Unter dem Titel ‚Bound Together‘ reflektierte am 27. und 28. Februar im als ‚Wal‘ bekannten Budapester Bálna eine internationale Konferenz über Stand und Zukunft von Integrationsmaßnamen in Europa, mit besonderem Fokus auf der Roma-Politik. Es sprach unter anderem der ungarische Minister für Humanressourcen Zoltán Balog. Einigkeit herrschte über die dringende Notwendigkeit zur Besserung, zudem gab es Lob für ungarische Ansätze. Die Rhetorik klingt bekannt, die Realität stimmt indes weniger optimistisch.
„Die Entwicklung Ungarns ist unmöglich ohne die Beteiligung der Roma.“ Die Marginalisierung und Perspektivlosigkeit eines so großen Teils der Bevölkerung sei untragbar (etwa drei Prozent der Ungarn sind Roma) und im Namen ihrer sozialen und wirtschaftlichen Integration müssen Roma und Nicht-Roma zusammenarbeiten und gegenseitig Verantwortung
übernehmen. Diskriminierung und Rassismus dürfe kein Raum eingeräumt
werden, gleichzeitig dürfen sich Angehörige der Minderheit aber auch nicht nur auf ihrer Opferrolle ausruhen. So formulierte Minister Balog, seit 2012 zuständig auch für Minderheitenfragen in Ungarn, am zweiten Tag der Konferenz und erhielt viel Zustimmung.
Die Dringlichkeit der Lage ist unbestreitbar, angesichts fast 90 Prozent der
ungarischen Roma, die unter der Armutsgrenze (das heißt mit weniger als
umgerechnet 260 Euro im Monat) leben, einer Arbeitslosenrate von über 60 Prozent und nur einem Drittel von Romakindern mit weiterführendem Schulabschluss (im Anschluss an die Grundschule). Längst ist der Antiziganismus auch aller Ortens in der Mitte der Gesellschaft angelangt, wie der ebenfalls geladene Vorsitzende der Zentralrats deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, beklagte. Es gibt also viel zu tun.
(Eigen)Lob…
Derweil befand Minister Balog auch die aktuelle Regierung sei auf einem guten Weg und wichtige Schritte im Bereich Arbeit, Bildung und politischer Partizipation seien unternommen worden. Er hob die Schaffung von 50.000 Arbeitsplätzen im Rahmen des kommunalen Beschäftigungssystems „Közmunka“ hervor, welches 2012 implementiert wurde. Durch ein neues Gesetz würde es jetzt außerdem obligatorisch, in den Schulen „Romakultur“ zu behandeln. Des weiteren pries der Minister die neue Regelung für Minderheiten bei der anstehenden Parlamentswahl
als wichtigen Schritt für deren politische Einbindung. Nicht zuletzt würden außerdem den Opfern der Roma-Mordserie von 2008/09 ab kommender
Woche Entschädigungen ausgezahlt werden. Lob für Balog gab es nicht
zuletzt von der EU-Seite, der Präsident des europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses Henri Malosse. Dieser sprach sich positiv über die ungarische Initiative zum EU-Rahmenprogramm für Nationale Roma-Integrationsstrategien 2011 sowie den neuen Lehrplan aus.
Wohltuende Klänge also auf der Konferenz, die jedoch nicht über die gravierenden Kontroversen und die tiefgehenden gesellschaftlichen Spaltungen hinwegtäuschen können, die das Thema Integrationspolitik der Roma in Ungarn weiter dominieren. Intention, Rhetorik und Realität klaffen hier eben oft meilenweit auseinander.
…und Tadel
Unerwähnt bleibt die Kritik, welche die Integrationspolitik der vergangenen Jahre schließlich immer wieder auf sich zieht, von Roma wie Nicht-Roma gleichermaßen. Vorgeworfen wird den Zuständigen ein mangelnder Einsatz für die Armutseindämmung sowie für die Bekämpfung von Antiziganismus in der Gesellschaft. In Wahrheit, wird beklagt, würde das auf Stereotypen und Ignoranz basierende Bild der Roma in der breiten
Gesellschaft so gut wie immer noch nicht aufgearbeitet. Die aktuelle Herangehensweise würde stattdessen oft die undifferenzierte mentale und physische Segregation der ungarischen Bevölkerung in Roma und Nicht-Roma weiter zementieren. Die Regierung behandle die Romafrage als ethnische mehr denn als soziale Frage und sei an einer Wohlstandsumverteilung nicht interessiert.
In der Tat treffen die Kürzungen im Bildungs-, Sozial- und Kulturbudget der vergangenen Jahre die Ärmsten besonders hart, oft also Roma. Bezüglich der Start-Arbeitsprogramme für Langzeitarbeitslose „Közmunka“, die zum größten Teil Angehörige der Roma-Minderheiten
betrafen, kam es bereits 2012 zu schweren Vorwürfen etwa vom parlamentarischen Ombudsmann für Minderheiten Ernö Kallai. Sie wären teils in unmenschlichen und entwürdigenden Arbeitsbedingungen
umgesetzt und mit Löhnen weit unter dem Mindestlohn (entlohnt mit 47.000 Forint pro Monat) als Instrumente von Willkür und verschärfter Segregation eingesetzt worden. Angesichts eines potenziellen Roma-Minderheitenvertreters im Parlament kritisiert heute nicht nur die Romapartei, dies würde die Problematik weiter marginalisieren, obgleich
sie doch zweifellos die ganze Gesellschaft betrifft und sich die meisten Roma zuallererst als Ungarn betrachten. Die Roma-Landesselbstverwaltung, welche den Vertreter stellen würde, kann außerdem als unrepräsentativ und regierungsfreundlich betrachtet werden.
All dies unterstreicht weiter die Dringlichkeit einer Bewusstseinsveränderung unter der breiten Bevölkerung, die konstruierte
Trennlinien und falsche Vorurteile im Bezug auf die Roma aufheben muss. Solange jedoch die Einbeziehung der Roma selbst in den Integrationsprozess minimal bleibt, systematische Diskriminierung in so gut wie allen Lebensbereichen toleriert und rassistische Äußerungen gegen die Roma auch von regierungsnahen Vertretern geduldet werden, bleibt das Potenzial zu einer Veränderung limitiert. Wortreiche Vorsätze werden dadurch schnell zu Schall und Rauch.
Judith Huber
Meine Güte, was wird hier für ein Theater gemacht. Normal das die Roma sich aufregen und resignieren wenn sie unterbezahlt werden Normal wenn sie sich aufregen, wenn sie keine Arbeit kriegen und wie Abschaum und Menschen zweiter klasse behandelt werden. Normal wenn sich die „normalen Ungarn“ aufregen das die Roma sich nicht anpassen, nicht arbeiten wollen, ihre Kinder nicht zur Schule gehen und es drunter und drüber geht. Hallo Leute in Ungarn, geht es euch allen noch ganz gut.Kommt mal klar. Ihr sei alle Ungarn in einem Land und das seit hunderten Jahren. Lösungen müssen im Kleinem anfangen und dann im grossen gelöst werden. Wir in Deutschland haben 150 verschiedene Nationen leben auch mit unterschiedlichsten Wünschen und Charakteren. Hier geht es doch auch, also in diesem Sinne liebe Ungarn