Sir Roger Moore – 007 – saß im selben Stuhl in der Mitte des Restaurants. Brad Pitt und Angelina Jolie wählten die Privatsphäre des Weinkellers, abseits der unvermeidbaren Blicke. Queen Elisabeth II dinierte oben im Ballsaal des Gundel und war entzückt, als sie erfuhr, dass er nach ihr benannt ist; diplomatische Stille als Reaktion ließ sie glücklicherweise im Unwissen darüber, dass der Sall tatsächlich nach einer anderen Königin Elisabeth benannt ist: Sissi.
Nichts ist einfacher als Name-Dropping, wenn es um das Budapester Gundel Restaurant geht. Fotografien weiterer prominenter Gäste schmücken die Wand: Henry Kissinger, Papst Johannes Paul II., George Bush Senior und mehr (auch Pál Schmitt wurde nicht verbannt). Auch Madonna, Andrew Lloyd-Webber, Hillary Clinton und Sylvester Stallone besuchten das Restaurant. Und die Angestellten erinnern sich noch an das
Geburtstagsmenü des Königs von Tonga. Viktor Orbán sitzt wohl gern mitten unter den Menschen – einigen seiner knapp 10 Millionen Freiheitskämpfer. Einige „Elitäre” kommen ohne Vorankündigung, direkt von der Straße, und andere mit einer Phalanx von Bodyguards. Wer hier
herkommt, muss allerdings keine Krone tragen, Dronen auf Terroristen schicken oder in den Blockbustern Hollywoods mitspielen. Mit seiner alteuropäischen Atmosphäre ist das Gundel in fast jedem Reiseführer vertreten und befindet sich beinah ebenso auf dem Touristenpfad wie der
benachbarte Zoo oder das Széchenyi Bad. In dem Buch „1000 Places To See Before You Die” gibt es fünf ungarische Einträge, darunter… genau!
Preislich möchte das Gundel für jeden zugänglich sein, auch für Einheimische. Heute ist die Konkurrenz größer und die Zeiten schwerer für die Leute, doch Geschäftsführer Tádé Alföldy sagt, dass das Restaurant entschlossen ist, den Standard beizubehalten und keine Kompromisse angehen, was qualitative Zutaten oder Top-Sommeliers angeht: „Man kann die Kunden nicht durch dubiose Kostensenkungen betrügen. Gundel ist nicht Luxus, Gundel ist Qualität”, benennt Alföldy das jahrelange Motto. Ein weiterer zentraler Grundsatz des Gundels ist es, ein Heimathafen der ungarischen Küche zu sein und diese Tradition um jeden Preis zu bewahren, ohne dabei die internationalen, kulinarischen Interessen und neue Techniken und Zutaten außer Acht zu lassen.
Unten im Keller genossen Pitt und Jolie ohne Zweifel Fine Dining, verpassten dafür aber das wunderschöne Ambiente des renommierten Restaurants. Ein sechsköpfiges Orchester, angeführt von Gyula Horváth, spielt jeden Abend im Gundel, und Gemälde im Wert von 4 Millionen Euro dekorieren die Wände – große ungarische Meister des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wie Rippl-Rónai und Munkácsy werden hier präsentiert. Man speist auf Porzellan von Zsolnay oder Herend, isst mit Silberbesteck und trinkt aus Kristallgläsern. Der Raum und die Musik wirken entspannend, und so dauert ein Mahl hier gut und gern einige Stunden.
Was das Essen angeht, ist Chefkoch Gábor Merczi auf Gänseleber spezialisiert – auf 50 verschiedene Arten, um genau zu sein. Viele Gerichte im Gundel bestehen aus Gänseleber oder werden mit ihr serviert, erklärt Merczi. Darüber hinaus gibt es saisonale Menüs, beispielsweise zur Erdbeer- und Spargelzeit. Chef-Sommelier Mihály Fabók empfiehlt den richtigen Wein zum Gericht, aus einer Auswahl von 200 verschiedenen Weinen, die zu 75 Prozent ungarische sind. Besonderen Enthusiasmus bringt Fabók für seine Tokaj-Sorten auf, die mit der Gänseleber eine klassische, vorzügliche Kombination eingehen.
Zur Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts war das Restaurant-Gebäude an der Ecke des Stadtwäldchens das Zuhause von János Gundel, seiner Frau und deren 13 Kindern. Kein Wunder also bietet der Ort viel Platz, und oben, neben dem Königin Elisabeth Ballsaal, befinden sich sieben kleinere Räume, die jeweils nach unterschiedlichen Themen ausgestattet sind und sich für private Veranstaltungen eignen.
Zwischen dem Gundel und dem Zoo liegt der große Garten mit Terrasse, die ebenfalls zum Restaurant gehören und gern für Hochzeiten und geschäftliche Veranstaltungen gebucht werden. Momentan finden hier einige Renovierungsarbeiten statt, doch ab Mai wird der Bereich auch
für die wärmeren Monate wieder adrett aussehen.
König Juan Carlos I. (der „Elefantenjäger”), die ehemalige Königin der Niederlande Beatrix, Wladimir Putin, Placido Domingo und Michael Schumacher sind nur einige der prominenten Gäste des Gundel Restaurants. Doch vom vielen atmosphärischen Genießen, kulinarischen Feinschmecken und musikalischen Lauschen hätte ich vielleicht nicht einmal gemerkt, wenn die Königin von Saba neben mir gesessen hätte.
Christopher Maddock
Gundel Restaurant
Öffnungszeiten:
Restaurant Gundel: 12 Uhr bis Mitternacht
Latinovits Bar: 9 Uhr bis Mitternacht
Sonntags-Brunch: 11:30 bis 15 Uhr
Gundel Patisserie: 9 bis 19 Uhr
Reservierungen: +36 1 / 889-8100 / +36 / 30 603-2480
Budapest XIV. Gundel Károly út 4.
Webseite: www.gundel.hu
Email: info@gundel.hu
PREISE
Suppen:…………………………………3.600-4.800 Ft
Hauptspeisen:……………………….5.900-13.500 Ft
Dessert:…………………………………2.200-2.900 Ft
Mittagsmenü:…………………………3.900/6.500 Ft