit rühren vermutlich aus dieser Zeit.
Nach dem Abschluss des Gymnasiums ging Orbán nach Budapest, um Rechtswissenschaften zu studieren. Dort schloss er sich einer Studentenvereinigung (Bibó szakkollégium) an, die im Schatten der kommunistischen Obrigkeit die Luft der Demokratie schnupperte. Die Vereinigung lud regelmäßig Vertreter der damaligen demokratisch gesinnten Bürgerrechtsbewegung zu Vorträgen ein.
1989 erstmals im Rampenlicht
Orbán stieg rasch zum Lenker und Wortführer der studentischen Gemeinschaft auf. 1988, ein Jahr vor der Wende, ging aus der Studentenvereinigung schließlich eine politische Partei hervor: der Bund Junger Demokraten (Fidesz), damals noch eine sozialliberale Kraft.
Zum ersten Mal im politischen Rampenlicht stand Orbán 1989, als er während der Feierlichkeiten zur neuerlichen Beisetzung des legendären Ministerpräsidenten des Volksaufstandes von 1956, Imre Nagy, vor hunderttausenden Menschen auf dem Budapester Heldenplatz die sowjetischen Besatzungstruppen zum Abzug aufforderte. Orbán war damals 25 Jahre alt. In der Folge wurde die ungestüme Schar der Jungdemokraten zur festen Größe der postkommunistischen Politik des Landes.
Ideologische Neuausrichtung
Bereits Anfang der 1990er-Jahre begann Orbán damit, seine Position innerhalb des Fidesz zu festigen. Seine politische Linie wurde immer mehr zur Richtschnur für die gesamte Partei. So geschah es auch 1993/94, als die Jungdemokraten vor der Entscheidung standen, politisch nach rechts zu rücken oder weiterhin eine liberale Politik zu verfolgen. Orbán setzte sich durch: Der Fidesz wandelte sich zu einer bürgerlich-konservativen Partei.
Die ideologische Neuausrichtung erwies sich als kluger Schachzug. Nur wenige Jahre später, 1998, gelangte die Orbán-Partei zum ersten Mal ans Ruder. Mit 38 Jahren wurde er damals Premier einer rechtskonservativen Regierungskoalition.
Ein Kennzeichen der ersten Regierung Orbán war ihre offensive Vertretung nationaler Interessen in der Außenpolitik. Die Unterstützung der in den Nachbarländern lebenden ungarischen Minderheiten zählte dabei zu ihren wichtigsten Zielen. Dafür nahm die erste Regierung Orbán auch Spannungen mit den Nachbarländern in Kauf. Aber auch in der Wirtschaftspolitik wurde das nationale Element in den Vordergrund gestellt. „Wirtschaftspatriotismus“ wurde zum geflügelten Wort. Dieser zielte nicht zuletzt darauf ab, ungarische Unternehmen bei staatlichen Aufträgen zu bevorzugen.
Nach den ersten Regierungsjahren folgten acht lange Jahre in der Opposition (2002-2010). In diesem Zeitraum bewies Orbán Steherqualitäten. Wiewohl er als Spitzenkandidat des Fidesz zwei Parlamentswahlen hintereinander verloren hatte (2002 und 2006), konnte er sich im Sattel halten. Es gelang ihm sogar das Kunststück, seine Macht innerhalb der Partei auszubauen. Orbán erwies sich überdies als großes Organisationstalent. So gelang es ihm, aus dem Fidesz eine moderne und schlagkräftige Volkspartei zu formen, in der sämtliche Fäden in seiner Hand zusammenlaufen.
Alles auf den Kopf gestellt
Mit einer parlamentarischen Zweidrittelmehrheit ausgestattet, stellten Orbán und seine Regierung in den vergangenen vier Jahren die ungarische Politik buchstäblich auf den Kopf: Hatte noch vor Jahren der „Anschluss an den Westen” oberste Priorität, gilt unter Orbán nun die „Ostöffnung” als geflügeltes Wort.
Denken wir nur an den umstrittenen Moskau-Besuch Orbáns Anfang dieses Jahres, um dort den ebenso umstrittenen Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks in der südungarischen Stadt Paks mit russischem Geld und Know-how in die Wege zu leiten. Unter der Regierung Orbán öffnete sich Ungarn aber auch gegenüber China und Indien, dem gesamten asiatischen Raum, der arabischen Region und der Türkei. Der Fokus der ungarischen Handelspolitik ist heute also eindeutig gen Osten gerichtet, von wo zwar noch nicht Masse, immerhin aber Dynamik kommt.
