Münchsteinach in Mittelfranken zählt etwas über eintausend Einwohner. Der Name leitet sich von dem die Ortschaft durchquerenden Fluss ab, der Steinach. Doch noch ein weiteres Gewässer durchfließt das beschauliche Dorf: Es ist apfelsaftfarben, sprudelt und hat den Charme von Kombucha. Nun hat die Donau das Lieblingsgetränk von Hackern, Hipstern und Hauptstädtern auch nach Ungarn befördert.
Oft bedarf es mehrerer Versuche, immer wieder vorsichtige Schlücke und den Mut, sich das Getränk im Mund zergehen zu lassen. Club-Mate ist nicht jedermanns Sache. Doch diejenigen, die „Mate“ lieben lernen, halten zum Getränk wie zu einem alten Freund. Zoltán Balla ist schon längst Fan von Club-Mate. Er trinkt es nicht nur täglich, sondern vertreibt es auch in ganz Ungarn. Nicht, weil er sich daran eine goldene Nase verdienen möchte, sondern einfach, weil er Club-Mate gut findet: „Club-Mate ist mehr als ein Produkt, es ist ein Kult-Getränk, das Getränk einer Subkultur, das Getränk der Hacker“, schwärmt Zoltán. „Ich mag sehr, wofür Club-Mate steht: diese urbane Idee, die Berliner Luft, das Lebensgefühl.“ Zoltán steht im Lager seines Lieblingsgetränks. Der einstige Kühlraum befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthauses auf dem Soroksári út mit dem Palast der Künste in Sichtweite. Den zahllosen gelben Plastikkästen mit dem blaugezeichneten Hutmann bietet er ein stets kühles Zuhause und ist gleichzeitig das Budapester Club-Mate-Zentrum.
Sekt Bronte made in Franken
Von großstädtischem Flair ist bei der Produktion der Brause nichts zu spüren. Club-Mate wird nach wie vor im dörflichen Münchsteinach produziert; statt Berliner landet hier höchstens mittelfränkische Luft in der verpackten Flasche. Wo sinnverwandte deutsche Getränke wie Bionade schon längst zu Großkonzernen gehören, befindet sich Club-Mate noch immer im Mutterschutz der Brauerei Loscher. Als Zoltán damals Kontakt zum Hersteller aufnahm, um in Bezug auf einen ungarischen Vertrieb anzufragen, hatte er keine Bedenken: „Ich fand die Mate-Sache insgesamt so gut, dass ich mir dachte, der Produzent kann auch nur ein guter Typ sein – und das ist er!“ Marcus Loscher, Geschäftsführer des Familienbetriebs in Münchsteinach, ist nur wenige Jahre älter als Zoltán. Sein Vater entdeckte Club-Mate 1994, als das Getränk noch von einem kleinen Abfüller in der Nähe von Ansbach hergestellt wurde. Die Original-Rezeptur stammt von 1924. Tatsächlich hieß Club-Mate bis in die fünfziger Jahre hinein noch Sekt Bronte – und wird in Ansbach bis heute so genannt. „Der Rohstoff wird aus dem in Südamerika heimischen Mate-Strauch beziehungsweise seinen Blättern, den Yerba, gewonnen“, erklärt Zoltán die Herkunft des belebenden Getränks. „In Süd- und Mittelamerika ist der Mate-Tee ein traditionelles und weit verbreitetes Getränk.“
In Budapest beliefert Zoltán mittlerweile knapp 120 Bars und kleine Geschäfte mit Club-Mate. Darüber hinaus gibt es unter anderen Abnehmer in Pécs, Szeged und Győr. Etwa vor vier Jahren zeigte ein Freund Zoltán das Getränk, mit dem er heute ganz Ungarn versorgt. Damals zählte noch das Kulturzentrum Tűzraktér zu Ballas Haupttätigkeiten; er fungierte als dessen Mitbegründer und Projektmanager. „Wir dachten, wie gut es wäre, wenn es hier in Budapest so ein Getränk gäbe“, erinnert sich Zoltán zurück. „Da es damals noch keinen Vertrieb für Club-Mate in Ungarn gab, suchten wir den Produzenten in Deutschland auf. Und dann ging’s los.“ Zunächst verbreiteten die Freunde das Getränk im Kleinen, sie begannen in den eigenen Kreisen: im Tűzraktér, in kleinen Bars, auf dem Bánkitó Fesztivál, per Fahrradrikscha. Nach der Schließung des Tűzraktér 2011 durch die Selbstverwaltung des VI. Bezirks betrieb man den Getränkevertrieb immer ernsthafter. „Es war gut, nach dem Tűzraktér etwas vollkommen anderes zu machen. Immerhin habe ich keine Ausbildung im Handel; es ist alles Learning by Doing. Andererseits verknüpfen wir mit Club-Mate die gleichen Werte wie damals mit dem Tűzraktér. Es ist kein Massengetränk.“
Aus der Werbung kennt man Club-Mate heute nicht. Nach anfänglichen Werbeversuchen hat man in der deutschen Heimat des Getränks mittlerweile erkannt, dass es nicht Plakate oder Werbekampagnen sind, die die Aufmerksamkeit auf Club-Mate lenken: Es ist Mundpropaganda, die beste aller Werbungen. Auch das sonst für Getränkehersteller so übliche Sponsoring betreibt Club-Mate nicht. Eher zufällig wurde das koffeinhaltige Getränk stattdessen von Hackern und Computer-Nerds entdeckt und auf LAN-Partys zum beliebten Wachmacher. So landete Club-Mate am Ende auch in Großstädten wie Berlin und Hamburg. Und so ist das Getränk auch nach Budapest gekommen: durch seine Fans. Zoltán bezeichnet dieses Phänomen gar als einen gesellschaftlichen Vorgang.
Auf Partnersuche
Für die Zukunft plant Zoltán mit den vier, fünf Freunden, die den Club-Mate-Vertrieb unterstützen, eine Annäherung an neue Örtlichkeiten: „Bisher haben wir Mate in Bars und Spätis gebracht. Jetzt wären größere Handelsketten und Supermärkte an der Reihe – gerade diejenigen, die es auch in Deutschland gibt und die das Produkt daher kennen wie beispielsweise Kaisers. Wir sind aber auch sonst interessiert an Partnerschaften – sei es für den Vertrieb oder den Verkauf von Club-Mate.“ Besonders träumt Zoltán von einem Elektroauto, das beim Verteilen der goldenen Brause hilft. „Das würde die Evolution vom Dreirad zum Lieferwagen mit Bravur abschließen und würde wunderbar zur Mate-Mentalität passen“, findet Zoltán.
Neben Ungarn verkauft die Brauerei Loscher das Getränk unter anderem auch in die USA, nach Spanien, Litauen und die Niederlande. Doch wie steht es um die Gegner des von einigen als Modegetränk verschrieenen Gebräus? Eine Gegenbewegung zu Club-Mate, wie es sie in Deutschland gibt, hat sich in Ungarn noch nicht etabliert. Für Zoltán wäre diese Erscheinung aber kein Grund zur Sorge: „Das hieße ja, dass es wirklich erfolgreich ist“, sagt er lachend. Eine Erfolgsgeschichte ist Club-Mate aber schon jetzt. So wird die Brause in den erfolgreichen ungarischen Startup-Firmen Prezi und Ustream getrunken, von Philosophieprofessoren an der Central European University, bei Ted, HVG oder IBM. Wohlsein.
Lisa Weil
Alle landesweit mit Club-Mate belieferten Geschäfte, Getränkebestellung und Lieferservice auf www.clubmate.hu. Ab Sommer erhältlich: Club-Mate Granatapfel.