Das Konfuzius-Institut in Budapest sieht sich als Bindeglied zwischen Ungarn und Chinesen. Seit 2006 operiert das Institut im Rahmen der Sinologie-Fakultät der Eötvös Loránd Universität (ELTE) und soll so das Land der Mitte am Donauufer repräsentieren – im Sinne der chinesischen Regierung. Während das Interesse an Sprachkursen ansteigt und Ungarn und China wirtschaftlich zusammenwachsen, bleibt die Integration der chinesischen Bevölkerung in Budapest jedoch begrenzt.
Sprache..
Die chinesischen Schriftzeichen und Tuschezeichnungen an den Wänden deuten darauf hin, hier, in den Räumlichkeiten der ELTE am Muzeum körút, ist das Konfuzius-Institut beherbergt. Seit 2006 bietet die Organisation hier Chinesisch-Sprachkurse für mittlerweile 2.000 Schüler. Interessierte Anfänger haben regelmäßig die Möglichkeit, in kostenlosen zweiwöchigen Schnupperkursen (auch auf englisch) erste Einblicke in die Sprache zu erhalten. Ja, die Nachfrage ist ziemlich groß, nickt der ungarische Leiter des Institutes, Imre Hamar. Anders als zu seinen Studienzeiten gelten Chinesisch-Kenntnisse heute schließlich als karrieretechnisch äußerst vielversprechend. Chinesische Firmen sind auch hierzulande stark vertreten, insbesondere die aktuelle Regierung pflegt intensive Geschäftsbeziehungen mit dem ostasiatischen Wirtschaftsgigant. Seitdem kauft die Volksrepublik ungarische Staatsanleihen in großem Stil, ist beteiligt an Infrastrukturprojekten, übernimmt Unternehmen wie den Pharmaproduzenten BorsodChem. Für Ungarn stellt China eine willkommene Alternative zur EU dar, für die chinesische Regierung steht der ungarische Markt für das ‚Tor zum Westen‘.
Kultur..
Ein positives Image in Ungarn ist für das Reich der Mitte also durchaus von Interesse und so hat das Konfuzius-Institut auch nicht zuletzt die Aufgabe, als kultureller Repräsentant für Land und Kultur zu werben. Ein umfangreiches Programm bietet regelmäßige Vorträge zum Thema Modernes China (teilweise auf englisch), Kalligrafie- und Kochkurse sowie Ausstellungen. Weltweit arbeiten seit 2004 so knapp 400 Konfuzius-Institute in über 100 Ländern im Auftrag der Regierung für ein positives China-Bild. Im Unterschied zum Goethe-Institut oder der Alliance Française operiert das asiatische Pendant häufig innerhalb von Universitätsstrukturen; 50 Prozent der Gelder stellt die Hanban, eine dem chinesischen Bildungsministerium nahestehende Organisation. Folge dieses Systems ist natürlich, dass dort für politische Bildung und akademische Arbeit eine gewisse Konformität mit dem regierungsnahen Geldgeber gefordert ist. Dafür gibt es viel Kritik. Den Instituten wurde unterstellt, als Propagandawerkzeuge zu fungieren. Nichtsdestotrotz sind sie auch in einigen deutschen Universitäten vertreten und auch in Ungarn ist das Interesse groß, erzählt Imre Hamar. Die finanziellen Zuschüsse locken auch solche Universitäten, die bis dato nicht über eine Sinologie-Fakultät verfügten. Ja, es gäbe schon Themen, über die man heutzutage nicht mehr so offen sprechen könne wie früher, gibt der Leiter, der gleichzeitig als Professor für China-Studien unterrichtet, zu. Man müsse eben etwas aufpassen, wie man gewisse sensible Themen behandelt. Gleichzeitig müsse man aber sowieso aufhören, alles aus unserer rein europäischen Perspektive zu betrachten, gewisse Einschränkungen (lies: bei der Meinungsfreiheit) seien eben nötig in einem Land wie China.
Integration?