Spätestens seit der Wirtschafts- und Finanzkrise und der darauffolgenden Misere der Euro-Zone traut Orbán dem Westen nicht mehr so recht. Oder anders: Er traut den Rezepten nicht, die von der EU angewandt werden, um der Krise beizukommen. Laut Orbán ist der Westen, und darin die EU, einer Politik verhaftet, die in seinen Augen untauglich und nicht mehr zeitgemäß ist.
Der ungarische Premier hat erkannt, dass die aufgeblähten Sozialsysteme in Europa nur um den Preis von immer neuen Krediten aufrechterhalten werden können. Außerdem ist er der Auffassung, dass Sparmaßnahmen zur Senkung der Haushaltsdefizite nicht nur den Steuerzahlern aufgebürdet werden sollten. „Politik der gleichmäßigen Lastenverteilung“ nennt er das daraus resultierende hiesige Vorgehen.
Unorthodoxe Wirtschaftspolitik
Im Gespann mit seinem früheren Wirtschaftsminister György Matolcsy (seit 2013 ungarischer Notenbankchef) heckte er deshalb eine „unorthodoxe” Wirtschaftspolitik aus. Diese zielt darauf ab, die Bürger zu schonen und stattdessen jene Multis zu schröpfen, die hohe Profite einstreichen. So erhob seine Regierung gleich mehrere Sondersteuern gegenüber Banken, Handelsketten, Energieversorgern und Telekom-Unternehmen. Dass dies den Betroffenen sauer aufstieß, war zu erwarten.
Die betroffenen Firmen gingen denn auch flugs daran, gegen die Regierung Orbán in Brüssel Stimmung zu machen. Hinzu kommt, dass auch die ungarische Linke ihre guten westlichen Kontakte dazu nutzte, um die Öffentlichkeit im Westen gegen den „autoritären”, ja „diktatorischen” Orbán aufzustacheln. Der ungarische Regierungschef wird in weiten Teilen des Westens seither nicht nur als „wirtschaftsfeindlicher”, sondern auch als „antidemokratischer” Politiker wahrgenommen.
Die unzähligen Konflikte Orbáns mit der EU sind also zum einen seiner negativen Wahrnehmung im Westen geschuldet. Zum anderen sind sie auf seine Politik zurückzuführen, die zum Ziel hat, die überkommenen westlichen Handlungsmuster, zumal in der Wirtschaftspolitik, über Bord zu werfen. Der ungarische Premier versteht es überdies bestens, seine konfrontative Politik gegenüber der EU im eigenen Land zu verkaufen. Ihm kommt hierbei zugute, dass die Magyaren seit jeher dazu neigen, äußeren Mächten, in diesem Fall der EU, mit Renitenz zu begegnen. Mithin ist ein Ministerpräsident, der gegen Brüssel wider den Stachel löckt, für viele Ungarn ein Held.
EU-Befürworter mit Vorbehalten
Trotz seiner bisweilen scharfen Töne gegen die EU ist Orbán gleichwohl ein Befürworter der Union. Einer Union allerdings, in der die Mitgliedsländer mehr Autonomie und Bewegungsspielraum genießen und wo ihnen
nicht kleinlich vorgeschrieben wird, wie sie etwa in der Wirtschaftspolitik zu handeln haben. Diese Sicht auf die EU dürfte wohl auch im anstehenden Wahlkampf zu den Europawahlen beim Fidesz deutlich zum Vorschein treten: eine Verpflichtung gegenüber Europa einerseits, aber auch Kritik an den Mechanismen und der Funktionsweise der EU andererseits.
Und dass Orbán kein Feind der freien Marktwirtschaft und der multinationalen Unternehmen ist, wie ihm häufig vorgeworfen wird, zeigen auch die unzähligen „strategischen Partnerschaften” seiner Regierung, die sie mit den wichtigsten Multis in Ungarn geschlossen hat, darunter so potente Unternehmen wie Audi, Daimler-Benz und Bosch.
In der laufenden Legislaturperiode eckte die Regierung Orbán diesseits und jenseits der ungarischen Grenzen aber auch damit an, dass sie ein neues Grundgesetz mit einer äußerst umstrittenen Präambel schuf, Mediengesetz und Wahlgesetz modifizierte – laut Kritikern zu ihren eigenen Gunsten –, das Justizwesen umkrempelte und die wichtigsten Staatsämter mit loyalen Personen besetzte. Angesichts der Tatsache, dass
Orbán an die Grundfesten des ungarischen Staatswesens rührte, ließen sich viele Kritiker der Regierung dazu hinreißen, den ungarischen Premier als Feind der Demokratie darzustellen.
