Endlich. Endlich hat ein zeitgenössisches ungarisches Restaurant im Herzen Budas eröffnet. Viele haben sehnlichst auf solch eine Entwicklung in Ungarns Hauptstadt gewartet: Touristen und Expats – und nicht zuletzt die Budapester selbst. Und auch wenn die Nachricht nicht mehr ganz neu ist, so lässt das Bruno & Bruno geschmacklich doch Überraschungen zu, die einen Besuch immer wieder lohnenswert machen.
Das Bruno & Bruno hat sich direkt unter das Hegyvidéki Einkaufszentrum am Ápor Vilmos tér geschmiegt. Durch riesige Glasfenster ist bereits von außen zu erkennen, dass es sich bei diesem ungarischen Lokal nicht um eine „kifőzde“ oder „étkezde“ handelt, einen der kleinen charmanten, aber von Fettspritzern tapezierten Imbisse. Stattdessen verraten hier modernes, geschmackvolles Interieur und aufmerksamer Service den Anspruch des Bruno & Bruno. Kein Wunder, zeichnet Restaurant-Besitzer Zoltán Herczeg doch bereits für das „67 étterem“ (67 Restaurants) in Székesfehérvár verantwortlich, dessen guter
Ruf sich längst auch in der Hauptstadt herumgesprochen hat.
Wen der Gedanke an ein Dinner auf der Buda-Seite ob der dort dominierenden Preise verlegen macht, der kann sogleich aufatmen: Auch wenn hier fein gespeist werden kann, ist das Bruno & Bruno weder atmosphärisch noch preislich fernab der Innenausstattung unserer Geldbörsen angesiedelt. Obendrein titelte das Online-Magazin We Love Budapest nach einem Abend im Restaurant: „Wir haben das beste Schnitzel der Stadt gefunden“. Gerade weil Schnitzel als kulinarischer Höhepunkt hochwertiger Küche sonst eher nicht die Schlagzeilen macht, waren mein Begleiter und ich in freudiger Erwartung auf unseren Restaurant-Besuch.
Jókais Leibspeise im Thermomixer
Die Budaer Seite ist in Sachen höherwertiger Gastronomie trotz ihres Rufes eher rar besät, wie auch Chefkoch Dávid Kugyela findet. Der Küchenmeister kochte bereits auf der französisch-englischen Insel Jersey; auf Zoltán Herczeg traf er nur zufällig. „Zoli ist anspruchsvoll, was die Lebensmittel im Restaurant angeht. Das Fleisch liefert uns ein Metzger, dem wir sehr vertrauen; die Zutaten sind frisch, und sowohl Gen- und Hormonmanipuliertes als auch mit Zusatzstoffen Versehenes ist bei uns tabu.“ Die Frische und Sorgfalt merkt man im Bruno & Bruno bereits dem hausgemachten, appetitanregenden Brot an, das mit etwas Olivenöl und Tropfen von Balsamicoessig daherkommt und den 2011-er Pinot Noir aus Pannonhalma zufriedenstellend unterstützt.
Die anschließende Vorspeise, eine Bohnencremesuppe mit Würfeln frittierten geräucherten Schweinekamms, war einstmals die Lieblingsspeise des berühmten ungarischen Schriftstellers Mór Jókai. Zu seinen Lebzeiten im 19. Jahrhundert hätte er jedoch sicher nicht geahnt, wie gekonnt das Bruno & Bruno diese einfache ungarische Hausmannskost zubereiten würde. Durch die fein ausgearbeitete Konsistenz zwischen Suppe und Schaum, erzeugt im Thermomixer, entpuppt sich die als schwer und füllend verurteilte Bohne zwar
als deftige, jedoch bekömmliche Basis und verbessert dabei den ihr zu Unrecht zuteilwerdenden Ruf. Die im Gittermuster auf die Oberfläche aufgetragene saure Sahne stellt dazu das neutrale Gleichgewicht – und ist auch so ein Muss der ungarischen Küche. Der Kellner versichert zudem, weder Mikrowelle noch Fritteuse kämen im Restaurant zum Einsatz – eine Nachricht, über deren Vorteil ich mir allerdings noch im Klaren werden muss.
Süße Aussichten
Die Hauptspeise, das stets am meisten erwartete Gericht eines Menüs, besteht aus Schweinslende von Ungarns Tier gewordenem Hungarikum, dem Wollschwein („Mangalica“), an Schwarzbohnen, Selleriepüree, Spinat und einem gebackenen Kartoffelturm, dessen Besonderheit seine hauchdünnen, aufeinandergestapelten Erdapfelscheiben ausmachen. So uneins und zersplittet das Gericht auch erscheinen mag, so gelingt hier doch eine versöhnende Homogenität in Geschmack und Konsistenz zu schaffen.
Die angenehmste Überraschung für Gout und Blick ist diesmal jedoch das Dessert: Der Quarkknödel „Mont Blanc“, der vom Schaum saurer Sahne umgeben ist, ist optisch ein ähnlich aufregender Anblick wie Europas höchster Berg selbst. Zwar liegt der himmlische, frisch zubereitete und dadurch noch leicht warme Quarkknödel unter einer exzessiv ausgeschütteten Puderzuckermenge begraben. Doch wer den süßen Schnee beiseite räumt und das Innere des Gipfels kostet, wird nicht enttäuscht.
Das Dessert fasst noch einmal die Qualitäten des Bruno & Bruno zusammen: Die Speisekarte des Restaurants befriedigt vorrangig Anhänger der Deftigkeit ungarischer Küche, wohingegen die Zubereitung und Präsentation der Speisen eher mit französischer Finesse vonstattengeht. Dabei heraus kommt ein rundes, zugängliches Konzept, das sogar Mór Jókai schmecken dürfte.
Lisa Weil
Bruno & Bruno
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 12 bis 23 Uhr, Sonntag 12 bis 17 Uhr
Tel.: + 36 20 / 243-1565
XII. Apor Vilmos tér 11-12
reservation@brunobruno.hu
Preise
Vorspeisen und Suppen:……………..980-2.580 Ft
Hauptgang:…………………………….1.780-6.480 Ft
Dessert:……………………………………980-1.180 Ft
3-Gänge-Menü:………………………………..4.980 Ft
4-Gänge-Menü:………………………………..5.980 Ft