
Pierre Bosznays Empfehlung: Keine Touristen, günstige Preise und ein Publikum
gemischt aus jungen Ungarn und alten Trinkern. (Photo by Dina Balogh)
Budapest ist immer ein Erlebnis – egal, ob man nur für ein Wochenende in der Stadt an der Donau weilt oder man hier seinen Sommerurlaub verbringt. Doch wie steht es um Ausländer, die hier leben? Wie erleben sie die Stadt, und was ist das, was Budapest so lebenswert macht? Lesen Sie in diesem Teil wie man sich die Nacht um die Ohren schlagen und vor dem Schlafengehen trotzdem noch einen Gute Nacht-Snack finden kann.
Pierre Bosznay, der als DJ unter dem Namen Lapidem auftritt, legt in Budapester Bars und Clubs Musik auf, die die Leute auf die Tanzfläche zieht. Vor allem im Mika Tivadar, Kuplung und Lokál Bár ist er oft allein oder als Teil des DJ-Duos Most Wanted anzutreffen. Der Name des jungen Mannes verrät schon seine Herkunft. Da trifft der französische Pierre auf den typischen ungarischen Familiennamen Bosznay. Geboren wurde Pierre in Alençon, in der Normandie als ältester Sohn einer Französin und eines ungarischen Geschäftsmannes. Als die Ehe zerbricht, nimmt der Vater seine beiden Söhne mit nach Budapest, wo Pierre eine französische Schule besucht. „So richtig angefangen Ungarisch zu lernen habe ich erst mit 18 Jahren“, erklärt Pierre, der sich weder so richtig als Ungar noch als Franzose fühlt. Seine Mutter lebt noch heute in der Nähe von Alençon und betreibt eine Ponyfarm. Mehrmals im Jahr verbringt Pierre daher Zeit in Frankreich mit seiner Mutter und seinen Großeltern. Doch seine Heimat, das stellt der Kosmopolit fest, ist für ihn Budapest. Eine Stadt, die er vor allem für ihr vielfältiges und stets aufregendes Nachtleben rühmt.
An den Decks geben Swing und Jazz den Takt an
Seine Liebe für die Turntables entdeckte der Halbungar in der Donaumetropole. Seine Anfänge lagen in der Psytrance-Szene. „Dies waren immer die verrücktesten Partys“, erinnert sich Pierre. „Du nimmst einen Bus und fährst ans Ende Welt, um dort Stunden lang mit vielen unbekannten Menschen bis zum Morgengrauen ekstatische Feten zu feiern – nur dann stehst du vor dem Problem, dass du nicht weißt, wie du wieder heimkommen sollst“, erzählt der Student schmunzelnd. Heute konzentriert er sich auf andere elektronische Musikstile. Darunter auch die allseits so populären Balkanbeats, aber auch Ska, Deep House und Downtempo. Der gefragte Discjockey liebt es, Musik verschiedener Genres mit heißen Electro-Beats zu mischen und sucht immer wieder nach neuen Einflüssen. Seit etwa einem Jahr hat der junge Halbfranzose Elektro-Swing für sich entdeckt. „Als ich anfing Swing aufzulegen waren die Leute noch so: ‚Häh, was ist das denn?‘ Doch heute gehört Elektro-Swing zu den wichtigsten Trends in der Stadt.“ Am liebsten, legt der mittlerweile schon in der Szene bekannte DJ in Lokál Bár auf. „Dort habe ich einfach mehr Freiheiten. Das Management und das Publikum kennt mich, da kann ich auch mal einfach etwas Neues ausprobieren.“
Lieber entspannte Atmosphäre als überfüllte Clubs
Erstaunlicherweise ist der Musikbegeisterte selbst nicht oftgesehener Gast in Clubs. Wenn er mit Freunden ausgeht, so berichtet er, sucht er sich eher kleine Kocsmas. „Keine Touristen, günstige Preise und ein Publikum gemischt aus jungen Ungarn und alten Trinkern“, so beschreibt Pierre die Atmosphäre seiner Lieblingskneipen. Ein Beispiel dafür sei Caesars auf der Király utca. Wenn es spät wird, dann schaut er auch schon mal im Instant vorbei. „Instant ist nach vier Uhr morgens klasse. Die meisten Leute haben schon den Heimweg angetreten und der DJ spielt nur noch was ihm gefällt. Das kann sehr interessant sein“, meint Pierre. Besorgt sieht er Entwicklungen in der Budapester Ausgehszene entgegen. „Immer mehr populäre Clubs bedienen ein eher reiches, exklusiveres Publikum. Außerdem, eröffnen überall neue Bars, bei denen es nur noch darum geht möglichst ohne viele Investitionen den Touristen das Geld aus den Taschen zu ziehen. Diese Plätze haben kein Konzept und keine Seele mehr.“ Auf die Frage ob er denn ab und zu die bei Ausländern so beliebte Ruinenkneipe Szimpla im jüdischen Viertel besuchen würde, antwortet Pierre: „Klar, wenn ich Lust habe Franzosen zu treffen.
Ich will mich nicht beschweren, dass mir Szimpla zu touristisch ist – das ist schließlich gut für die Stadt – aber, es ist nichts mehr für mich.“ Überfüllte Kneipen meidet der 23jährige. Auch die stets prall gefüllte Kneipenmeile im Gozsdu Udvar ist ihm irgendwie „too much“.

Burger rund um die Uhr: Pierre ist bekennender Fastfood-Fan und weiß, wo er um jede
Tages- oder Nachtzeit noch an eine Bulette im Brötchen kommt. (Photo by Dina Balogh)
Wovon Pierre jedoch nie zu viel haben kann sind Burger. Für die Lieferung frei Haus: Attaboy; für den etwas eleganteren Abend im amerikanischen Stil: Jack Burger neben der Bazilika; bei extremen Hungergelüsten nach durchzechter Nacht: W35 in der Wesselenyi utca – Pierre hat für alle Lebenslagen eine Empfehlung, wo man die besten Burger bekommt. Ihm läuft schon das Wasser im Munde zusammen, als ihm noch ein weiterer kulinarischer Tipp einfällt. „Den perfekten Gute Nacht-Snack findet man bei La Pizza Di Mamma Sofia.“, ein neu eröffnetes Lokal auf der Kiralyi utca. „Das ist anständige Pizza nach original italienischer Art. Sogar das Mehl und den Schinken importieren sie aus Italien“, schwärmt der bekennende Fastfood-Feinschmecker.
Von Budapest in den Rest der Welt
Ob ihn diese kulinarischen Wonnen jedoch auf Dauer in Budapest halten können, weiß Pierre noch nicht. „Ich denke, dass ich Ungarn eines Tages verlassen werde, um irgendwo anders zu leben“, erzählt er in Gedanken schon in Zukunftsträumen schwelgend. Vielleicht schafft es Pierre Bosznay seine DJ-Karriere innerhalb der europäischen Electro-Swinggemeinde auszubauen. Dann ist er nur noch einen Katzensprung entfernt, auch in Londoner, Pariser oder Berliner Clubs zu den Most Wanted zu gehören.
Katrin Holtz
Pierre Bosznay auf Facebook:
www.facebook.com/djlapidem