Gewiefter Taktiker und Stratege
Seine politischen Weggefährten loben ihn als gewieften Taktiker und umsichtigen Strategen. Von Insidern werden ihm auch Willensstärke, zuweilen auch Halsstarrigkeit zugeschrieben. Seine politischen Gegner hingegen sehen in ihm einen Antidemokraten und hemmungslosen Populisten.
Für den Privatmenschen Orbán ist der Fußballsport das große Steckenpferd. Seine Begeisterung für Fußball ging sogar so weit, dass auf sein Betreiben hin in seiner Heimatgemeinde Felcsút eine Fußballakademie und ein modernes Stadion aus dem Boden gestampft wurden. Das Landhaus der Familie Orbán in Felcsút steht direkt neben der neuen Fußballarena.
Orbán ist seit 1986 mit Anikó Lévai verheiratet. Das Ehepaar hat fünf Kinder.
Peter Bognar
Ungarns Wirtschaftslage ist umstritten
Wenn sich in Ungarn an etwas die Geister besonders scheiden, dann ist das der heutige Zustand der Wirtschaft. Bei der Beurteilung der Situation im Land gibt es heute zwei diametral entgegengesetzte Lesarten, eine linke und eine rechte.
Während rechte Medien und Experten Oden an die „segensreiche Wirtschaftspolitik“ der Regierung Orbán
singen, übt die Linke scharfe Kritik am gegenwärtigen Wirtschaftskurs. Die Regierung und die ihr nahestehenden Medien führen nicht zuletzt die Fakten ins Treffen: Ungarn hat heute so viele Beschäftigte – vier
Millionen – wie zuletzt vor mehr als 20 Jahren; die Inflation ist so niedrig wie zu Beginn der 1970er-Jahre;
das Haushaltsdefizit des Landes lag im Vorjahr nach 2012 bereits zum zweiten Mal unter drei Prozent des
Bruttoinlandproduktes (BIP). Das Wirtschaftswachstum hat in den vergangenen Monaten kräftig angezogen,
ebenso die Binnennachfrage im Land. Alles in allem, tönt die Rechte, befinde sich die ungarische Wirtschaft
in einem dynamischen Aufwärtstrend, an dessen Ende Ungarn eines der wettbewerbsfähigsten Länder Europas
sein werde.
Die linke Opposition sieht alles anders
Das ist alles nur schöner Schein, meint die Linke. Die Wirtschaftspolitik der Regierung ließe Nachhaltigkeit
vermissen, sie sei von orientierungslosen Improvisationen geprägt. Die positiven Wirtschaftszahlen gäben
nach Meinung der meisten linken Wirtschaftsexperten ein falsches Bild von der Realität. Laut dem ehemaligen
Finanzminister des Landes, Lajos Bokros (1995–1996), steht das gesamte Wirtschaftsgefüge Ungarns
auf schwankendem Grund. Und als ob das nicht genug wäre, warnt Bokros auch vor einer Fortsetzung der
gegenwärtigen Wirtschaftspolitik der Regierung. Diese führe nämlich in den sicheren Abgrund, so Bokros.
Der wahre Zustand der ungarischen Wirtschaft dürfte irgendwo zwischen den zwei konkurrierenden Lesarten
liegen.
PB
An Ihrem Artikel können sich die Geister scheiden. Er ist neutral in vielen Punkten und auch nicht. Orban traut der EU Politik nicht. Ach nein, aber er nimmt die EU Hilfen liebend gerne.Dann hat er angeblich festgestellt das die Sozialsysteme der EU immer neue Kredite verlangen. Weit gefehlt. Deutschland macht es vor. Wir haben eins der besten Sozialsysteme der Welt und wir werden nächstes Jahr keine neue Schulden machen. Sämtliche Maßnahmen der EU gegen die Finanzkrise zeigen langsam Wirkung.Da bin ich mal gespannt ob Victors Osterweiterung mit Staaten wie Russland und China und Türkei, deren Rechtssyteme ja nicht gerade demokratisch sind des Pudels Kern sind. Außerdem sind deren Wirtschaftsprognosen ja nun auch nicht gerade das gelbe vom Ei.Desweiteren darf man nie vergessen, die ganze Krise in Europa wurde durch Amerikas Banken fast alleine verursacht. Sämtliche EU Politiker hatten Scherbenhaufen zu räumen.Victors Zeit
war da noch nicht. Reden kann man immer später.
