
MSZP-Bürgermeisterkandidat Csaba Horváth: „Wenn István Tarlós ein ehrenwerter Mann wäre, wäre er auch gekommen, um gegen das Denkmal zu demonstrieren.“ (Fotos: MTI)
Am Mittwochabend rief das linke Wahlbündnis „Regierungswechsel“ zum Protest gegen das geplante Besatzungsdenkmal auf dem Szabadság tér auf. Im Falle eines Wahlsieges, so versprach man, würden die Pläne zum Bau des Denkmals gekippt.
Mehrere hundert Menschen waren zu der Fackeldemonstration auf dem Platz erschienen, der laut Regierungsplänen noch in diesem Jahr dem umstrittenen Monument eine Heimat geben soll. Die Opposition nutze erwartungsgemäß die Veranstaltung am 70. Jahrestag des Einmarschs der Wehrmacht in Ungarn, um ein wenig Wahlkampf zu betreiben.
So sagte etwa Csaba Horváth, Vize-Vorsitzender der MSZP und auch deren Spitzenkandidat für die diesjährige Budapester Oberbürgermeisterwahl: „Unser Ziel ist es, dass der Szabadság tér nicht zum Schandfleck Ungarns wird, unser Protest zeigt gleichzeitig, dass wir Orbáns weiche oder halbharte Diktatur nicht wollen. Und auch nicht, dass die Taten der Pfeilkreuzler den Deutschen angehängt werden.“ Seiner Meinung nach käme dies einer Holocaust-Leugnung gleich. „Wenn István Tarlós ein ehrenwerter Mann wäre, wäre er auch gekommen, um gegen das Denkmal zu demonstrieren,“ schloss Horváth an, „auch deshalb ist ein Regierungswechsel nötig, damit hier keine Statue entsteht, die das Gedenken der Opfer und derer Angehöriger verumglimpft.“
Neben zahlreichen weiteren oppositionellen Politikern war auch Gábor Fodor, Vorsitzender der Ungarischen Liberalen Partei (MLP) vor Ort, in seiner Rede betonte er ebenfalls, dass es nicht die Deutschen waren, die ungarische Soldaten an den Don [zur Schlacht am Don-Fluss Dezember 1943; Anm.] und ungarische Juden in den Arbeitsdienst entsandten. „Der deutschen Besetzung vor 70 Jahren gingen bereits zahllose Entrechtungen und Tragödien voraus“, so Fodor. Er verurteilte den Fidesz, der rechtsextremen Wählern Gesten machen würde: „Die Regierung hat die Radikalen nicht im Griff, im Gegenteil: mit ihren Gesten stärkt sie Jobbik und kündigt den zwischen den Parteien bestehenden demokratischen Konsens auf.“

MLP-Vorsitzender Fodor erinnerte daran, dass nicht die deutschen Besatzer ungarische Soldaten und Juden in den Tod geschickt haben.
Gergely Karácsony von der Dialog für Ungarn-Partei sagte: „Jeder in Ungarn weiß, dass nicht die Deutschen Miklós Radnóti [ungarisch-jüdischer Dichter; Anm.] niederschossen, die Regierung kann nicht einfach das für hier geplante Denkmal als Paravan zum Verschleiern der Verbrechen des damaligen ungarischen Staates und seiner Politker benutzen.“ Für ihn sei es unverständlich, dass die Rechten statt Sándor Márai lieber József Nyírő [antisemitischer Autor] , statt Bischof Áron Márton [Siebenbürger Gegner der Judendeportationen] und den lebensrettenden Gábor Sztehlo [evangelischer Pfarrer] und Margit Schlachta [katholische Ordensgründerin und erste Frau im Ungarischen Parlament] lieber Ottokár Prohászka [katholischer Bischof und Nationalsozialist] verehren. „Der Regierungswechsel ist nötig“, schloss Karácsony, „damit die Teilung ein Ende hat und Linke sowie Rechte am Jahrestag der deutschen Besatzung gemeinsam gedenken können.“
Daniel Hirsch
Ein äußerst lesenswerter Beitrag zum Thema von György Dalos in der NZZ, der – wie ich meine – eine positive Ausnahme im aktuellen Wahlkampfgetöse darstellt.
http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/uebersicht/der-19-maerz-des-admirals-horthy-1.18265528
Im Gegensatz zu einigen ungarischen Autoren, die mit Vorliebe im deutschen Sprachraum zitiert werden, stellt György Dalos generell eine löbliche Ausnahme dar.