Neben der Vermittlung chinesischer Kultur, sieht sich das Institut auch als
Plattform zwischen Ungarn und der chinesischen Bevölkerung hierzulande. Im
Rahmen eines EU-geförderten Projektes bot das Institut in der Vergangenheit
wiederholt kostenlose Ungarisch-Kurse für Chinesen an. Bereits 2004 war Imre
Hamar außerdem an der Gründung der bilingualen chinesisch-ungarischen
Grundschule in Budapest beteiligt. Ursprünglich auf Kinder asiatischer Expats
ausgerichtet, ist das Verhältnis ungarischer und chinesischer Kinder dort mittlerweile fast ausgeglichen. Allgemein sind chinesische Schüler im Vergleich zu anderen Immigranten im ungarischen Schulsystem auch verhältnismäßig erfolgreich. Seit Jahren bereichert die chinesische Community das Stadtbild Budapests mit unzähligen chinesischen Restaurants und Büfés. Andererseits kommen vielen Budapestern zum Stichwort chinesisches Leben hier sicherlich als erstes die Märkte im VIII. Bezirk in den Sinn, beliebt bei Ungarn und Asiaten für die billige Shoppingexperience. Fern von jedem Chinatown-Charm machen die Wellblechhütten des Four Tiger Markets aber auch immer mal wieder Schlagzeilen aufgrund von Gerüchten über illegale Tätigkeiten und undurchsichtige Strukturen und stehen vor allem für eine abgeschlossene Parallelgemeinschaft am Rande der Gesellschaft. Trotz ihrer Präsenz und diverser positiver Entwicklungen bleibt die mangelnde Integration der Chinesen in Ungarn deshalb ein häufig beklagtes Phänomen.
Die chinesische Minderheit ist verhältnismäßig klein, offizielle Zahlen nennen
11.000, inoffizielle Schätzungen gehen von 30.000 Mitgliedern aus, die meisten von ihnen in Budapest. Ihren Höhepunkt erlebte die Migration aus der Volksrepublik Anfang der 90er Jahre, als die Visafreiheit zahlreiche Kleinhändler in das mitteleuropäische Land zog, heute sorgen die intensivierten Wirtschaftsbeziehungen wieder für einen Anstieg. Für Imre Hamar liegt das Problem heute darin, dass Chinesen meist kein großes Interesse hätten sich zu integrieren. Sie blieben gerne unter sich, seien oft nicht wirklich interessiert an Ungarn, sondern suchten eben nur die finanziellen Möglichkeiten. Dies sind häufig zitierte Begründungen, dass die mangelnde Integration jedoch sicherlich keine so einseitige Sache ist, zeigen Studien laut denen die Skepsis der Ungarn gegenüber den chinesischen Mitbürgern hoch bleibt und Übergriffe keine Seltenheit sind. Auch in Ungarn fehlt es nun einmal an einer Willkommenskultur und einheitlicher Integrationspolitik. Bei der Entwicklung der chinesischen-ungarischen Beziehungen zeigt sich daher wie auch anderwo eine Diskrepanz zwischen politisch-wirtschaftlicher Integration und gleichzeitiger gesellschaftlicher Verständigung. Das Konfuzius-Institut liefert hier einen Beitrag zu erhöhter Präsenz und Akzeptanz chinesischer Kultur in gewissen Kreisen und bietet neue Möglichkeiten zur Kulturvermittlung. Diese bleibt allerdings einseitig, kritische
Themen wie Rechte von Dissidenten treten unweigerlich in den Hintergrund.
Gleichzeitig bewegt sich die chinesische Minderheit im Lande weiter eher am Rande der Gesellschaft und die gegenseitige Wahrnehmung von Ungarn und Chinesen bleibt bestimmt von Skepsis und Desinteresse. Die Aussichten für eine ernsthafte Integration in der Gesellschaft hier bleiben wohl auch begrenzt, solange die Beziehungen der zwei Länder ausschließlich zentral gesteuert und auf kurzfristigen wirtschaftlichen Profit ausgerichtet sind.
Judith Huber
www.konfuciuszintezet.hu
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