Ja, sehr unorthodox diese Wirtschaftspolitik. Wie dumm soll das Volk denn sein, wenn es glauben soll, dass die inzwischen über 20 neuen Steuern nicht auf die Preise umgelegt werden? Selbst das Statistikamt zählt immer weniger Jobs in der freien Wirtschaft, worunter sehr viele der neu entstandenen Arbeitsplätze eben bei internationalen Unternehmen, die sonst als ausbeuterische Multis beschimpft werden. Offiziell 83% des BIP Staatsschulden (so viel wie nie zuvor), dazu die Vereinnahmung der privaten Renten (das sind etwa 10% BIP und werden irgendwann auch zur Zahlung fällig), von denen nichts mehr da ist. Dann meldete Moskau, dass der Vertrag über das neue AKW unterschrieben sei. Nochmals gut 10% des BIP. Wer bitte soll das bezahlen?
Sein Erfolg liegt in der Spaltung der Gesellschaft, Verarmung weiter(er) Schichten der Bevölkerung, Knebelung der Medien (was würde man in Westeuropa davon halten, wenn der Aufmacher einer der großen Tageszeitungen, wie heute gelesen, einer der Wahlwerbesprüche egal welcher Partei wäre?), massive Zunahme der Korruption und gleichzeitig Abbau der demokratischen Rechte. Wer hat das alles zu verantworten? Csak a FIDESZ!
Welches Spatzengehirn kann nicht begreifen das die Elite in Brüssel nicht das non plus ultra ist, sondern die zweite oder dritte Wahl aller Politiker in der EU. EU ja, aber jedes Land, jede Regierung muss das Recht haben nach dem Willen der Wähler zu verfahren. Jedes Volk muss für sich entscheiden was für sie gut ist und nicht diese fragliche EU Riege in Brüssel. Orban mag vielleicht nicht alles richtig machen in den Augen der Brüssler, aber er sorgt dafür das es den Ungarn langsam besser geht. Ich wohne als Deutscher seit Jahren in Ungarn und dieses freundliche Volk hat es verdient das sie sich auch etwas leisten können. Gemeinsame Gesetze die das zusammen Leben in der EU regeln, gemeinsames Geld, gemeinsame Verteidigung gegen Aggressoren ja, aber kein Land sollte sich vorschreiben lassen wie groß eine Gurke sein darf u.s.w. Auch wenn viele es nicht war haben wollen, Orban sorgt dafür das es in Ungarn wieder Bergauf geht, das wieder Ungarische Produkte hergestellt und konsumiert werden. Fragt denn keiner warum der Ungar sein Palinka nicht selbst brennen soll, nicht weil die paar Liter den Staat schädigen, sondern weil die Alkohol Lobby angst um ihren Profit haben. Da stellt sich die Frage, hält jemand in Brüssel die Hand auf?, werden da Leute geschmiert damit es gerecht zugeht in der EU. Da werden Gelder für Flächenstillegungen in wahnwitzigen Höhen bezahlt, während viele Menschen in der EU am Hungertuch nagen. Über Orban meckern ist leicht, aber vielleicht sollten einige Kritiker darüber nachdenke das nur ein Ungar den Ungran helfen kann und nicht zweitklassige Politiker in Brüssel. Warum soll er nicht das Recht haben mit Russland Geschäfte zu machen wie alle Politiker in der Eu.
Werner Drees, ich habe hier niemanden gefunden, der alles was die EU macht als einzige Wahrheit sieht. Abgesehen davon, dass die von uninformierten EU Hassern gerne ins Feld geführte Gurkenargument als Überregulierung schon längst erkannt und abgeschafft ist, verbreiten Sie hier die Ansicht „meines Feindes Feind ist mein Freund“. Das ist nicht nur zu kurz, sondern gar nicht gedacht.
Welchen Ungarn geht es denn besser? Dem oberen 1/3 der Gesellschaft, das von der irrwitzigen Steuerpolitik massiv profitiert. Die unteren 2/3 zahlen die Zeche und trotzdem sind die Staatsschulden unter Orbán extrem gestiegen. Ein Mindestlohnempfänger hat 2014 geschlagene 38% mehr brutto in der Lohntüte. Das sind netto nur noch 10%, den Rest darf der Arbeitgeber in die Staatskasse überweisen. Diese 10% netto sind inflationsbereinigt ein Minus. Wer über Mindestlohn verdiente und hierdurch nicht aufgefangen wurde, aber auch nicht zu den Großverdienern gehört, wurde hat netto oft sogar weniger als 2010. Dafür wurden kräftig die Verbrauchssteuern angehoben bzw. neu erfunden und mit dem weniger Netto wird im Geschäft nochmals kräftig Steuern bezahlt. In der freien Wirtschaft sind so wenige Arbeitnehmer beschäftigt wie noch nie, das Jobwunder Orbáns findet im Ausland statt, durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und die Umdeklarierung von Frührentnern zu Arbeitnehmern. Höhren Sie einmal nicht auf die staatlichen Medien, die Nachrichten einer Regierungsbehörde verbreiten, sondern sehen Sie sich einmal die Fakten an. Ungarn ist auf dem besten Wege das Schlussliche Europas zu werden. In Sachen Armut geht es kräftig bergauf, dass darf aber nicht das Ziel der Politik sein. Wenn in Ungarn unzählige Kinder hungern müssen liegt das weniger an Flächenstillegungen, als an der verfehlten Wirtschafts-, Sozial- und Steuerpolitik Orbáns. Wie bitte kann es sein, dass sich die gesamte Region wirtschaftlich erholt und es Ungarn in tatsächlichen Zahlen des KSH nicht besser geht als 2010, in wichtigen Feldern sogar schlechter? Das „Wachstum“ von 2013 wäre sofort ins Negative verkehrt, wenn es 2012 keine Missernte gegeben hätte, der 2013 eine gute Ernte entgegen stand. Wenn Sie jetzt noch hinzu nehmen, dass der Export um ca. 5% gestiegen ist, um wieviel ist denn dann die Binnenwirtschaft eingebrochen? Nur in der Regierungspropaganda leistet Ungarn sich mehr. Leider glauben viele Menschen den Unsinn, wie ein schuldenfreies Land, das Jobwunder und andere unhaltbare Geschichten, wissen aber nichts von der FIDESZ Korruption, die ungeahnte Größenordnungen erreicht hat. Aber Schuld haben nur die Vorgänger (obwohl sicher keine Engel ging es nicht so schlecht wie heute). Die Folgen: mehr Nichtwähler und ein Erstarken der Rechtsextremen.
Nicht Verträge mit Russland an sich sind schlecht, aber Umfang, Ziel und Konsequenzen. 10% des BIP für ein Kraftwerk, das muss man einmal in Relation setzen! Schauen Sie sich einmal ein gleiches Kraftwerk in Finnalnd an, es sollte 2008 fertig sein und 5 Mrd Euro kosten. 2014 ist es noch lange nicht fertig und wird (nach heutiger Schätzung) knapp 80% teurer – und Ungarn hat nicht einen, sondern zwei Blöcke geordert. Der staatliche Betreiber selbst rechntet mit einer Verteuerung der Herstellungskosten von 16 auf 33 Ft. Abgesehen davon weiß niemand, wohin mit dem Überangebot, das so entstehen wird. Der geniale Orbán’sche Plan nach Deutschland zu exportieren ist lächerlich, Deutschland exportiert selbst Unmengen Strom. In die gesamte Berechnung ist die Entsorgungsfrage noch gar nicht eingeschlossen.
Niemand fordert, dass Ungarn sich aus Brüssel fremdbestimmen lässt. Wohl aber die Verträge einhält, die wohlgemerkt Orbán mit seinem ersten Kabinett ausgehandelt hat. Und wenn dazu gehört Hochprozentiges zu versteuern, dann ist das halt so. Die übrigens in der Praxis maßlose Brennerei und der schwunghafte Handel damit schadet übrigens hauptsächlich den Herstellern oft hochwertiger Produkte in Ungarn selbst, die EU hat nichts von den entgangenen Steuereinnahmen des ungarischen Fiskus. Es stünde Ungarn ja frei die Regularien ändern zu wollen, Antrag und gute Argumente reichen aus, man schleudert aber lieber Gift gegen die Richter, die aufgrund des geltenden Rechts nicht einmal eine Alternative hatten. Vergessen Sie nicht, diese gemeinsame Regelung einer Mindestversteuerung dient auch dazu, dass Sie an der Grenze nicht mehr nachversteuern müssen und im privaten Rahmen mitnehmen können soviel Sie wollen. EU Regularien haben also durchaus auch positiven Einfluss auf Ihr Leben – nicht zuletzt auch Ihr Recht überhaupt in Ungarn leben zu dürfen beruht auf einer EU Richtlinie.